Nordische Ski-WM: Sjur Røthe holt sein erstes Einzel-Gold im Skiathlon

Sjur Roethe (NOR), Martin Johnsrud Sundby (NOR), Alexander Bolshunov (RUS), (l-r) © Modica/NordicFocus

Sjur Røthe heißt der jubelnde Sieger nach dem 30 Kilometer langen Skiathlon bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld. Er setzte sich im Zielsprint gegen Alexander Bolshunov und Martin Johnsrud Sundby durch.

Hohes Tempo durch Niskanen, Bolshunov und Norweger

Clement Parisse (FRA), Iivo Niskanen (FIN), (l-r) © Modica/NordicFocus

Im Rennen der Herren war das Tempo zu Beginn ebenso hoch wie bei den Damen – dank Iivo Niskanen. Der Olympiasieger im Klassik-Massenstart hatte sich offenbar viel vorgenommen und wollte noch früher als zuvor Johaug eine Lücke reißen. Nach weniger als fünf Metern Vorsprung war der Finne aber wieder gestellt von der Hauptgruppe unter Führung von Martin Johnsrud Sundby. Der Finne war weiter in Führungsarbeit zu finden, bis er nach der ersten Runde seine Verpflegung verpasste und dabei stürzte, so dass er der Gruppe unter viel Kraftaufwand hinterherlaufen musste. Vorn wurde in diesem Moment durch Sundby, Bolshunov und weitere Norweger aus dem Stadion heraus das Tempo verschärft und Niskanen brauchte bis in die dritte Runde, um wieder ganz vorn dabei zu sein. Nach einer Tempoverschärfung zu Beginn der letzten Klassikrunde von Bolshunov teilte sich die Spitzengruppe und es waren nur noch sieben Athleten (Bolshunov, Parisse, Røthe, Musgrave, Niskanen, Sundby und Poltoranin) vorn. Beim Skiwechsel betrug der Abstand der Gruppe 21 Sekunden auf die Verfolgergruppe und das Tempo war weiterhin hoch, so dass Klassikspezialist Alexey Poltoranin schnell zurückfiel.

Bolshunov arbeitet, Røthe triumphiert knapp

Sjur Roethe (NOR) © Modica/NordicFocus

Nach der Hälfte der Freistilrunden versuchte Alexander Bolshunov zum zweiten Mal innerhalb weniger Kilometer sich abzusetzen, was ihm diesmal auch kurzzeitig gelang – aber seine nun noch vier Weggefährten waren schnell wieder da. Der Russe war von der Führung nicht zu verdrängen, wirkte wie der klar Stärkste, obwohl zwischenzeitlich auch einmal das Tempo herausgenommen wurde. Im vorletzten Anstieg zeigte sich Martin Johnsrud Sundby neben Bolshunov und griff an, über die Kuppe hatte er eine kleine Lücke, die er in der Abfahrt noch vergrößerte. Bei der Fahrt durch das Stadion blickte der Norweger auf die Videowall und sah, wie sich Bolshunov und Røthe wieder an ihn heransaugten. Zu Beginn des letzten Anstiegs sprang Sjur Røthe bergauf und arbeitete sich von hinten auf die zweite Position hinter Sundby – Bolshunov ließ sich in der letzten Wende nach außen abdrängen und wirkte chancenlos. Aber der Russe gab nicht auf, stürmte mit Windschatten zunächst an dem enttäuschten Sundby vorbei und kam Røthe immer näher. Wenige Meter vor der Ziellinie blickte der Norweger nach links und jubelte über seinen ersten Einzel-Titel – nur 0,1 Sekunden vor Bolshunov. „Es war ein unglaubliches Gefühl, als Erster die Ziellinie zu überqueren“, meinte der Norweger. „Als wir die Ski wechselten, war es wichtig für mich, mich von den besten Skatern im Feld zu lösen. Ich hatte einige Probleme in den Beinen beim Skating, aber am Ende ging alles gut aus. Ich habe mich für die richtige taktik entschieden… und hoffe, dass ich mir damit einen Platz in der Staffel am Freitag gesichert habe.“ Bolshunov konnte sich zunächst nicht über Silber freuen: „Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht – so ein winziges Stückchen trennt mich von Gold. Ich denke, ich habe meinen Zielsprint zu spät angezogen.“ Martin Johnsrud Sundby verpasste als Dritter wieder seinen ersten Einzel-Titel in seiner langen Laufbahn, holte aber bereits elf internationale Medaillen zuvor. Iivo Niskanen und Clement Parisse konnten das Tempo in den letzten beiden Anstiegen nicht mehr mitgehen und belegten die Plätze vier und fünf. Alex Harvey freute sich bei seinen letzten Weltmeisterschaften über Platz sechs noch vor dem zurückgefallenen Andrew Musgrave. Adrien Backscheider wurde Achter vor Titelverteidiger Sergey Ustiugov, dem auch Wut im Bauch nach der Sprint-Disqualifikation nicht half, in der vierten Klassikrunde mit der Spitze mitzugehen. Er war einige Kilometer zusammen mit seinem Kontrahenten Johannes Høsflot Klæbo unterwegs, der beim Skiwechsel ziemlich verwirrt war, mit welchen Stöcken er nun weiterlaufen muss. Nach der ersten Freistilrunde gab er aber die Hoffnungen auf und ließ sich zusammen mit seinem Teamsprintpartner Emil Iversen zum Kräfte sparen zurückfallen. Beide kamen mit über viereinhalb Minuten Rückstand als 30. und 31. ins Ziel. Dario Cologna wurde mit fast zwei Minuten Rückstand 14. und hatte keine Chance, es mit den Besten aufzunehmen.

„Welche Runde bin ich denn??“

Florian Notz (GER) © Modica/NordicFocus

Aus deutscher Sicht war Andreas Katz zu Rennbeginn klar der Beste und mit einem Bombenski ganz vorne bei den Allerbesten dabei – bis zu Beginn der vierten Runde. Dann konnte der Schwarzwälder nach Tempoverschärfung vorn das hohe Tempo nicht mehr mitgehen und büßte für seine Anfangsoffensive. Grund dafür waren aber auch gesundheitliche Probleme: „Mir ging es im Skating richtig schlecht, ich habe mich ein paar mal übergeben müssen auf der Strecke zu Beginn des Skatings. Dementsprechend leer war ich dann natürlich und habe gar keine Energie mehr gehabt.“ Schon eine Runde vorher hatten sich Jonas Dobler und Lucas Bögl wie auch der Schweizer Jonas Baumann nach hinten verabschieden müssen und auch Florian Notz hatte Probleme, den Anschluss zu halten und fiel schließlich ebenfalls zurück. Beim Skiwechsel waren Notz und Katz mit 28 Sekunden Rückstand in illustrer Gesellschaft von Dario Cologna, Klæbo, Ustiugov und vielen anderen. Nach dem Skiwechsel lief es für Florian Notz wie erwartet deutlich besser, Andi Katz tat sich im Skaten sofort sichtlich schwer. „Einwandfrei, bleib locker, Flo!“, feuerte Peter Schlickenrieder ihn auf der ersten Skatingrunde an und Andreas Katz bekam die Anweisung „Häng di nei, weiter so und dann in der Abfahrt nochmal vorbeigehen“. Andreas Katz verlor Sekunde um Sekunden und wurde weiter durchgereicht. Mit Florian Notz war Schlickenrieder aber sehr zufrieden und zuversichtlich: „Flo ist für seine Verhältnisse sehr gut durch die klassische Technik gekommen. Nun wird das Tempo immer schärfer, aber Skating ist sein Ding und er wird seinen Weg machen.“ Aber auch für den im Allgäu lebenden Schwaben wurde das Rennen immer schwerer, er hatte Mühe, die Skienden von Dario Cologna zu halten. „Flo musste im langen Anstieg kämpfen, das werden noch harte letzte Runden. Lucas macht ein gutes Rennen, obwohl er viel Rückstand aus der Klassikrunde hat, geht er scharf an. Das ist ein guter Test für die Staffel, wir werden uns also auch die Einzelzeiten ansehen.“ Für Andreas Katz wurde es ein schwerer Kampf, es ging nun um „Rhythmus hochhalten“ und auch Florian Notz quälte sich am Berg der vorletzten Runde, nachdem er Dario Cologna aus den Augen verloren hatte. „Auf geht’s, dieser Anstieg noch und dann noch eine Runde!“ rief der Bundestrainer Notz zu auf die Frage, wie viele Runden es noch seien.

Notz bester Deutscher als 18, aber „nicht ganz zufrieden“

Florian Notz (GER) © Modica/NordicFocus

Trotz aller Probleme, bedingt durch zu schnelles Tempo im Klassikteil, zeigte Florian Notz ein engagiertes Rennen vor allem im Klassischen, was ja nicht seine Stärke ist. Er kämpfte sich als guter 18. ins Ziel, war damit aber nicht ganz glücklich. „Ganz zufrieden bin ich nicht. Ich habe mir ein bisschen mehr vorgenommen. In der letzten Klassikrunde musste ich mehr investieren, als am Ende gut war. Dadurch hatte ich dann im Skating ein bisschen Probleme“, meinte er nach dem Rennen, in dem er eine Trinkflasche verpasst hatte. „Es ist wichtig, dass man regelmäßig verpflegt. Dass ich die eine verpasst habe, war nicht schlimm, weil wir noch eine Ersatzverpflegung hatten. Bei diesen Bedingungen, es ist sehr warm, da verliert man viel Flüssigkeit und schwitzt viel, da ist es wichtig, dass man regelmäßig etwas trinkt.“ Auch Peter Schlickenrieder meinte: „Das war eine harte Nummer. Man sieht, wie sich das Feld auseinander zieht, es hat viele zerbröselt. Auch Florian Notz hat es in der letzten Runde erwischt, aber er hat wohl auch die eine oder andere Verpflegung ausgelassen. Das ist gefährlich in der hitze, aber keine Entschuldigung. Er ist jetzt knapp an den Top15 vorbei.“ Jonas Dobler kam als 25. ins Ziel vor Jonas Baumann, Andreas Katz beendete den Wettkampf als 28. und Lucas Bögl, zur Halbzeit schon fast zwei Minuten hinten, wurde 34. „Ich habe nur das Problem gehabt, dass ich klassisch super Stieg gehabt habe, aber in der Abfahrt war ich mit meinem Ski leider nicht so dabei“, meinte Bögl, der zu Beginn des Skatings auch noch Krämpfe hatte.  „Jonas Dobler hat sich noch wacker geschlagen, er hat ne richtige Krise gehabt. Andreas Katz ist forsch angegangen und hat richtig Lehrgeld bezahlt auf den letzten zwei Runden. Aber genau dieses Risiko wollen wir, summa summarum kann man damit schon leben“, so Schlickenrieder.

=> Ergebnis 15km + 15km Skiathlon Herren

 

 

 

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