Ein mögliches EU-Verbot für Blei in Munition, die außerhalb geschlossener Gebäude verwendet wird, bereitet derzeit der Biathlonszene Kopfzerbrechen. Kommt das Verbot 2022, so muss entweder eine Ausnahme erwirkt oder eine Alternative gefunden werden.
Verbot könnte 2022 kommen
Wenn im Biathlon das erlösende „Kling“ (Treffer) ertönt oder aber auch das bestrafende „Klong“ (Fehler), dann ist dafür ein kleines Bleigeschoss verantwortlich, das aus dem Kleinkalibergewehr des jeweiligen Athleten abgefeuert wird. Genau dieses Geschoss könnte, wenn es nach der ECHA (Europäische Chemikalienbehörde) geht, dem Biathlonsport zum Verhängnis werden. Diese plant derzeit einen Gesetzentwurf zum Verbot von Blei in Geschossen, Kugeln und Angelzubehör. Die Behörde schätzt, dass über diese Verwendung rund 21.000 bis 27.000 Tonnen Blei jährlich in der EU in die Umwelt gelangen. Aktuell wird dies untersucht und in weniger als einem Jahr soll es ein erstes Dossier zu einem möglichen Verbot geben. Im Sommer 2022 könnte der Gesetzentwurf dann zur Abstimmung im EU-Rat sowie EU-Parlament kommen und bereits Ende 2022 in Kraft treten.
Ende des Biathlonsports, wie wir ihn kennen?
Ein Biathlon ohne scharfen Schuss, das ist aktuell schwer vorstellbar. Seitens der IBU ist man bereits aktiv geworden, äußert sich aber noch zurückhaltend. „Die IBU kennt das Thema bereits seit einiger Zeit und befindet sich dazu im Austausch mit anderen potentiell Betroffenen. Im Moment läuft das Gesetzgebungsverfahren innerhalb der EU über die sogenannte European Chemicals Agency (ECHA) noch. Wir sind in diesem Rahmen aktiv und versuchen unserem Standpunkt zur Thematik Gehör zu verschaffen“, so IBU Kommunikationsdirektor Christian Winkler. „Was die Auswirkungen auf den Biathlonsport angeht, kann sich die IBU im Moment nicht äußern. Das wären alles Spekulationen, da die konkrete Ausgestaltung der Gesetzgebung noch nicht feststeht.“ Etwas deutlicher klingt da schon die Aussage von Endre Lunde, dem Kommunikationsdirektor von Nammo, einem skandinavischen Munitionshersteller zu dem auch die Marke Lapua gehört. Er erklärte gegenüber nrk.no zu einem möglichen Blei-Verbot: „Dann wäre es das Ende von Biathlon, wie wir es kennen. Es gibt sehr wenig, das aktuell benutzt werden könnte. Wir haben uns einige sehr exotische Mischungen von Plastik und anderen Metallen angeschaut, aber das ist momentan nicht realistisch und es würde sehr lange dauern, bis etwas bereit ist.“
Welche Alternativen gibt es?
Alternative Materialien wie sie Lunde anspricht, scheitern aktuell an zwei Faktoren. Zum einen ist der Lauf der Kleinkalibergewehre nicht auf härtere Metalle ausgelegt, müsste also ebenfalls ersetzt werden. Zum anderen ist der Kostenfaktor natürlich nicht zu unterschätzen. Die ECHA schlägt Stahlgeschosse als Alternative zu Blei vor, die laut eigenen Angaben preislich auf gleichem Niveau liegen. Wismut und Wolfram wären demnach weichere Varianten, aber vier bis fünf Mal so teuer wie Blei. Eine weitere Alternative wäre natürlich, komplett auf den scharfen Schuss zu verzichten und nur noch auf Laser zu setzen. Dieser hat allerdings den Nachteil, dass er bei Niederschlag (Regen und Schnee) nicht verwendet werden könnte, da der Laserstrahl von den Tropfen/Flocken abgelenkt würde. Zudem würde der Rückstoß als erschwerende Komponente fehlen, Schießen würde also „einfacher“ werden.
Quellen: echa.europa.eu, nrk.no