Die Sommermonate sind prädestiniert für Verletzungen durch Fahrrad- oder Skirollerstürze, die mal so gar nicht in die Wintervorbereitung passen. Erst letzte Woche hat es Ingvild Flugstad Oestberg getroffen. Wie xc-ski am 28. Juli 2020 berichtete, brach sich die Norwegerin erneut einen Knochen im Fuß, nachdem sie Anfang März schon mit einem Ermüdungsbruch zu kämpfen hatte. „Solche Verletzungen treten auf, wenn das Gleichgewicht zwischen der Rehabilitation und dem Training nicht optimal ist“, so der Teamarzt der norwegischen Skilangläufer, Oeystein Andersen. Auch DSV-Langläuferin Victoria Carl kann ein Lied davon singen, wie schwer es ist, sich nach Verletzungen zurück zu kämpfen. Wie es bei ihr funktioniert hat, lest ihr hier!
Kleine Schritte bis zum Comeback
In meinem allerersten Beitrag für xc-ski.de (Wer hat Angst vor der Sportpsychologie?) ging es um Zielsetzungen und das SMART-Prinzip, durch welches deine Ziele besonders effektiv und sinnvoll gesteckt werden sollen. In Verletzungsphasen ist das besonders wichtig, um nicht übermotiviert an die Sache heranzugehen und eventuell wieder zurück geworfen zu werden. Mit deinem Arzt abgesprochene, kleinschrittige Ziele können von Woche zu Woche gesteckt werden und dich motivieren. Handlungsstrategien sind mindestens genauso wichtig, wie die eigentlichen Ziele. Diese Strategien sind wie Hilfestellungen, um den Weg bis zum großen Endziel einfacher und effektiver zu gestalten. Ganz wichtig: Jeder kleine Reha-Erfolg kann gefeiert werden, das gibt Mut, Motivation und Selbstvertrauen und baut für den weiteren Weg auf.
Praxis: Du steckst gerade in einer Verletzungsphase fest und es fällt dir schwer, Fortschritte in der Reha zu machen? Auch wenn die Physiotherapie Schmerzen bereitet oder du es nicht mehr abwarten kannst wieder richtig zu trainieren: Mit einem kleinen Trick kannst du dich daran erinnern, konzentriert weiterzuarbeiten. Schreibe deine Reha-Ziele Woche für Woche auf und hänge sie zum Beispiel an den Kühlschrank um sie jeden Tag vor Augen zu haben. „Welche Hürden wirst du meistern?“ das ist eine sehr wichtige Frage. Denn wenn du dir am Anfang deiner Verletzungszeit schon Gedanken darüber machst, welche Herausforderungen auf dich zukommen könnten, kannst du besser darauf vorbereitet sein und schneller reagieren. Wenn es auf deinem Heilungsweg letztendlich keine Rückschläge gibt, umso besser!
Gelangweilt zu Hause sitzen ist nichts für dich?
Wir Wintersportler sind ja von Natur aus ein energiegeladenes Völkchen und können nicht lange stillsitzen. Warum also nicht die Zwangspause nutzen, um an anderen Dingen zu arbeiten, die in letzter Zeit zu kurz gekommen sind? Für einen früheren Blog (www.die-sportpsychologen.de) habe ich zu diesem Thema mit Vici Carl gesprochen und interessante Einblicke bekommen. Sie rät besonders jungen Sportlern, sich beispielsweise auf eine berufliche Weiterbildung oder ein Praktikum zu konzentrieren, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Aber auch für das mentale Training ist in dieser Zeit ein Plätzchen frei geworden. So kannst du beispielsweise an Dingen wie Visualisierung, Stressregulation oder Konzentration arbeiten. Kommentiere gerne unter den Beitrag, welche Themen dich interessieren und ich werde sie beim nächsten Mal gerne aufgreifen!
Du bist nicht allein!
Vici erzählte mir auch, wie stärkend es für sie war, die Unterstützung ihres Umfelds, wie Eltern und Trainer, zu spüren: „Ich konnte mit ihnen immer reden, Tag und Nacht, wenn es mir nicht so gut ging… das war sehr wichtig! Wenn man in so einem Loch steckt, kommt man ohne Hilfe nur schwer wieder heraus.“ Vielen Sportlern gibt es Kraft, wenn sie sich ihre Ressourcen vor Augen führen (im wahrsten Sinne des Wortes). Es tut vielen gut, einfach mal aufzuschreiben, wer tagtäglich an ihrer Seite steht. Dazu gehören nicht nur Eltern und Trainer, sondern eben auch die Ärzte, Physios, das gesamte Team, die Freunde, die Großeltern, und, und, und… das Unterstützersystem und Vorbilder können mehr zur schnellen Heilung beitragen, als man manchmal denkt.
Für Vici’s Top-3-Reha-Tips, lies dir den oben verlinkten Blog durch! Vielleicht bekommst du ja neue Ideen und es hilft dir, die Rehabilitation besser zu überstehen. Nicht jede Verletzung verläuft gleich und nicht jedem stehen dieselben Ressourcen zur Verfügung, um sich wieder zurück zu kämpfen. Dennoch kannst du die so gewonnene Zeit sinnvoll nutzen, Dinge erledigen, für die sonst kaum Zeit bleibt, Hobbies pflegen und konkrete Schritte zum eigenen Comeback verfolgen. Bei Fragen, melde dich gerne!
Lisa König ist Sportpsychologin. Sie war Skilangläuferin am Sportgymnasium Oberhof und der Unimannschaft der Michigan Tech University in den USA. Nach ihrem Bachelorabschluss in Psychologie absolvierte sie ein Masterstudium der angewandten Sportpsychologie und hilft Sportlern, Trainern und Mannschaften das beste aus ihrer sportlichen Leistung herauszuholen und ihr mentales Wohlbefinden zu verbessern. Sie bietet sportpsychologische Workshops, Coachings und Trainings an: www.die-sportpsychologen.de/lisa-koenig.