Jessie Diggins ist nach einem Tag Pause die alte und neue Führende der Tour de Ski. Im Massenstart im freien Stil ließ sie im Zielsprint Frida Karlsson und Tatiana Sorina hinter sich. Katharina Hennig wurde starke Sechste in ihrer schwächeren Technik.
Schwedinnen attackieren, aber Diggins gewinnt
Wie es sonst Therese Johaug macht, wurde nun das Tempo vom Start weg von Jessie Diggins hochgehalten. Nach den ersten Minuten zeigte sich dann Ebba Andersson für ein konstant hohes Tempo verantwortlich. Ende der ersten Runde war Frida Karlsson in einen Sturz im Stadion verwickelt, als Tatiana Sorina ihr innen in einer engen Kurve keinen Platz zum Überleben ließ. Während die Schwedin sich aufrappelte, musste die Russin immerhin kurz darauf einen zerbrochenen Stock ersetzen. „Ich will Tatiana nicht beschuldigen, Massensart ist ein Kontaktsport, in dem man sich behaupten muss. Diesmal bin ich gestüzt, aber es passiert in solchen Rennen immer so viel und ich möchte niemand anders dafür verantwortlich machen“, sagte die Schwedin später im russischen MatchTV. Zum Bonussprint nach vier Kilometern war die Schwedin aber bereits wieder vorne dabei und ließ sich auch von einem weiteren kleinen Strauchler im Anstieg nicht aufhalten. Im Letzten Anstieg zum Burgstall erhöhte die junge Schwedin das Tempo und hatte vor der Abfahrt ins Stadion eine kleine Lücke auf die anderen herausgelaufen. Dieser Abstand schmolz in der Abfahrt jedoch immer mehr zusammen, so dass auf der Zielgeraden vier Damen um den Sieg sprinteten. Dort setzte sich dann Jessie Diggins knapp vor Karlsson durch. Tatiana Sorina wurde Dritte vor Ebba Andersson. Heidi Weng wurde Fünfte vor Katharina Hennig und Teresa Stadlober. Natalia Nepryaeva, auf den ersten Kilometern immer ganz vorne dabei hinter der jeweils Führenden, hatte in der zweiten Rennhälfte in den Anstiegen immer wieder Probleme, mit den Besten mitzuhalten und belegte Platz acht vor Delphine Claudel, die bei den letzten Attacken ebenfalls nicht mehr mitgehen konnte. Anne Kjersti Kalvå führte mit ihrem zehnten Platz ein fünfköpfiges Norweger-Paket mit Helene Marie Fossesholm, Ragnhild Haga und den Weng-Zwillingen an.
Hennig wieder in Form
Obwohl es sich beim heutigen Rennen um ein Skatingrennen, also ihre schwächere Technik, handelt, beendete Katharina Hennig die zehn Kilometer als sehr gute Sechste. Als Ebba Andersson in der letzten Runde attackierte, war die Sächsin direkt hinter ihr, bei Karlssons späterer Attacke hatte die 25-Jährige dann etwas Probleme. Im ZDF sagte sie anschließend: „Ich habe die Rennen in Lenzerheide gebraucht, ich war vor Weihnachten erkältet und musste das Höhentrainingslager abbrechen. In der Lenzerheide war ich enttäuscht, da hat es sich noch nicht angefühlt wie ich selbst. Aber heute lief alles sehr gut. Im Freistil, wenn es ans Eingemachte geht, merke ich meine technischen Fehler und kann am Ende nicht ganz mithalten, aber ich bin jetzt froh über das heutige Rennen.“ In der Lenzerheide lief es für Hennig noch nicht nach Wunsch: „Manchmal kann man es sich selbst nicht so richtig erklären, man braucht manchmal einen Durchputzer. Ich habe dann gestern mit Physiotherapie versucht, meine Muskulatur wieder locker zu bekommen und das ist gelungen, deswegen bin ich sehr glücklich.“
Stadlober „total happy“, Kälin starke 19.
Teresa Stadlober bestätigte nach ihrem sechsten Platz beim letzten Rennen in der Schweiz auch heute ihre aufstrebende Form. Die Salzburgerin zeigte sich von Beginn an sehr aktiv und hielt sich im Laufe des Wettkampfes immer an der Spitze des Feldes, so dass sie auch als Vierte den Bonussprint passierte. Auch auf den letzten Kilometern des fordernden Rennens war die Österreicherin immer noch Teil der mehrköpfigen Führungsgruppe und Teresa Stadlober schaffte am Ende mit Platz sieben und nur 4,6 Sekunden Rückstand erneut den Sprung unter die besten Zehn und durfte sich damit zum Abschluss dieses Jahres über ein weiteres Spitzenergebnis freuen. „Das Rennen heute war wieder richtig cool. Es war ein wirklich schnelles, eisiges und auch hektisches Massenstart-Rennen, aber es hat viel Spaß gemacht. Die ersten beiden Runden habe ich mich richtig gut gefühlt und versucht, meine vordere Position zu halten. Am Ende war ich dann schon ein bisschen müde und konnte leider nicht mehr ganz vorne mitkämpfen“, sagte die Österreicherin. „Trotzdem bin ich heute total happy, denn Platz sieben mit weniger als fünf Sekunden Rückstand und jetzt in den Top-Ten in der Gesamtwertung zu sein, ist richtig cool. Vor allem freut es mich, dass mir endlich ein starkes Skating-Rennen gelungen ist und ich gezeigt habe, dass ich auch in dieser Technik ganz vorne mitlaufen kann.“ Beste Schweizerin wurde heute nicht Nadine Fähndrich, sondern zwei Teamkolleginnen landeten diesmal vor ihr. Nadja Kälin belegte einen tollen 19. Platz, nur 39 Sekunden hinter der Siegerin. Auch Lydia Hiernickel lief als 29. noch in die Punkte, was Nadine Fähndrich als 34. nicht mehr gelang. Laurien van der Graaff belegte Rang 43.
Fräbel beeindruckend, Carl riskiert und verliert
Antonia Fräbel konnte als 20. erneut beweisen, dass sie sich aktuell in Topform befindet – auch wenn das zweite Top15-Ergebnis noch auf sich warten lässt. Dazu ist aber auch im Val di Fiemme noch Zeit. Zwar konnte die Thüringerin wie auch Victoria Carl bei den schwedischen Attacken auf den letzten drei Kilometern nicht mehr mit der ersten Gruppe mithalten, kann aber dennoch mit ihrem Rennen sehr zufrieden sein. Vor allem, da sie mit der Nummer 52 auf der Brust startete und damit ein hartes Stück Arbeit vor sich hatte. „Mir ging es echt richtig gut. Ich habe schon beim Einlaufen gemerkt, dass meine Beine sich heute echt gut anfühlen. Aber bei meiner Startposition war mir klar, dass das verdammt hart wird, da vorne reinzulaufen. Aber ich habe versucht, von der ersten Sekunden alles zu geben, über jede Kuppe Vollgas und irgendwie Plätze gutzumachen. Und jetzt hat es hintenraus wieder ganz knapp nicht gereicht“, so Antonia Fräbel, die aber zuversichtlich bleibt: „Aber ich bin guter Dinge und hoffe, dass das Quäntchen Glück irgendwann auf meiner Seite ist.“ Victoria Carl war lange zweitbeste Deutsche nicht weit hinter Katharina Hennig, musste aber dem hohen Tempo Tribut zollen. Aber Teamchef Peter Schlickenrieder ist es immer lieber, wenn seine Sportler ein Risiko eingehen – auch wenn sie dafür manchmal bezahlen. Wenn Victoria Carl sind aber auch Magenprobleme der Grund dafür, dass sie auf den letzten drei Kilometern von 20 auf 46 zurückfiel. „Mir ging es nicht so gut. Ich habe schon gestern gemerkt, dass irgendwas im Magenbereich nicht stimmt und das habe ich heute auch wieder gemerkt. Ich habe aber auch gemerkt, dass mir die Nachmittagswettkämpfe nicht so liegen. Ich bin eher Frühaufsteher und ich hoffe, dass es dann morgen umso besser geht. Morgen ist um 09:30 Uhr Prolog, ich hoffe, dass sich bis dahin auch mein Magen beruhigt , aber ich bin hier bei unserem Doc in guten Händen und das wird schon alles“, sagte sie.
Krehl noch in den Punkten
Wie Antonia Fräbel musste sich auch Sofie Krehl erst von einer hinteren Startposition nach vorne arbeiten, so dass sie das Rennen als 27. beendete und noch ein paar Weltcuppunkte mitnahm. „Es war von Anfang an ziemlich viel los. Ich bin ja relativ weit hinten gestartet und habe in der erste Runde versucht, in eine vordere Gruppe zu kommen. Die Abfahrten waren eher spektakulär, aber dann hat sich noch alles gefunden“, so Sofie Krehl. „Die Abfahrten waren aber schon sehr gut machbar. Ich kenne sie ja sehr gut und ich denke, die Männer hatten deutlich schwerere Bedingungen.“ Weltcup-Neuling Katherine Sauerbrey wurde gute 41. und klagte wie zuvor Albert Kuchler über das ungewohnte Tempo: „Es war auf jeden Fall ein anderen Grundtempo als im COC. Es ging gut los und ich war auch ziemlich schnell sehr weit hinten“, lachte Sauerbrey, die mit Nummer 31 ins Rennen gegangen war. „Dann wurde es von Runde zu Runde besser und ich denke, am Ende hat es dann gepasst. Aber ich war am Anfang schon sehr überrascht. Ich denke, die Umstellung wegen der Bedingungen geht relativ schnell, aber die Bedingungen in Lenzerheide haben mich sehr gefordert und waren nicht die leichtesten. Da habe ich viele Körner gelassen, was ich heute zu spüren bekommen habe.“ Hinter Victoria Carl belegte Pia Fink Platz 47 und Laura Gimmler wurde 49. Lisa Lohmann beendete das Rennen als 55. und Lokalmatadorin Coletta Rydzek wurde angefeuert von ihrem Bruder Johannes Rydzek, der heute als Streckensprecher in Oberstdorf aktiv war, und wurde 60.
Das sagt der Teamchef
„Ich denke, es war ein versöhnliches Ende dieses Jahres. Wir haben heute ein tolles Rennen von der Katha Hennig gesehen, von den ganzen Mädels, wie auch Antonia Fräbel, die sich dort mit rein gelaufen hat, Sofie Krehl, die sehr gut attackiert hat, auch eine Victoria Carl, die am Ende Tribut zollen musste für ihr Vollgastempo die ersten Runden. Aber genau das wollen wir, einfach engagiert, motiviert, endlich die Dinge angehen und dann auch mal ein bisschen auf die Mütze bekommen, aber ohne Risiko kein Glück, also folglich irgendwann zahlt sich das dann auch aus“, so Peter Schlickenrieders Devise, auf die er immer wieder hinweist. „Und so denke ich, den Schwung müssen wir mitnehmen in die morgige Etappe, die Neujahrsetappe mit dem Sprint. Da freuen sich die Athleten und Athletinnen drauf, das ist ihr Zuhause, nochmal auf den WM-Strecken laufen im klassischen Stil.“
Corona-Angst: Schweden wechseln Hotel
Wegen des positiven Corona-Tests eines NRK-Mitarbeiters geht bei verschiedenen Nationen nun die Corona-Angst um. „Die betroffene Person hat milde Symptome, alle Kontaktpersonen sind isoliert und erneut getestet. Das wird unsere Berichterstattung bei der weiteren Tour de Ski beeinflussen“, so NRK. Der Grund für die Angst der Athleten ist der, dass die NRK-Mitarbeiter zusammen mit verschiedenen Langlauf-Teams im selben Hotel in Oberstdorf wohnen – betroffen sind die Teams aus Schweden, Finnland, USA, Russland und Frankreich. Außerdem leben auch einige Privatpersonen im Hotel, die nicht zur Tour-Bubble gehören. Das schwedische Team hat sich zum Umzug in ein anderes Hotel entschieden und hofft, Infektionen aus dem Weg zu gehen. Wie die Athleten im Expressen erklärten, seien die Sicherheitsvorkehrungen in Oberstdorf nicht so groß wie in der Lenzerheide. „Wir haben sofort beim Einchecken gemerkt, dass das Hotel nicht coronasicher ist – verglichen mit dem, was wir in der Schweiz erlebt haben“, sagte Teamarzt Jan Wall. „Das ist nicht gut organisiert in unserem Hotel und das werden wir auch der FIS mitteilen. Wir sind auf der Suche nach einer anderen Unterbringung.“ Bis dahin bleiben die schwedischen Sportler sicherheitshalber auf ihren Zimmer, um Ansteckungen zu vermeiden. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Ich könnte das Virus schon längst in mir haben“, sagte Calle Halfvarsson. „In unserem Job brauchen wir unseren Körper und darum vermeiden wir jede Ansteckung. Aber mit diesem offenen Buffet hier, das ist unprofessionell.“ FIS-Renndirektor Pierre Mignerey sagte: „Ich verstehe das Problem. Wir fühlen uns alle nicht wohl, wenn wir wissen, dass sich in unserer Nähe jemand infiziert hat – und das ist jetzt der Fall. Wir haben die lokalen Veranstalter kontaktiert und tun alles, um zu helfen.“ Laut Charlotte Kalla wurde offenbar inzwischen ein neues Hotel gefunden: „Heute Abend ziehen wir um. Es ist gut, dass wir die Information über die Infektion so früh bekommen haben, schon vor unserem Rennen. Aber zunächst haben wir uns darauf konzentriert.“ Auch Frida Karlsson ist froh über den geplanten Umzug: „Es gab dort keine Bubble. Das hätte dort besser laufen müssen.“ Das finnische Team kritisierte ebenfalls die Unterkunft, will aber in dem Hotel bleiben, um den Umzugsstress zu vermeiden.
=> Ergebnis 10 Kilometer FT Massenstart
=> Zwischenstand nach drei Etappen
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