Von Matthias Scherge
Die Fluorwachse scheinen uns offenbar doch noch eine Weile zu begleiten. Ich persönlich habe die Problematik in ihrer physikalisch-chemischen Komplexität unterschätzt. Als Reaktion darauf erfolgte bei Fraunhofer ein Forschungsprojekt, welches in einer Masterarbeit zusammengefasst wurde. Teile dieser ausgezeichneten Arbeit veröffentlichen wir in zwei GLIDING Artikeln.
Der Autor der Artikel ist Marcel Münch, ein aufstrebender Nachwuchswissenschaftler, der nach der Masterarbeit mit einem Doktorat am Karlsruher Institut für Technologie begann. Der erste Artikel des Zweiteilers widmet sich den grundlegenden Wirkmechanismen von fluorierten Wachsen. Dazu gehören der gezielte Abrieb, die Verringerung des Saugeffekts und die Absenkung der Viskosität des Wassers gefangen zwischen Ski und Schnee. Alle drei Mechanismen laufen auf molekularer Ebene ab, was die Auswahl der experimentellen Analysemethoden nicht gerade einfach machte. Beim Mechanismus eins kommt zum Tragen, dass die Fluorkomponente schlecht im Grundwachs mischbar ist und, wenn sie an die Wachsoberfläche kommt, leicht abzureiben ist. Das ist gut für die Reibung aber schlecht für die Haltbarkeit. Mechanismus zwei ist experimentell überhaupt nicht zu greifen. Hier hilft nur atomistische Simulation auf Großrechnern. Für den Nachweis von Mechanismus drei benötigt man ein sogenanntes Atomkraftmikroskop, da dieser Effekt, wie bereits erwähnt, auf molekularer Ebene abläuft.
Trotz der notwendigen wissenschaftlichen Tiefe gelingt es Marcel Münch, die Thematik allgemeinverständlich zu beschreiben. Im zweiten Artikel geht es um Fragen der Skipräparation und den Fehlern, die unterlaufen können. Spannend dabei ist immer der Punkt, wo die Fluorkomponente auf dem Ski ankommt und welche Konzentration sie hat.
Die Arbeit von Marcel Münch hat gezeigt, dass die Thematik der Fluorwachse weitaus komplexer ist, als man ursprünglich angenommen hat. Ob es nun um die Überlagerung mehrerer Reibungsmechanismen oder um besondere chemische Wechselwirkungen geht, Fluorwachse bieten auch weiterhin Stoff für Diskussionen und Forschung. Den Artikel gibt es wie immer auf der GLIDING Webseite: snowstorm-gliding.de
Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de