Biathlon Kurznews aus Frankreich: Trainerwechsel, Rückkehr und finanzieller Engpass

Simon Fourcade (FRA) © Manzoni/NordicFocus

Simon Fourcade ist neuer Cheftrainer der französischen Herren-Nationalmannschaft. Martin Fourcade spielt sich selbst in einem Theaterstück. Justine Braisaz-Bouchet plant nach Baby-Pause Rückkehr in den Weltcupzirkus und der französische Verband gewährt den Athleten eine längere Erholungszeit. Bekanntgabe der Zusammensetzung der Mannschaften aus finanziellen Gründen verschoben.   

Simon Fourcade übernimmt zusammen mit Jean-Pierre Amat

Simon Fourcade (FRA) © Manzoni/NordicFocus

Patrick Favre und Vincent Vittoz führten die französischen Herren seit 2018 und feierten große Erfolge mit ihrem Team. In ihre Zeit fielen die Erfolge des Weltklasse-Biathleten Martin Fourcade, der im März 2020 seine Leistungssportkarriere beendete. Favre und Vittoz formten mit Quentin Fillon Maillet einen neuen großartigen Biathleten. In der Saison 2021/22 gewann er neben dem Gesamtweltcup auch die kleine Kristallkugel im Sprint und in der Verfolgung. In der abgelaufenen Saison lief es aber bei den Franzosen nicht nach Plan. Fillon Maillet kam nicht in die Gänge und konnte die Erfolge der Vorsaison nicht wiederholen. Er fand sich am Ende als bester Franzose auf dem achten Rang der Gesamtweltcupwertung und erstmals seit 2007 gelang den Herren kein Einzelsieg. Nach dieser schwachen Saison war das Trainer-Duo Patrick Favre und Vincent Vittoz beim Weltcupfinale im März 2023 in Oslo überraschend zurückgetreten. Nach ihrer Einschätzung haben beide das Vertrauen der Athleten verloren. „Wir sind am Ende einer Geschichte. Es ist klar, dass wir mit unseren Athleten nicht mehr im Einklang sind. Wir haben Bilanz gezogen und analysiert, was schief gelaufen ist. Wir haben das Gefühl, dass sie unsere Rede nicht hören können. Wir waren bereit, weiterzumachen, aber es gibt einen Bruch in diesem Diskurs, und wir können nicht weitermachen,“ zitiert die Internationale Biathlon Union (IBU) unter Verweis auf RMC Sport. Auf der Suche nach neuen Trainern kam kurzzeitig auch der Norweger Ole Einar Björndalen ins Gespräch, der in den Medien auch Bereitschaft signalisierte, aber der französische Verband setzte auf eine nationale Lösung. Vergangene Woche wurde nun mit Simon Fourcade (39) der neue Cheftrainer der französischen Nationalmannschaft präsentiert. Simon Fourcade leitete nach seinem Rücktritt vier Jahre das französische Juniorenteam. Bei SkiChrono/Le Daphine sagte Simon Fourcade zu seiner Verpflichtung: „Ich wollte mich für meinen Sport revanchieren. Wenn ich Biathlon in meinem Leben nicht gehabt hätte, weiß ich nicht, welcher Mann ich geworden wäre. Ich war ein ziemlich wilder Junge. Es hätte schief gehen können, und Biathlon hat mir geholfen, mich aufzubauen.“ Stephane Bouthiaux, der zuständige Verbandschef bei den Franzosen sagte gegenüber der Zeitung L’Equipe über die Qualitäten Fourcades: „Wir kennen seine Vorliebe für Disziplin und sein ausgewiesenes Fachwissen. Er will sich ständig weiter verbessern.“ Bei seiner neuen Aufgabe steht Simon Fourcade Jean-Pierre Amat (60) als Schießtrainer zur Seite. Amat war zuletzt ebenfalls Nachwuchstrainer bei den Franzosen, nachdem seine vierjährige Trainertätigkeit im Hinblick auf die Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele in Peking bei den Chinesen endete. Simon Fourcade und Jean-Pierre Amat sollen nun für einen Neuanfang sorgen. Der Italiener Patrick Favre bleibt dem Verband erhalten und wird künftig als weiterer Schießtrainer zusammen mit Jean Paul Giachino das Frauenteam betreuen. Der ehemalige Langläufer Vincent Vittoz kehrt zurück zum Langlauf als Trainer der französischen B-Mannschaft. 

 

Längere Erholungszeit

Julia Simon (FRA) with French Team © Manzoni/NordicFocus

Die meisten Teams starten Anfang Mai in die Vorbereitung auf die nächste Saison. Anders die Franzosen. Sie gewähren ihren Biathletinnen und Biathleten eine längere Erholungszeit. Wie Sport.de berichtet habe der Frauentrainer Cyril Burdet am Tage der Übergabe der großen Kristallkugel mit Julia Simon über die anstehende Vorbereitung gesprochen. „Ziel ist es, die Erfahrungen anderer Athleten zu nutzen, die den gleichen Weg gegangen sind, wie Quentin (Fillon-Maillet), Alexis Pinturault im alpinen Skisport oder Richard Jouve im Skilanglauf. Die Idee ist, sich von ihnen inspirieren zu lassen und zu versuchen, die Fehler, die andere gemacht haben, nicht zu wiederholen“, sagte Burdet dem Nordic Magazine. Ab 29. Mai beginnen für die Franzosen in Vassieux (Stadion Raphael Poiree) für die Damen und in den Südalpen für die Herren die ersten Trainingslager.“ Ich glaube fest an das neue Team“, sagt Stéphane Bouthiaux der Tageszeitung Le Daphine. 

Kaderbekanntgabe aus finanziellen Gründen verschoben

Die angekündigte Bekanntgabe der Zusammensetzung der Mannschaften für die Saison 2023/24 wurde vom französischen Skiverband (FFS) kurzfristig mit dem Grund abgesagt, dass das Budget noch nicht in trockenen Tüchern sein, wie Nordic Magazine schreibt. Fabien Saguez, Präsident des FFS gibt dort zu, dass die aktuelle Situation für den Verband „wegen mehrerer Faktoren sehr kompliziert“ ist. Er nennt als mögliche Gründe die Inflation, leicht rückläufige Einnahmen sowie die Explosion der Anzahl der Rennen (außer im Biathlon) und der damit verbundenen Reisekosten. Bei einem Budget von 11 Millionen Euro fehlen offenbar noch zwischen 300 und 500.000 Euro. Saguez sagte gegenüber dem Magazin aber auch: „Kurzfristig werden wir alles tun, um das Jahr 2023 so gut wie möglich umzusetzen.“

Martin Fourcade als Theaterschauspieler

Martin Fourcade (FRA) © Tumashov/NordicFocus

Etwas mehr als drei Jahre sind seit dem Rücktritt von Martin Fourcade vergangen. Nun kehrt er zurück auf die Bühne. Nicht als aktiver Biathlet sondern als Darsteller in einem Theaterstück, dass die phänomenale Karriere des fünffachen Olympiasiegers sowie die damit verbundenen Herausforderungen zum Inhalt hat. Im Theatre du Rond-Point in Paris soll das Stück mit dem Titel  „Hors-piste“ (Deutsch: Abseits der Piste) aufgeführt werden, berichtet die französische Tageszeitung Dauphine Libere. Weitere Aufführungen sind in Grenoble vorgesehen. In der Beschreibung des Theaterstücks ist die Rede von intimen Geschichten und Geständnissen hinter den Kulissen der Wettkämpfe. Wie Eurosport berichtet, lagen der Zeitung Le Journal du Dimanche bereits vor der Uraufführung des Stückes erste Einblicke in die Inszenierung vor. Das Theaterstück beginnt demnach mit einem Monolog von Martin Fourcade, indem er die Faszination Biathlon aus seiner Perspektive erklärt.

Justine Braisaz-Bouchet zurück nach Babypause

Justine Braisaz-Bouchet (FRA) © Manzoni/NordicFocus

Im Januar 2022 feierte Justine Braisaz-Bouchet in Antholz beim Einzel der Damen ihren letzten Weltcupsieg, holte anschließend bei den Olympischen Winterspielen in Peking Gold im Massenstart und gewann auch die kleine Kristallkugel in der Massenstartgesamtwertung. Im Herbst teilte sie mit, dass sie die Saison 2022/23 verpassen wird. Der Grund war ein wunderbarer. Sie war schwanger und hat am 3.2.2023, während die letzten Vorbereitungen für die Biathlon-Weltmeisterschaften in Oberhof in vollem Gange waren, ihre Tochter Côme zur Welt. Nun will die 26jährige zurück auf die Weltcupbühne und gab im Gespräch mit dem Nordic Magazine an, dass sie keine einzige Sekunde daran zweifele, dass sie schon bald wieder in den Biathlon Weltcup zurückkehren werde. Auch die Olympischen Winterspiele 2026 hat sie fest im Blick, erklärte sie dort weiter. Wann sie wieder ins Training zurückkehrt ist derzeit noch offen. Im Juni, wenn die Mannschaft das Training aufnimmt, ist ihre Tochter erst vier Monate als. „Und dann will ich Zeit mit ihr verbringen“, deutete die Französin an, was bedeutet, dass ihr eigener Saisonstart womöglich erst später ansteht. Am Ende wolle sie sowohl bei der WM als auch bei Olympia um Medaillen kämpfen: „Das sind meine Ziele. Ob ich sie realisieren kann, hängt natürlich auch von meinen Gegnerinnen ab. Ich werde auf jeden Fall alles in eine gute Vorbereitung setzen und will dabei auch in meiner neuen Rolle als Mutter schlau sein.“