Seit 25 Jahren findet der Wahnsinnsritt zur Ostsee vom höchsten zum nördlichsten Punkt in Ostdeutschland statt, inzwischen also Tradition. Am längsten Tag des Jahres immer samstags starten 180 Radverrückte in vier Gruppen um 10 Uhr auf dem Fichtelberg (1214 m), um möglichst in 24 Stunden das Kap Arkona auf der Insel Rügen zu erreichen.
2006 und 2007 hatte ich bereits teilgenommen und das Flair gespürt. Irgendwie war es an der Zeit, diese Ausfahrt erneut zu genießen. Am Tag zuvor hatten wir uns im Fichtelberghaus direkt auf dem Gipfel eingebucht. Genau dort war dann am nächsten früh, pünktlich 10 Uhr Start für die Gruppe 1, im fünfminütigen Abstand dann bis zur 4. Jede Gruppe wurde vorn und hinten von einem Fahrzeug begleitet, ersteres zum Transport der Sachen, das zweite als fahrende Werkstatt. Wer eine Panne hat, wird eingeladen und die Reparatur findet während der Weiterfahrt statt. Bereits in den ersten Abfahrten setzte Regen ein, so dass wir im noch bergigen Gelände bis Chemnitz vorsichtig agieren mussten. Rennradreifen sind bekanntermaßen sehr schmal und profilarm. An der ersten Rast nach ca. 100 km waren die Sachen weitestgehend trocken. 70 km weiter fuhren wir in ein mächtiges Gewitter, wirklich alles am Körper war nass. Aber bei gut 20 °C und einem Sonne Wolken Mix erholt man sich auch davon recht schnell. Insgesamt war unsere Gruppe mit 21 Radlern stark und sehr homogen besetzt. Wir konnten im Kreisel durchwechseln, um so die Geschwindigkeit trotz Wind und Wetter hochzuhalten.
Leicht hügelig ging es vorbei an der Lutherstadt Wittenberg, ab dann eher flach bis Potsdam. Hier wartete sicher das Highlight der Tour auf uns: Alle Gruppen wurden von einer Motorradeskorte der Polizei durch die Stadt geleitet. Das hieß für uns in Gruppe 1 mit 40 Sachen nonstop durch die Stadt fahren – Sanssouci halt! Allmählich fuhren wir in die Nacht hinein. Der uns treu bis Potsdam begleitende Nordwestwind (also von vorn links) ließ nach. Flach, ruhig, trocken, fast gemütlich radelten wir der Ostsee entgegen. Ab 3.30 Uhr war Licht am Horizont, die optimistische Grundstimmung ging an der letzten Rast in Stralsund in eine gewisse Euphorie über: Wer bis hierher gekommen ist, wird es auch schaffen.
Auf der Insel Rügen, der größten Insel Deutschlands, ist immerhin noch ein Zehntel der Gesamtstrecke zu bewältigen. Erstaunlich hügelig ging es zur Wittower Fähre, um danach auf den letzten 20 km doch noch einen finalen Schauer zu kassieren. Nach 20 Stunden und 12 Minuten fuhren wir durchnässt aber glücklich und zufrieden durch den Zielbogen. In den 18 Stunden reiner Fahrzeit waren wir mit 34,5 km/h recht flott unterwegs, hatten weder eine Panne noch einen Unfall in der Gruppe und der Körper voll mit Adrenalin war warm trotz klitschnasser Klamotten. Im Laufe des Tages wurde es sonnig und Wasser ringsherum war dann Wunsch beim Schwimmen in der Ostsee. So endete ein erfüllender, sehr gut organisierte Radausflug, der mit einer gewissen Vorbereitung zum echten Fahrgenuss wird! Fichkona ist und bleibt eine echte Empfehlung für alle Langstreckenfans!
Michael Richter