Am vergangenen Sonntag und Montag fand in Trondheim (Norwegen) ein Trainerseminar statt, zu dem Vertreter aller Nationen des Skilanglauf-Weltcups eingeladen waren. Für den DSV war Andreas Schlütter vor Ort und hat uns von dieser Veranstaltung berichtet.
Keine Geheimniskrämerei
Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurde im Anschluss an die Toppidrettsveka in Trondheim wieder ein Trainerseminar durchgeführt, zu dem die Nationen eingeladen waren, welche im Skilanglauf-Weltcup vertreten sind. Guri Hetland (Anm. d. Red.: frühere Top-Langläuferin, Ehefrau von Tor Arne Hetland und Ex-Cheftrainerin von Dario Cologna in der Schweiz) war Organisatorin dieses Seminars. Die Stadt Trondheim lud gemeinsam mit dem Institut Olympiatoppen zu diesem internationalen Workshop. Der Einladung folgten Trainer und Vertreter aus Kanada, den USA, Russland, Polen, Slowenien, Italien, Schweden, Norwegen, der Schweiz und Deutschland. Das Seminar begann am Sonntagmorgen mit Vorträgen und endete mit einem Abendessen auf Einladung der Bürgermeisterin der Stadt Trondheim am Montagabend. Anstoß für das Seminar waren aktuelle Veränderungen im Bereich Skilanglauf bzgl. Technik und Trainingsmethodik. Das Portfolio umfasste unter anderem Themen zur Trainingssteuerung, Trainingsdiagnostik und den Trainingsphilosophien in den verschiedenen Ländern. Der Informationsaustausch war geprägt von Fachwissen, Kompetenz und Offenheit.
Hohe Intensitäten vs. hohe Umfänge
Einer der ersten Vorträge wurde vom langjährigen Damentrainer der Norweger, Egil Kristiansen, und seinem prominentesten Schützling, Marit Bjoergen, gehalten. Die derzeit schwangere Ausnahmeathletin plauderte sozusagen aus dem Nähkästchen, als sie von einer kompletten Umstellung des Trainingssystems in ihrer Karriere berichtete. Marit erzählte, dass sie 2005 mit insgesamt fünf Medaillen sehr erfolgreich war. Zu dieser Zeit beinhaltete dieses Training sowohl hohe Umfänge als auch einen hohen Anteil an Intensität. Björgen berichtete weiter, dass sie nach der medaillenlosen WM von Liberec 2009 ihr Training radikal umstellen musste, da sie nicht mehr an vorherige Erfolge anknüpfen konnte. Mit dieser Umstellung und einem Trainerwechsel zu Egil Kristiansen kehrte Marit in die absolute Weltspitze zurück. Dies wurde im Vortrag anhand von Zahlen und Daten sehr interessant und offen dargelegt.
Schlütter weckt Interesse an Nachwuchsserien
Auch Andreas Schlütter selbst war als Redner eingeladen und durfte über die deutsche Nachwuchsförderung und -sichtung referieren. Grund für die Themenwahl war das gute Abschneiden der deutschen Nachwuchssportler bei EYOF und Junioren-WM, trotz der Tatsache, dass man in Deutschland deutlich weniger Kinder für den Wintersport begeistern kann, als in Norwegen. „Besonders interessiert zeigten sich die Vertreter aus den verschiedenen Ländern an den Nachwuchsserien, wie zum Beispiel dem deutschen Schülercup und dem Projekt „Auf die Plätze … Fertig … Ski“. Die Einbindung der Vereine in die Organisation und die damit verbundene professionelle Herangehensweise der Vereine sei für andere Nationen beispielhaft, so die einhellige Meinung. Viele Nachfragen gab es auch zum Finale des Deutschen Schülercups mit mehreren Disziplinen an einem Ort. Das fanden insbesondere die Norweger eine super Idee“, so Schlütter.
Workshop zur klassischen Technik
Schwerpunkt am zweiten Tag des Seminars war die klassische Technik. Unter Federführung der FIS mit Renndirektor Pierre Mignerey und dem Komitee Vorsitzenden Vegard Ulvang wurde ein Workshop veranstaltet, bei dem in kleinen Gruppen Lösungsansätze erarbeitet wurden, wie man die klassische Technik erhalten kann. Dazu berichtete Andreas Schlütter: „Was ich jetzt schon sagen kann, es gibt ein ganz klares Ja für die klassische Technik. Es ist vor allem wichtig, die klassischen Wettkämpfe an die Orte zu bringen, die entsprechende Streckenprofile aufweisen. Dafür muss man eventuell in Kauf nehmen, dass man zeitweise ein Ungleichgewicht zwischen Skating und Klassik schafft, weil man eventuell zwei Wochenenden hintereinander Klassik-Rennen absolvieren muss.“
Leistungsdiagnostik bei Petter Northug
Neben Marit Bjoergen war auch der zweite Top-Star in Norwegen, Petter Northug, als prominenter Teilnehmer beim Seminar vor Ort. Anhand des Olympiasiegers und Weltmeisters wurde demonstriert, wie man den aktuellen Leistungstand monatlich mit einer entsprechenden Leistungsdiagnostik untersucht. Es ging darum, wie Northug die vielen Rennen im Rahmen der Toppidrettsveka verkraftet hat. Anhand der Laufbanduntersuchung konnte festgestellt werden, wie hoch der Grad seiner Ermüdung war. Hierbei wurde ermittelt, wie und in welchem Umfang die weiteren Trainingstage zu Hause gestaltet werden müssen, um dann für das nächste Höhentrainingslager gut vorbereitet zu sein.
Erkenntnisse aus deutscher Sicht
Auf die Frage, was Andreas Schlütter denn für den deutschen Skilanglauf aus dieser Veranstaltung an Erkenntnissen ziehen konnte, hatte er eine klare Antwort: „Torsteins (Anm. d. Red.: Torstein Drivenes, neuer deutscher Damentrainer) Philosophie basiert auf der norwegischen Trainingslehre, die allerdings in Zusammenarbeit mit den DSV-Verantwortlichen deutlich weiter entwickelt wurde. Diese Philosophie unserer Trainer-Teams lässt damit eine eigene Handschrift erkennen. Des Weiteren war interessant, wie man funktionelles Krafttraining auf die Bewegung transferiert. Hierzu gibt es sehr einfache Übungen, die man überall ausführen kann.“ Persönlich gefallen hat Schlütter unter anderem die Unterbrechung der Vorträge durch Aktivitäten wie zum Beispiel „Talk and Run“. Dabei zeigte Tor Arne Hetland den Seminarteilnehmern auf einer Joggingrunde mögliche zukünftige WM-Strecken, während man sich bei sportlicher Betätigung weiterhin austauschen konnte. „Es war eine sehr runde Veranstaltung, bei der man an zwei Tagen nur über die Entwicklung von Leistung und dem Leistungssport an sich gesprochen hat“, so das Fazit von Andreas Schlütter. Alle Teilnehmer sprachen sich für eine alljährliche Fortsetzung dieses erfolgreichen Seminars aus.