Name: Victoria Carl
Geburtsdatum: 31. Juli 1995
Geburtsort: Zella-Mehlis
Wohnort: Oberhof
Größe: 178 cm
Gewicht: 67 kg
Beruf: Sportsoldatin
Verein: SCM Zella-Mehlis
Ski: Atomic
Schuhe: Atomic
Stöcke: Leki
Spitzname: Vici
Sprachen: Deutsch, Englisch
Hobbys: Hund Joe, Freunde treffen
Instagram: Victoria Carl
Persönliches
Victoria Carl ist das jüngste von drei Geschwistern und die einzige Leistungssportlerin in ihrer Familie. Sie wuchs im Thüringer Wald auf, wo sie im Kindergarten das erste Mal auf Langlaufski stand. In der ersten Klasse trat sie dem örtlichen Langlaufverein SC Motor Zella-Mehlis bei und bestritt erste Rennen. Einige Jahre später gewann sie bereits die Gesamtwertung des DSV-Schülercups. Um Sport und Schule besser verbinden zu können, wechselte sie in der siebten Klasse in die Realschule Oberhof. Nach ihrem Abschluss 2012 ging sie zur Bundeswehr, wo sie sich als Sportsoldatin ausbilden ließ und im Langlauf gefördert wurde. Heute gibt sie vor allem ihren Partner als wichtige mentale Stütze an, der ihr eine andere Sichtweise verschafft. Dadurch sei sie mental sehr gereift, sagt sie selbst. Dreimal wurde sie in ihrer Karriere von Verletzungen zurückgeworfen: Als Juniorin musste sie sich 2013 den Blinddarm entfernen lassen, ein Jahr später luxierte sie sich die Kniescheibe, was zu einem Bänderriss führte. 2019 ließ sie sich am linken Knie an einem Ossikel operieren, einem Knochenstück, das frei im Knie umherwanderte und Schmerzen verursachte.
Erfolgreiche Nachwuchssportlerin
Noch während ihres letzten Schuljahrs an der Realschule wurde sie 2012 erstmals zur Junioren-WM mitgenommen, nachdem sie zuvor schon bei den Europäischen Jugendspielen Gold geholt hatte. Bei der JWM in Erzurum blieb sie als Staffel-Vierte knapp ohne Edelmetall sowie holte Rang 13 im Sprint. Ein Jahr später in Liberec war sie schon deutlich erfolgreicher und kehrte mit einem kompletten Medaillensatz von der Junioren-WM heim, die sie 2015 in Almaty noch durch zwei weitere Goldene sowie Silber und Bronze ergänzte. 2016 nahm sie an ihrer einzigen U23-WM in Rasnov teil, wo sie Gold und Silber in den Distanzrennen gewann und Sprint-Siebte wurde.
Zu früh in den Weltcup
Nach ihren ersten internationalen Start als Juniorin wurde Victoria Monate später schon als 17-Jährige erstmals für den Weltcup nominiert. Viel zu früh, wie sie rückblickend sagt. Der Grund war jedoch, dass die Tour die Ski in ihrer Heimat Oberhof startete, so dass sie die Chance nutzte, die sich ihr bot. Wie sie im Januar 2024 im Ski Happens Podcast sagte, würde sie einen solch frühen Weltcupstart keiner jungen Sportlerin empfehlen: „Mit 16, 17 bin ich das erste Mal zur Tour gestartet. Das war viel viel viel zu früh. Ich würde es keiner Athletin empfehlen, so früh in den Weltcup zu gehen. Sammle deine Erfahrungen im COC, es ist egal, was die Trainer sagen“, empfiehlt sie. „Dadurch bin ich sehr viel zwischen den Teams hin- und hergesprungen und darum hat mir die Selbstsicherheit gefehlt.“ Als Wandlerin zwischen den Welten fehlten bei ihren wenigen Starts im Weltcup die Bindung zum Team und auch größtenteils die Top-Ergebnisse mit Ausnahme ihres tollen siebten Platzes 2015 in Lahti. Eineinhalb Jahre später wurde sie erneut Siebte in Finnland, diesmal aber in Ruka. Ab 2016/17 bekam die Thüringerin regelmäßige Einsätze im Weltcup und auf dem Weg nach Seefeld 2019 lief sie in Sprints mehrfach ins Halbfinale und verbesserte unmittelbar vor der WM ihre persönliche Bestleistung auf Platz sechs. Die Titelkämpfe in Tirol waren dann das erste Großereignis, bei denen sie bei allen Rennen unter den besten zehn landete mit Platz vier mit der Staffel und Platz fünf im Sprint als besten Ergebnissen. Mit 23 Jahren hatte sich Victoria Carl also zur wichtigen Stütze des jungen deutschen Teams gemausert mit Kolleginnen, mit denen sie schon damals im Continentalcup zusammengewachsen war.
Trainingsumstellung bringt Leistungssteigerung
Eine wahre Sensation und ein Meilenstein in ihrer Karriere war neben Staffel-Silber der Olympiasieg im Teamsprint zusammen mit Katharina Hennig, nachdem Victoria noch auf der Zielgeraden im Doppelstockschub an Russland und Schweden vorbeigestürmt war. Damit trug sie maßgeblich zu den ersten deutschen Langlauf-Medaillen seit Sochi 2014 bei und Teamchef Peter Schlickenrieder konnte genau 20 Jahre nach seiner eigenen olympischen Silber-Medaille mit seinen Mädels über Gold jubeln. Nach Katharina Hennigs erstem Weltcupsieg arbeitete auch Victoria Carl immer mehr auf das erste Einzel-Podium hin, aber zunächst klappte es bei der WM in Planica wieder mit dem Team mit einer Silbermedaille. Die Thüringerin arbeitete verstärkt daran, ihre bestehenden Schwächen auszumerzen wie den Start und die Technik im klassischen Stil. „Meine Startschwäche im Sprint, wo ich immer schon einige Meter zurück hing, habe ich durch viele Motorikeinheiten mit den anderen Mädels verbessert. Auch meinen Diagonalschritt habe ich seit letztem Jahr super verbessert, da konnte ich mir von der Katha was abschauen, die da technisch super läuft, und ihren Schritt aufnehmen“, sagte sie. Aber auch im Kraftraum absolviert sie ein spezielles Training, das sich nun auszahlt. Im Podcast erzählte sie dazu: „Ich habe beim Training im Kraftraum was verändert und kann dadurch meine schnell zuckenden Muskelfasern besser behalten. Ich habe mein grundlegendes Krafttraining in einer sehr guten Physiotherapie, wo ich individuell auf mich und meine Schwächen abgestimmte Pläne kriege und wo ich in einem strominduzierten Krafttraining noch einmal mehr Muskelmasse anspreche bei den Übungen. Das greift dann so die muskulären Strukturen an, dass es für ordentlich Muskelkater sorgt. Einmal die Woche dieses strominduzierte Training, das ist mehr als genug.“ Damit ist nun auch ein Problem der Vergangenheit gelöst: „Weil ich eine sehr große Athletin bin, habe ich immer mit meinem Oberkörper viel rumgewackelt und mich verdreht und habe Energie verschwendet, die ich brauche und durch dieses Training, was auf meine Schwächen abzielt, kann ich auch viel stabiler im Oberkörper und in den ganzen Kniewinkeln meine Technik laufen.“
Überraschender erster Triumph auf den WM-Strecken
Zu Beginn der Saison 2023/24 zeigte sich die inzwischen 28-Jährige weiter formverbessert und lief stabil in die absolute Weltspitze. Das erste Einzel-Podium war nur noch eine Frage der Zeit, das in Östersund beim dritten Weltcup endlich wahr wurde. Nun ging es weiter zur WM-Generalprobe in Trondheim, wo die Thüringerin eine Klasse für sich war und ihren souveränen Erfolg selbst nicht glauben konnte, wie auf ihrem Gesicht deutlich wurde. „Ich selber hätte den Sieg auch nie erwartet. Ich saß da und dachte: ‚Nee, die haben einen Fehler gemacht, das kann nicht sein! Da muss irgendwas in der Zeitmessung fehlgeschlagen sein!“ Inzwischen kann sie reflektierter auf die Zeit zurückblicken: „Ich glaube, da hat in Östersund bei mir ein Aha-Effekt eingesetzt, da ist ein Knoten geplatzt, denn manchmal braucht man auch seine Zeit. Daran werde ich mich immer erinnern. Ich habe mich schon immer als Allrounderin gesehen, ich hatte mich aber tatsächlich bis letztes Jahr eher als Skaterin im Weltcup gesehen und wo jetzt auf einmal mein klassischer Schritt herkommt, weiß ich nicht. Da bin ich selber ein bisschen sprachlos.“ Der Schlüssel zum Erfolg von Victoria Carl ist neben dem veränderten Training auch die Taktik und der Kopf: „Es ist die Renneinteilung. Ich war immer eine Athletin, die sehr schnell gestartet ist, die sehr hektisch war, die zu viel auf einmal wollte. Und dann merkt man schließlich, dass das nicht funktioniert. Du kannst nicht die Welt einreißen, wenn du wie im Sprint aus dem Start rausgehst, wenn du noch 9,9 Kilometer zu laufen hast. Das gibt auch die Selbstsicherheit, dass es so wie ich mein Rennen jetzt angehe, dass das auch funktioniert. Ich lege mir meinen Wettkampfplan zurecht, wo möchte ich die schnellste Zeit haben auf der Strecke. Diese Selbstsicherheit ist der Schlüssel für die weiteren Erfolge.“ Erfolge, die bei der bevorstehenden Tour de Ski folgen sollten, auch wenn der Final Climb einer Athletin mit ihrer Statur nie liegen wird und sie die Tour bis dahin noch nie beendet hatte, weil sie über den Sprint in den Weltcup gekommen war und sie 2022/23 nicht die Form zum Durchlaufen hatte. 2023 hatte sie sich nicht auf die Höhe vorbereitet und hatte deswegen in Davos ohnehin Probleme, es folgte auch noch der Sturz und die Aufholjagd wurde durch die tiefen Neuschnee-Bedingungen zunichte gemacht. Mit Platz 14 an der Alpe Cermis und Geamtrang neun war sie am Ende doch noch ganz zufrieden. „Die Tour muss ich als großgewachsene Athletin von Rennen zu Rennen nehmen. Ich werde nie in der Lage sein, den Final Climb zu gewinnen oder mitzubestimmen und in der Gesamtwertung ganz vorne reinzulaufen.“ Viele weitere Top-Leistungen und Podestplätze sorgten aber dafür, dass sie die Saison als erstklassige Zweite im Distanzweltcup und Vierte im Gesamtweltcup beenden konnte.