
Dieses Staffelrennen der Damen bei der Nordischen Ski WM in Trondheim war ein wahrer Langlauf Krimi – sowohl um Gold als auch um Bronze. Schweden schnappte Norwegen noch die Goldmedaille weg und Victoria Carl sicherte dem deutschen Team die Bronzemedaille.
Weng und Slind setzen sich ab
Die letzte Teamentscheidung im Langlauf mit der 4 x 7,5 Kilometer Staffel der Damen fand bei sehr sehr tiefen Bedingungen statt und der Veranstalter hat vor dem Rennen nicht mehr gesalzen, so dass es für die Damen ein harter Kampf wurde. Das Tempo wurde von Emma Ribom und später von Heidi Weng bestimmt, die auf der zweiten Runde für das Auseinanderfallen der Spitzengruppe sorgte. Dahinter bildete sich eine Dreiergruppe mit Pia Fink, Katerina Janatova und Emma Ribom, wobei die Schwedin das Tempo auch nicht halten konnte und zurückfiel. „Die Pia macht das richtig gut, jetzt kommt eine entscheidende Rennphase, weil Norwegen versucht, einen Vorsprung rauszulaufen. Da muss man entscheiden, was man macht, damit die Lücke nicht zu groß wird. Aber man darf sich auch nicht übernehmen“, meinte Peter Schlickenrieder. Nachdem die Lücke zu Weng bis zu elf Sekunden angewachsen war, lief die Schwäbin bis zum Wechsel wieder an Norwegen heran. Emma Ribom hatte auf ihrer zweiten Runde 35 Sekunden eingebüßt und wechselte an vierter Stelle wenige Sekunden vor der Schweiz, den USA und Finnland. Mit wenigen Metern Abstand folgte Katharina Hennig Astrid Øyre Slind auf die Strecke, aber der Abstand vergrößerte sich bergauf schnell, während Frida Karlsson dahinter zwar die Tschechin einholte, aber den Abstand auf Norwegen nicht verkürzen konnte. Stattdessen holte sie im Anstieg der zweiten Runde aber Hennig ein, ließ sie stehen und die Schwedin wechselte mit 30 Sekunden Rückstand auf Norwegen. Nun war es an Therese Johaug und Ebba Andersson, eine Vorentscheidung über Gold und Silber herbeizuführen.
Deutsch-finnisches Duo auf der dritten Strecke
Hennigs Rückstand auf Karlsson betrug nur elf Sekunden, aber auf die Finninnen an vierter Stelle war der Vorsprung mit 29 Sekunden beruhigend groß, als Helen Hoffmann ins Rennen geschickt wurde. „Kribbeln ist angesagt, es ist ein knappes Ding“, meinte Teamchef Schlickenrieder im ARD-Interview. „Helen hat 28 Sekunden vor Finnland, vorne geht die Post ab. Helen muss jetzt ruhig bleiben und ihr eigenes Ding machen und nicht an Andersson heranlaufen, das ist eine andere Liga. Sie ist sehr ehrgeizig und will grundsätzlich gewinnen. Das könnte die Gefahr sein, weil sie Ebba Andersson sieht, dass ihr die Sicherung durchbrennen könnte, auch wenn sie gesagt kriegt, sie soll ihr eigenes Rennen machen.“ Das tat die 23-Jährige dann auch , so dass sich der Abstand leicht vergrößerte. Finnlands Krista Pärmäkoski startete allerdings furios und kam näher an die Thüringerin heran, die sie in der zweiten Runde einholte. Hoffmann hängte sich im letzten Teil der Runde an die Finnin, mit der sie zusammen zum letzten Wechsel kam.
Fosnæs verspielt Vorsprung gegen bärenstarke Sundling
Vorn schickte Norwegen Schlussläuferin Kristin Austgulen Fosnæs ins Rennen mit 37 Sekunden Vorsprung auf Jonna Sundling, die diesmal nicht einfach mitlaufen und Kräfte für den Sprint schonen konnte. Zur Zeit des dritten Wechsels wurde im Stadion siegesgewiss ein Spottlied über Schweden, „Kjøpe hele Sverige“ („Wir können ganz Schweden kaufen, wenn wir wollen“), gespielt, was Sundling sicher noch mehr motiviert hat, den Vorsprung noch einzuholen. Sie musste ihr eigenes Ding machen und Gas geben, was sie auch bravorös tat. Innerhalb nur eines Kilometers hatte sie den Rückstand auf zwölf Sekunden reduziert und Sundling machte weiter Jagd auf Fosnæs. Noch auf der ersten Runde schnappte sie die unerfahrene Schlussläuferin und setzte sich nach kurzer Erholung vor sie, um weiter das Tempo zu bestimmen. Zu einer Attacke kam es aber nicht mehr. Die Schwedin fuhr als Erste ins Stadion hinunter und ließ sich den dritten Sprintsieg und ihren dritten Titelgewinn in Trondheim nicht nehmen. Gemeinsam mit Emma Ribom, Frida Karlsson und Ebba Andersson jubelte sie über das fünfte Gold des Teams in Trondheim, das bei den Damen wie Norwegen bei den Herren vor den abschließenden 50 Kilometern alle Titel abgeräumt haben. Die enttäuschten Norwegerinnen Heidi Weng, Astrid Øyre Slind, Therese Johaug und Kristin Austgulen Fosnæs mussten sich vor beeindruckender Heimkulisse mit 30.000 Fans erneut mit Silber begnügen. Norwegens Statements bei Eurosport lassen vermuten, dass Fosnæs und Sundling gemeinsam auf die letzten 7,5 Kilometer gegangen wären – dem war aber bei Weitem nicht so. Kristin Austgulen Fosnæs wird von allen sehr gelobt, so sagte Slind: „Es ist so, dass wir Silber gewonnen haben. Jede hat auf ihrer Teilstrecke alles gegeben. Heidi hat auf der ersten Strecke das Tempo gesetzt und ich hab auf dem zweiten Teil weitergemacht genau wie Therese und auch Kristin hat alles gegeben. Und es sind alle Weltklasse-Sprinter“, während Weng den Zielsprint der Teamkollegin feiert: „Kristin war so gut auf den letzten Metern, aber Jonna hat im Freistil noch kein Sprintrennen verloren dieses Jahr, das war toll anzuschauen.“ Johaug fällt auch in die Lobeshymne ein: „Kristin ist so tough. Ich bin so beeindruckt von ihr wie sie Jonna Sundling gefolgt ist, der momentan stärkste Sprinterin. Sie hatte dasselbe Tempo auf der Zielgeraden, sie hat es in der Kurve verloren, ich bin so beeindruckt. Wir haben alle unser Bestes gegeben. Wir sind so glücklich mit Silber.“ Schlussläuferin Fosnæs war bei diesem Interview noch beim Umziehen. Später sagte sie selbst in Tränen aufgelöst: „Das ist mental jetzt sehr schwer. Ich wurde sehr nervös. Jonna hat in sehr kurzer Zeit unglaublich viel aufgeholt und das hat mir Angst gemacht. Die anderen sind toll, sie haben mich unterstützt und wieder aufgebaut und ich bin sehr dankbar dafür. Ich war am Ende froh, dass es vorbei ist. Nun kann ich wieder schlafen.“
Vici Carl mit besserem Ende zu Bronze
Im Kampf um Bronze bekam es Victoria Carl mit Sprinterin Jasmi Joensuu zu tun, die nach dem Teamsprint aber völlig erschöpft minutenlang im Ziel umsorgt worden war und dann aus dem Zielebereich geführt wurde. Das deutsche Team war zuversichtlich, die Medaille ins eigene Team zu holen, wie Katharina Hennig nach ihrem Lauf sagte: „Vici hatte nun etwas Erholung seit dem Klassischrennen und das gibt mir Hoffnung, dass sie jetzt noch mal einen raushaut. In der Distanz ich schätze ich sie stärker ein als Joensuu und hoffe, dass sie sie vor dem Zielsprint noch etwas abklemmen kann.“ Das gelang der Thüringerin aber nicht, trotz ständiger Tempowechsel hielt die Finnin mit und ließ sich nicht in die Führungsarbeit einspannen, so dass Carl alles allein machen musste. Eine Hoffnung oder Gefahr, etwas anderes als Platz drei und vier zu holen, bestand zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr, so dass sich das Duo ganz auf den Kampf um Bronze konzentrieren konnte. Ein Hakler in der Kurve vor der letzten Abfahrt und der bessere Ski der Deutschen war dann die Ursache, dass die Finnin hinein ins Stadion nicht ganz im Windschatten war, so dass Carl den Sprint von vorne gewinnen konnte und damit die Bronzemedaille ins Team holte. Mit feuchten Augen dankte Peter Schlickenrieder seinen Damen für das emotionale Rennen: „Das war ein Krimi, was die Mädels heute hier auf die Bühne gezaubert haben vor so einer Kulisse. Jede hat ihr Herz auf die Ski gepackt und ich glaube, es war richtig hart und weich“, äußerte er sich etwas verwirrend, meinte aber die weichen und tiefen Schneeverhältnisse: „Die Bedingungen sind echt eine Herausforderung. Chapeau Mädels, das war heute große Kunst“, sagte er und zog dabei seine Mütze. Für Finnland war es erneut der enttäuschende vierte Platz: „Victoria ist sehr schwer zu schlagen, aber ich wusste, dass ich es schaffen kann“, sagte Jasmi Joensuu. „Ich habe sie arbeiten lassen und Kräfte gespart. Wir hatten heute sehr gute Ski und ich habe im Zielsprint alles versucht, aber es war nicht genug. Das war schon das zweite Mal bei dieser WM, das nervt. Ich wollte unbedingt für diese Mädels eine Medaille holen, aber es war nicht genug.“
DSV-Damen überglücklich über Medaillengewinn
Das deutsche Quartett war natürlich überglücklich mit dem Edelmetall, aber auch generell schon vorher mit ihren individuellen Leistungen. So sagte die ganz starke Startläuferin Pia Fink nach ihrem Lauf: „Ich bin voll zufrieden, wie es heute geklappt hat. Ich war ganz schön angespannt, weil ich noch nie Start gelaufen bin. Ich hatte ganz schön Respekt. Ich habe versucht, in der ersten Runde noch ein bisschen meine Kräfte einzuteilen und dann in der zweiten Runde habe ich gedacht, jetzt muss ich alles geben und habe mich gar nicht mehr getraut, mich umzudrehen. Ich bin froh, dass es so geklappt hat. Das wird noch ganz schön nervenaufreibend, den anderen zuzusehen.“ Katharina Hennig musste zwar Frida Karlsson herankommen und dann ziehen lassen, war aber dennoch nicht unzufrieden nach dem anstrengenden Teamsprint und verglich ihre Leistung eher mit der Finnin hinter ihr: „Es war ein harter Fight und eine ganz andere Ausgangsposition als sonst. Ich bin ja mehr oder weniger alleine gestartet hinter Slind. Es war ein solider Tag, kein Bombentag, ich habe noch den Teamsprint ganz ordentlich gemerkt und gerade die Slind oder Frida hatten den Teamsprint nicht in den Beinen. Das hat man schon gemerkt, dass sie deutlich frischer waren. Gegen die war leider kein Kraut gewachsen. Ich war etwa 13, 14 Sekunden langsamer als die Kerttu, das war in Ordnung, mal ist sie schneller und mal ich in einem Klassischrennen. Das war nicht mein frischester Tag, aber ich habe gefightet bis zum Ende.“ U23-Weltmeisterin Helen Hoffmann machte es unfreiwillig wieder spannend im Kampf um Bronze, sagte aber auch, dass es heute sehr schwere Bedingungen waren: „Es war richtig hart und richtig tief. Es ist mir heute schon sehr schwer gefallen und ich hoffe, dass Vici das noch geradebiegen kann.“ Das tat die zweite Thüringerin im Team, auch wenn sie die zähe Finnin nicht los wurde bis zum Schluss. Den Erwartungsdruck als Schlussläuferin spürte Carl durchaus: „Die Verantwortung war groß. Ich hatte gehofft, dass die Jasmi ein bisschen mehr vorne läuft, aber ich wusste, ich muss sie kaputt laufen. Dann habe ich ein bisschen mit dem Tempo gespielt und ich glaube, ich hatte auch die besseren Ski, Danke an die Techniker. Das super Material hat dann den Schlussspurt entschieden. Wir hatten heute super Material und ich konnte mich auf den Testrunden schon mit tiefen Bedingungen vertraut machen.“ Für alle, die bei diesem Krimi zuschauen mussten, war es eine Qual: „Ich habe Per Nilsson an meiner Seite und der war noch nervöser als ich. Das Zuschauen tut einem richtig weh, wenn man sieht, wie die kämpfen müssen. Wir haben gezittert bis auf die Ziellinie“, sagte Peter Schlickenrieder. Pia Fink hatte sich teilweise sogar weggedreht und konnte gar nicht mehr hinsehen: „Heute hat es mir einige Nerven gekostet beim Zuschauen. Ich wusste gar nicht, wohin mir mir. Zum Schluss habe ich dann erstmal eine Weile nicht mehr zugeschaut, doch es war schon richtig cool.“ Das fand auch Katharina Hennig, die immer ein gutes Gefühl hatte: „Irgendwie hatte ich das im Blut, dass Vici das im Griff hat. Die ist abgebrüht und hat das nötige Selbstbewusstsein, um einfach dran zu glauben, dass sie es am Schluss packen kann. Auch wenn natürlich eine Joensuu als Sprinterin am Schluss läuft. Aber Vici ist auch nicht gerade langsam und das haben wir gesehen. Es war wie ein Krimi und ich bin super stolz auf alle vier.“
Schweizer Quartett auf fünf
Für das Schweizer Quartett gab es heute bei der für die besten WM aller Zeiten nichts zu holen. Anja Weber hielt noch gut mit und übergab nur knapp hinter dem schwedischen Team, aber die Kälin-Schwestern Nadja und Marina büßten jeweils eine Minute ein, was das Team auf Platz sechs brachte. Schlussläuferin Nadine Fähndrich konnte den Abstand nach vorn konstant halten, zog damit noch an Italien vorbei und hielt im Endspurt um Platz fünf Jessie Diggins in Schach.
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