Marit Bjørgen und Martin Johnsrud Sundby haben die neunte Auflage der Tour de Ski für sich entschieden. Doch auch aus deutscher Sicht gab es immer wieder sehr gute Resultate.
DSV-Herren überzeugen in Val di Fiemme
Es war sicher keine gute Tour für die deutschen Herren, aber das war nach den Vorleistungen in dieser Saison auch nicht zu erwarten. So kam es nicht ganz überraschend, dass Hannes Dotzler, der mit Trainingsrückstand in die Saison gegangen war, die Tour nach schwachen Ergebnissen völlig erschöpft in Toblach aufgeben musste. Besser sah es zunächst auch beim zweiten „erfahrenen“ Deutschen im jungen Team nicht aus, doch das änderte sich im Fleimstal: Plötzlich zahlte sich das harte Training vor der Tour aus, Tim Tscharnke zeigte ein tolles Rennen, so dass er sich seine Gegner auf der Zielgeraden sogar noch zurechtlegen konnte. Das bedeutete seinen zweiten Weltcupsieg, Thomas Bing wurde noch Sechster. Der 23-jährige Jonas Dobler wurde im Endklassement bester Deutscher auf Platz 17 und steigerte sich damit um fünf Plätze im Vergleich zu seinem Tour-Debüt.
DSV-Damen mit toller Tour
Ganz anders sah es bei den Damen aus: Das Team um Nicole Fessel, Denise Herrmann und Steffi Böhler war bereits mit Top-Ergebnissen angereist und sie bestätigten diesen Eindruck auch bei nahezu jeder Tour-Etappe. Nur beim actionreichen Sprint im Münstertal, der es wirklich in sich hatte, konnten die Athletinnen nicht die erhofften Leistungen abrufen: Mit Denise Herrmann, Sandra Ringwald und Nicole Fessel stürzten gleich drei von ihnen auf dem schwierigen Kurs. Ärgerlich im Hinblick auf Einzelergebnisse und die Gesamtwertung – allerdings hätte ein besseres Sprintergebnis wohl nicht mehr als ein, maximal zwei Plätze an der Alpe Cermis ausgemacht. „Best of the rest“ hinter Norwegen wäre auch mit einem Sprintpodium unerreichbar gewesen. Dennoch sind die Plätze sieben, acht und elf in einer Tour de Ski mit der norwegischen Dominanz aller Ehren wert.
Tolle Tour de Ski von Teresa Stadlober, Dario Cologna „nur“ Fünfter
Licht und Schatten gab es aus Sicht der österreichischen und schweizerischen Langläufer. Positiv in Erscheinung getreten ist auf jeden Fall Teresa Stadlober, die sich bei ihrer zweiten Tour de Ski kontinuierlich steigerte und schließlich erstklassige Zehnte wurde. Tolle Leistungen bot sie vor allem als Sechste im Massenstart und mit einer sehr schnellen Zeit auf der Schlussetappe. Viel Pech hatte der ehemalige nordische Kombinierer und inzwischen Sprintspezialist Bernhard Tritscher, den ein Skibruch im Massenstart weit zurückwarf, was ein besseres Resultat verhinderte. Im Lager der Schweizer hatte sich Dario Cologna sicher mehr von dieser Tour de Ski versprochen: Nach zwei Wintern ohne Tour de Ski-Erfolg wollte er wieder um den Sieg mitkämpfen, musste sich aber schließlich mit dem fünften Platz begnügen. Toni Livers wurde guter 13.
Bjørgen holt ersten Tour de Ski-Sieg – Weng in Tränen aufgelöst
Norwegische Siege gab es natürlich auch bei dieser Tour de Ski – vor allem bei den Damen. Dort hatte keine andere Nation eine Chance, auch nur einen einzigen Podestplatz zu erringen: Immer standen mindestens drei Norwegerinnen ganz vorn! Sogar in der Einzelwertung der Schlussetappe dominierten die Norwegerinnen, Liz Stephen lief diesmal „nur“ die viertschnellste Zeit. Für Marit Bjørgen war die Tour de Ski ein Erfolg, der in ihren beeindruckenden Palmarés noch fehlte – nun hat sie alles erreicht, was man als Langläuferin erreichen kann. Das ist ein Umstand, der Heidi Weng zum Weinen brachte. Sie sonderte sich im Zielraum von den jubelnden Teamkollegen ab und ließ den Tränen freien Lauf: „Ich weine nicht, weil es mir schlecht geht. Ich bin so gerührt, wenn jemand so eine tolle Leistung gezeigt hat. Marit hat so verdient gewonnen, nun habe ich aber Angst, dass sie aufhört“, weinte Heidi im Ziel. Dass sie grundsätzlich nur an andere denkt, zeigte sich schon zu Anfang der Tour de Ski: Auch da war sie bei der Siegerehrung bereits in Tränen aufgelöst, weil ihre beste Freundin Ragnhild Haga ihren ersten Platz auf dem Treppchen errungen hatte – gemeinsam mit Heidi. Apropos, Heidi Weng: Vor Jahren noch eine sehr unsichere Abfahrerin hat sich die Norwegerin inzwischen deutlich gesteigert, was man sowohl optisch als auch an den Zeiten sieht. Ihr Abfahrtstraining in den letzten Jahren zahlt sich mehr und mehr aus. Mit dieser Tour de Ski ist endgültig eine neue Gegnerin in Augenhöhe für Therese Johaug geboren, wenn Marit Bjørgen einmal aufhört.
Sundby verteidigt seinen Titel
Während Marit Bjørgen ihren ersten Titel relativ ungefährdet gewann, musste Martin Johnsrud Sundby bei seiner Titelverteidigung mehr kämpfen. Der Norweger war in dieser Saison nicht so souverän wie bei seinem ersten Triumph, ging aber doch relativ ungefährdet als Zweiter in den Schlussanstieg. Petter Northug konnte ihm erwartungsgemäß nichts entgegensetzen, verlor aber deutlich weniger Zeit als in den letzten Jahren auf die Schnellsten. Das sollte dem Norweger Mut machen, dass es vielleicht doch irgendwann noch klappen könnte mit einem Tour de Ski-Sieg. Auch wenn er selbst vor ein paar Tagen noch sagte: „Da müsste schon der Schnee wegschmelzen, damit mir die Alpe Cermis liegt!“ Freunde machte er sich bei dieser Auflage aber sicher wieder nicht, wenn sein Landsmann und Calle Halfvarsson seine fehlende Mitarbeit auch locker nahmen – sie hatten nichts anderes erwartet. Anders jedoch bei Evgeniy Belov, der nach dem Handicaprennen in Toblach, in dem Northug wieder einmal schauspielerisches Talent bewies, fuchsteufelswild auf den Norweger war. Im Ziel zeigte er den Stinkefinger und schlug im Wachstruck einen Stock kaputt. Dass es auch anders geht und es nationenübergreifendes Teamwork gibt, bewiesen Sundby und Halfvarsson auf den letzten Etappen gleich mehrfach: Beide hatten eine Kooperation (eigentlich auch mit Northug) vereinbart und Sundby pushte den Schweden im Toblacher Handicaprennen immer wieder nach vorn und beschwor ihn, trotz Magenproblemen weiterzukämpfen. Dafür revanchierte sich Halfvarsson im Massenstart, als er mit seinen Landsmännern Hellner und Richardsson das Tempo verringerte, nachdem Sundby gestürzt war. Für Marcus Hellner war die Gesamtwertung der Tour de Ski schon früh gelaufen: Ohnehin nicht in herausragender Form fühlte er sich im Toblach-Verfolger sehr gut und war in Kontakt mit der Cologna-Gruppe. Dann stieß er mit einem Getränke-reichenden italienischen Betreuer zusammen und brach sich den Ski. Der gute Rhythmus war verloren, wie auch viele Sekunden auf die Gruppe im Laufe des weiteren Rennens. Ein weiteres Opfer dieses Zusammenstoßes war Ilia Chernousov, der über Hellner in den Wald stürzte und sich an der Schulter verletzte. Zwar beendete er die Etappe noch, trat aber zur nächsten Etappe nicht mehr an.
Viele Probleme im finnischen Team
Das Team mit den größten Sorgen im Laufe der Tour de Ski waren aber sicher die Finnen. Von den ursprünglich zehn nominierten AthletInnen hatten schon vor dem Start der ersten Etappe einige mit Fieber und Magen-Darm-Problemen zu kämpfen. Nach und nach stiegen immer mehr Finninnen und Finnen aus, so dass nur Aino Kaisa Saarinen und Anne Kyllönen schließlich das Ziel auf der Alpe Cermis erreichten. Zusätzlich hatten die Sportler in der Schweiz noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: Im Hotel gab es sehr viel Staub, darauf führten die Sportler ihre Schnupfen-Symptome zurück. „Wir haben große schwarze Augenringe vom Schlafmangel. Unsere Nasen sind verstopft vom Staub, aber wir sind nicht körperlich krank“, hieß es noch am Sprinttag von Iivo Niskanen, der drei Tage später mit 39 Grad Fieber die Segel streichen musste.
Von der Alpe Cermis ins Krankenhaus
Justyna Kowalczyk war immer wieder ein großes Thema während dieser Tour de Ski abseits der norwegischen Dominanz. Einerseits wegen ihrer unglaublich schlechten Abfahrtstechnik, die mehrfach bei der hinter ihr laufenden Konkurrenz zu Stürzen führte. Denise Herrmann kann ein Lied davon singen, Ingvild Flugstad Østberg landete wegen der Polin sogar in den Sicherheitszäunen. Aber auch mit ihrem vorzeitigen Tour-Aus sorgte Kowalczyk unfreiwillig für Aufsehen: Während der Schlussetappe zur Alpe Cermis wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen. Nicht zum ersten Mal -schon bei den Olympischen Spielen 2006 erlebte sie ähnliches. Sie brach weniger als einen Kilometer vor der Mittelstation der Alpe Cermis zusammen und war Medienberichten zu Folge vier Minuten bewusstlos. Ein Kollaps. Sie wurde mit dem Schneemobil nach oben gefahren. Danach ging es mit ihrem Bruder, einem Herzspezialisten, in ein Krankenhaus. Schnell kam jedoch die Entwarnung, dass Justyna in Ordnung ist. Dennoch wird dieser Kollaps für die ohnehin formschwache Polin ein weiterer Rückschlag sein, nachdem sie erst im Sommer bekanntgab, nach einem Schicksalsschlag vor einigen Jahren an Depressionen zu leiden. Ob sie bei ihrem Lieblingsweltcup in Otepää am Start stehen wird, ist noch nicht bekannt.
Bundestrainer 23. beim Rampa con i campioni
Im Rahmenprogramm des Finaltages an der Alpe Cermis wurde erneut das Rampa con i campioni, das Jedermann-Rennen, ausgetragen. Der Sieg ging an den Finnen Markus Pörsti in einer Laufzeit von etwas mehr als 32 Minuten – damit war er nur drei Minuten langsamer als der schnellste Profi, Maurice Manificat. Oliver Zurbrügg aus der Schweiz wurde Sechster, die Österreicher Emmanuel Moser und Andreas Forster landeten auf den Plätzen elf und zwölf direkt hinter dem besten Deutschen Hermann Schindler aus Oberhof. Jürg Capol, Ex FIS-Renndirektor und einer der Erfinder der Tour de Ski, belegte den 17. Platz. Bundestrainer Frank Ullrich wurde mit etwa sieben Minuten Rückstand 23.
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