Sie kam bei ihrem definitiv letzten Rennen als Letzte über die Ziellinie – mit der deutschen Fahne in der Hand und nach allen Seiten winkend. Das langlaufverrückte und kundige Publikum winkte zurück und huldigte der erfolgreichsten deutschen Skilangläuferin. Stehende Ovationen am Holmenkollen, dem Mekka des Nordischen Skisports – schöner kann eine erfolgreiche Karriere eigentlich nicht zu Ende gehen.
Für die Sächsin schloss sich in Oslo der Kreis – zum zweiten Mal übrigens, denn schon nach ihrer vom Olympiasieg gekrönten Saison 2009/2010 hatte die mittlerweile 37-Jährige die Ski an den Nagel gehängt. Nun also ist endgültig Schluss. Mit elf Plaketten bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen ist Nystad die erfolgreichste Deutsche in der Loipe und mit ihr geht „der letzte Mohikaner“ der goldenen Generation.
Unter ihrem Mädchennamen Künzel jagte sie seit anderthalb Jahrzehnten durch die Weltcup-Loipen dieser Welt, gemeinsam mit Viola Bauer, Manuela Henkel und Evi Sachenbacher-Stehle, später mit Nicole Fessel, Stefanie Böhler und Denise Hermann. Ihre Erfolge standen mitunter im Schatten der mindestens ebenso erfolgreichen Herren, von Angerer bis Sommerfeld, Filbrich bis Teichmann. Doch während den Männern Olympiagold verwehrt blieb, stand Nystad gleich zwei Mal ganz oben, als das olympische Feuer loderte.
Das Feuer, die Begeisterung für den Langlauf, schien nach Vancouver erloschen, doch im Inneren glomm die Glut weiter und so entschloss sich Nystad, inzwischen mit abgeschlossenem Studium, nach der WM 2013 in Val die Fiemme, der ersten für den DSV ohne Medaille im Langlaufbereich seit 1999, noch einmal anzugreifen.
Mit den Trainern, und wissenschaftlich unterstützt vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig, wagte sie das Comeback und gewann mit der Staffel in Sotschi noch einmal eine Olympische Medaille, die Bronzene – Metall, das in ihren Augen so glänzte wie Gold zwölf Jahre zuvor. In diesem Winter kam „Clautsch“, wie Nystad von ihren Freunden gerufen wird, gut in Form, doch dann der Rückschlag: Ein Sturz bei der Viessmann Tour de Ski mit einhergehender Gehirnerschütterung brachte Trainingsrückstand, vor allem aber konnte die routinierte Athletin den Körper nicht mehr ausbelasten.
Die Folgen der Verletzung waren hartnäckig, zwangen zu Einsichten. Ihren Staffelstart bei der WM in Falun sagte Nystad ab – Oslo aber sollte es doch noch einmal sein. Zum Ende der Karriere. Weil eine Claudia Nystad nicht einfach von der Bühne abtritt. Weil die passionierte Künstlerin das große Finale verdient hatte. Weil sie es sich und ihren Fans schuldig war. Und nun? Sind aller guten Dinge drei? Gibt es noch einmal einen Rücktritt vom Rücktritt? „Das war’s!“, ist sich die Sächsin sicher. „Endgültig!“, fügt sie hinzu. Mit der Entschlossenheit, die sie immer ausgezeichnet hat. Eine außergewöhnliche Skilangläuferin und Persönlichkeit hat ihre sportliche Karriere beendet, das „Größte Skifest der Welt“ am Holmenkollen war dafür der angemessene Rahmen!
Quelle: DSV/Viessmann Newsletter