Skilanglauf rund um den Globus

Norbert Gütlein © Norbert Gütlein

Bevor man durch Google Maps auf Knopfdruck in virtuelle Welten entführt wurde, war der Diercke Weltatlas das probateste Mittel, um mit dem Finger auf der Landkarte ausgedehnte Reisen zu unternehmen. So mancher hat noch ein zerlesenes Exemplar aus seiner Schulzeit im Bücherschrank stehen. Die europäischen Staaten werden dabei nicht mehr korrekt angezeigt, die Darstellung der Naturlandschaften ist aber noch zutreffend und geeignet, Sehnsüchte nach fernen Ländern zu wecken.

Ein solches Instrument der Visualisierung wird dringend benötigt, befasst man sich mit der Liste von Skilaufveranstaltungen, die kürzlich auf der Website der International Association of Worldloppet Skiers (IAWLS) veröffentlicht wurde (www.worldloppetskier.com). Zusammengestellt hat sie Thomas Huber, das deutsche Mitglied im Vorstand der IAWLS. Entstanden ursprünglich aus einer Aufzählung lokaler Langlaufrennen, umfasst die Liste inzwischen über 300 Einträge internationaler Volkslaufveranstaltungen in allen Erdteilen. Wer also den bewährten Veranstaltungskalender in Nordic Sports inzwischen durch hat, kann seinen Wirkungskreis mit Hilfe dieser Aufstellung noch um einiges vergrößern, da neben den wichtigen internationalen und nationalen Serien auch viele kleinere Veranstaltungen aufgelistet sind. Die nach Datum sortierten Einträge enthalten den Namen des Rennens, Ort und Land, Stilart und Streckenlänge sowie einen Link direkt auf die Veranstalter-Homepage.

Wie immer, wenn die Vielfalt so groß ist, benötigt man eine geeignete Strategie, um das Angebot zu sortieren. Einige Vorschläge sollen hier gleich mitgeliefert werden. Die vorgegebene Reihung nach dem Datum ist zwar die einfachste Art, in die Materie einzudringen, mit etwas Geduld und Fantasie lassen sich aber weitere Kriterien finden, die die Saisonplanung noch einmal in Bewegung bringen könnten. Wie wäre es mit der geographischen Selektion? Hierzu kann jeder auf einer geeigneten Karte die Ereignisse markieren, die seinem Wohnort am nächsten liegen. Je nach Ausgangspunkt ergeben sich dabei reizvolle Saisonprogramme, die helfen, den Aufwand für Anreise und Übernachtung zu optimieren. Nimmt man beispielsweise den Startort München stellvertretend für Südbayern, so kann man insgesamt neun Ereignisse besuchen, ohne dabei mehr als 180 km mit dem Auto zurücklegen zu müssen. Man hätte mit dem Silvesterlanglauf in Kössen beginnen können (am besten schon mal für Ende 2010 vormerken!), um mit der Steinöl-Trophy am Achensee, dem Saalfeldener Skimarathon und dem Skitrail Tannheimer Tal-Bad Hindelang weiter zu machen. Mit König Ludwig Lauf und Koasalauf folgen zwei internationale Spitzenläufe, auch der Ganghoferlauf ist nicht zu verachten. Anfang März ließe sich der wieder belebte Drei-Täler-Lauf am Achensee testen, bevor es beim Euroloppet in Bodenmais ins Saisonfinale geht. Da die Marathons nicht nur geographisch sondern auch terminlich derart ideal gereiht sind, hat man bei diesem Programm nur an zwei Wochenenden frei, es sie denn, man nimmt ein paar weitere Kilometer nach Südtirol oder in die Schweiz in Kauf.

Bewohner Nordbayerns haben es etwas weiter bis zu den Alpen, dafür liegen die sportlich und landschaftlich interessanten Rennen der östlichen Mittelgebirge fast schon vor der Haustür. Auch die Einwohner Baden-Württembergs befinden sich im Zentrum des Geschehens, nur müssen sie ihre Fühler stärker in die Schweiz, den Schwarzwald oder nach Frankreich (Vogesen!) ausstrecken. Entfernungen zwischen 260 und 550 PKW-Kilometer müssen in der Bundeshauptstadt beheimatete Langlaufenthusiasten zurücklegen, wollen sie eine ebenfalls aus neun Rennen bestehende Tour um Berlin absolvieren. Diese beginnt ganz spektakulär mit dem Jizerska Padesatka in Liberec und setzt sich mit dem Erzgebirgs-Skimarathon in Oberwiesenthal fort. An den beiden folgenden Wochenenden kann man sich mit Jilemnická 50 und dem Orlicky-Maraton zwei weitere Rennen der Tschechischen „Ski-Tour“ reinziehen, bevor es mit dem Oberharzer Grenzlauf erstmals Richtung Westen geht. Nach dem Besuch des Siuerlänner Skiloap bietet sich ein weiterer Besuch im Harz an, diesmal beim Bruchberg-Langlauf. Mit internationalen Ereignissen ist der Saisonschluss garniert. Nach dem Absolvieren des Bieg Piastow in Polen kann man auch bei diesem Vorschlag beim Skadi Loppet zum letzten Mal die Bretter anschnallen. Recht weit weg von den Langlaufereignissen ist man in Westdeutschland, während man es sich im hohen Norden schon überlegen kann, ob man, anstatt bis zu eintausend beschwerliche Autobahnkilometer auf der A 7 bis zum Alpenrand zurückzulegen, sich nicht einfach mit der Nachtfähre nach Skandinavien davonmacht und den einen oder anderen der vielen aufgelisteten Skimarathons in diesem Teil Europas absolviert.

Die gleiche geographische Strategie bietet sich natürlich für die Planung eines längeren Langlaufurlaubs an, bei der man das eine oder andere Ereignis gerne mitnehmen möchte. Alternativ lassen sich die Rennen thematisch zusammenstellen. Nachtschwärmer können ihren Neigungen beispielsweise beim Nachtlauf im Hotzenwald, dem Moonlight Classic Skimarathon auf der Seiseralm, dem 3-Stunden-Rennen in Tannheim oder dem 2-Stunden-Nachtlauf am Kniebis nachgehen. Für Ultras, denen Marchialonga, Transjurasienne und Vasaloppet in einem Jahr nicht ausreichen, bieten sich mit den Rucksacklauf im Schwarzwald, dem Lake Luise to Banff Loppet, dem Grenader Löppet und dem Trollmarathon in Norwegen sowie mehreren langen Läufen in Lappland eine Ergänzung des Programms an. Etappen-Skitouren bzw. –rennen werden von gemütlich-touristisch bis richtig hart angeboten (Areh-Pokljuka, Slowenien, Canadian Skimarathon, Rajalta Rajalle in Finnland, Arctic Circle Race, Grönland). Wem letzteres Rennen noch zu leicht ist, der darf sich beim Arrowhead Winter Ultra versuchen. Es gibt Rennen, die das Überqueren des Polarkreises im Programm haben oder die Überwindung der Grenze Europa-Asien. Zum Schluss sei eine Art Super-Worldloppet vorgeschlagen, der einige recht exotische Ziele beinhaltet: China Vasaloppet (für 2011 vormerken) – Anatolian Skimarathon, Türkei – Tour of Anchorage, Alaska, USA, Avatchinski Marathon, Kamtschatka, Russland – Fossavatn Skimarathon, Island, Marcha Blanca, Argentinien – Merino Muster, Neuseeland – Kangaroo-Hoppet, Australien. Wer dann noch nicht genug hat: einfach auf der Homepage der IAWLS nach weiteren Anregungen suchen.