Bester Deutscher beim Vasa-Debüt: Warum es für Florian Rohde ein Lauf zwischen Lust und Frust wurde

Florian Rohde © Rauschendorfer/NordicFocus

Beim Blick auf die Anzeigetafel in Mora war Florian Rohde selbst etwas überrascht. Denn mit dem 38. Platz hatte der 32-Jährige bei seinem ersten Start beim Vasaloppet im März 2017 nicht wirklich gerechnet. „Ich bin ein Typ, der eigentlich nie so richtig mit sich zufrieden ist. Aber als ich die Zeit und die Platzierung gesehen habe, ist mir schon ein kurzes Lächeln übers Gesicht gehuscht“, erzählt der Sportler vom SC Gefrees. Er wurde in 4:04:23 h auf Anhieb bester Deutscher und als solcher am Tag danach in fast allen großen deutschen Zeitungen erwähnt. Der Rückstand zum Sieger John-Kristian Dahl aus Norwegen betrug sieben Minuten, der zum tschechischen Langlauf-Star Lukas Bauer, der das Rennen auf Platz 37 beendete, keine 15 Sekunden. „Ich hatte ihn zwischenzeitlich sogar überholt, musste ihn aber auf den letzten Kilometern wieder passieren lassen“, erzählt Florian Rohde.

Der hatte noch ein Jahr zuvor, als sich kurzfristig die Möglichkeit zu einem Start in Schweden ergab, aus Respekt vor dem Mythos Vasaloppet auf einen Start verzichtet. „Der Wasalauf hat mich schon lange gereizt. Als Skilangläufer muss man den einfach mal mitgemacht haben, keine Frage. Aber ich wusste auch, dass 90 Kilometer kein Pappenstil sind.“ Das bewahrheitete sich ein Jahr später, als er sich auch von einem morgendlichen Kratzen im Hals nicht stoppen ließ. Florian Rohde ging das Abenteuer locker an: „Ich wollte es mir einfach mal anschauen und habe insgeheim mit einen Platz unter den ersten 100 geliebäugelt.“ Doch dann lief es zunächst richtig gut. „Ich war von Beginn an vorn dabei und hatte ein sehr gutes Gefühl. Bei Kilometer 60 dachte ich, kein Problem, jetzt sind es nur noch 30.“

Doch es sollte noch eine zähe Angelegenheit werden. „Ich merkte, dass ab Kilometer 70 der Ski vom Gleitwachs her abgebaut hat und ich auch nicht mehr die nötigen Energiereserven hatte, um das Tempo an der Spitze mitzugehen“, erzählt Florian Rohde. So musste der Läufer vom Team Forever Nordic eine Lücke nach vorn reißen lassen, die allmählich immer weiter anwuchs. Es war für ihn der Beginn eines langen Endspurts zwischen Lust und Frust. Einerseits hatte er mitbekommen, dass Thomas Freimuth vom xc-ski.de A/N Skimarathon Team schon früher abreißen lassen musste und er daher auf dem Weg zur besten deutschen Platzierung war. Auf der anderen Seite war für ihn nicht einmal in den Abfahrten an Durchatmen zu denken. „Ich war nur noch am Arbeiten und ständig am Schieben“, erzählt er. Wie gut Florian Rohde als Einzelkämpfer trotzdem noch im Rennen gelegen hatte, bemerkte er erst im Ziel. „Da ging es mir auch vom Kopf her gleich wieder viel besser.“

Dass Florian Rohde dieser 38. Platz eine Menge bedeutet, hängt freilich auch mit seiner ganz persönlichen Geschichte zusammen. Nachdem er mit 6/7 Jahren beim FC Wüstenselbitz mit dem Skilanglauf begonnen hatte, nebenbei aber auch Handball und Fußball spielte, richtete er ab dem Jugend- und Juniorenalter den Fokus auf den Wintersport. In den Jahren 2008 bis 2010 schnupperte er sogar an der Nationalmannschaft und bestritt unter Trainer Cuno Schreyl Lehrgänge mit Tobias Angerer, Axel Teichmann, Jens Filbrich und Franz Göring, bei denen er vor allem in Sachen Technik lernte und viele Erfahrungen sammelte. Doch bis auf Podestplätze bei Deutschen Meisterschaften und im Deutschlandpokal sowie zwei Top-Ten-Platzierungen im Continentalcup blieben die ganz großen Erfolge aus. Obwohl Florian Rohde zu der Zeit immer wieder von Krankheiten ausgebremst wurde, sucht er die Ursachen vor allem bei sich selbst. Der Sportler, der seit vielen Jahren bei der Bundeswehr in Berchtesgaden gute Voraussetzungen für seinen Sport findet, sagt: „Der absolute Ehrgeiz hat sich erst im Herrenalter entwickelt.“ Das war letztlich wohl zu spät, da der Deutsche Skiverband im Zweifelsfall den jüngeren Sportlern den Vorzug gab.

Von 2011 bis 2014 ging Florian Rohde durch ein tiefes Tal. „Mein Akku war leer. Ich fühlte mich permanent müde und platt. Das war keine schöne Zeit“, erzählt er nachdenklich. Obwohl er mit seiner Familie und mit Ärzten „in alle Himmelsrichtungen“ überlegte, ist die Ursache bis heute nicht endgültig geklärt. Die Vermutung, dem Körper zu wenig Zeit zur Regeneration gegeben oder ihn nach Krankheiten zu schnell wieder belastet zu haben, liegt für Florian Rohde aber nahe. Er entschied sich deshalb, nicht mehr stur nach Plan zu trainieren, sondern mehr und mehr nach Lust und Laune und Gefühl. Nach dem Sieg 2010 beim Skadi-Loppet in Bodenmais widmete er sich verstärkt den längeren Kanten und hatte schon zu jener Zeit den Vasaloppet im Hinterkopf. Doch die nächsten drei Winter wurden für ihn sportlich zu einer Berg- und Talfahrt. Er gewann zwar 2011 zum Beispiel den Kammlauf in Klingenthal, bestritt aber 2013 fürs xc-ski.de Team nur einen einzigen Wettkampf (Platz 2 beim Koasalauf in St. Johann). Erst seit dem Sommer 2014 fühlt sich der Langläufer, der in allen Lebenslagen in seinen Eltern einen großen Rückhalt fand und in Trainer Stephan Popp vom Bayerischen Skiverband seinen sportlichen Mentor hat, wieder „halbwegs stabil“. Er schloss sich dem Team Forever Nordic (zuvor Like2Skike) an, für das er 2016 erneut den Kammlauf gewann und unter anderem bester Deutscher beim Marcialonga und in der Ski-Classics-Serie wurde.

Den Start beim Vasaloppet 2017 wird er nicht nur wegen seines guten Ergebnisses in bester Erinnerung behalten. „Wir hatten mit unserem Team in der Woche dort viel Gaudi. Und es ist natürlich etwas Besonderes, die Begeisterung der Schweden oder Skandinavier überhaupt für den Skilanglauf zu sehen. Ich habe mich vor dem Start warmgelaufen, und es war ein tolles Bild, die Massen auf der Wiese in Sälen zu sehen. Wahnsinn.“ Nicht zuletzt deshalb würde Florian Rohde gerne auch im kommenden Winter wieder in Schweden starten, ohne sich selbst unter Druck zu setzen. „Ich will gerne meinem Sport nachgehen, aber meine Gesundheit ist mir am wichtigsten“, sagt der bodenständige Oberfranke, der im Sommer seiner langjährigen Freundin Katharina das Ja-Wort gab. Für ihn steht fest: Um beim Wasalauf noch weiter vorn einzukommen, muss von der Form über den Ski bis zur Verpflegung einfach alles stimmen. Die ersten Schnee-Kilometer hat er Mitte November in Seefeld absolviert. „Es geht jetzt darum, in die Puschen zu kommen und dann zu schauen, was sich in Richtung Vasa eventuell ergibt“, sagt der Sportler, der im Moment noch ohne Team für den bevorstehenden Winter dasteht.

Die besten deutschen Männer beim Vasaloppet der letzten 20 Jahre:
(Quelle: www.vasaloppet.se)

2017: 38. Florian Rohde 4:04:23 h
2016: 55. Thomas Freimuth 4:12:30 h
2015: 34. Thomas Freimuth 4:26:03 h
2014: 54. Franz Göring 4:16:30 h
2013: 20. Andy Gerstenberger 3:56:23 h
2012: 24. Thomas Freimuth 3:45:16 h
2011: 32. Thomas Freimuth 4:00:44 h
2010: 17. Thomas Freimuth 4:06:05 h
2009: 109. Alexander Heun 4:33:41 h
2008: 60. Benedikt Abel 4:34:58 h
2007: 117. Michael Richter 4:49:18 h
2006: 49. Benjamin Seifert 4:42:56 h
2005: 48. Frank Thonfeld 4:04:19 h
2004: 21. Sebastian Schlott 3:53:47 h
2003: 47. Frank Thonfeld 4:13:21 h
2002: 142. Sven Albert 4:34:00 h
2001: 149. Bernhard Schneider 4:34:25 h
2000: 99. Michael Mellert 4:45:51 h
1999: 12. Johann Mühlegg 4:39:42 h
1998: 82. Uwe Leipold 4:02:02 h

Monty Gräßler (Jahrgang 1972) ist Lokalsportredakteur bei der „Freien Presse“ im Vogtland und begeisterter Hobby-Skilangläufer. Mit „Wahnsinn Wasalauf“ hat er das erste deutschsprachige Buch über den legendären Vasaloppet in Schweden geschrieben. Es sind aber längst noch nicht alle „Wasalauf-Geschichten“ erzählt und kommen stets neue hinzu. Eine Auswahl davon gibt es regelmäßig in dieser Kolumne.  Mehr zum Buch und eine Bestellmöglichkeit findet ihr hier: www.wahnsinn-wasalauf.de

2 Kommentare

  1. Stefan Eich

    Hallo Monty!!

    Wie immer ein sehr guter und informativer Bericht!!!!!!
    Vielen Dank dafür!!!

    Werde Dir dann vom La Sgambeda berichten und spätestens beim Kammlauf sehen wir uns wieder!!!

    Liebe Grüße an alle,
    Heidi und Stefan

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    1. Monty Gräßler

      Hallo Stefan,

      dann muss ich also beim Vasaloppet tatsächlich auf deine Wachs- und vor allem auf deine Kochkünste verzichten 😉

      Ich wünsche dir viel Spaß und viel Erfolg in Livigno.

      Viele Grüße auch an Heidi von uns allen!

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