Die U23-Weltmeisterin im Sprint von 2014, Elisabeth Schicho, greift zehn Jahre später beim 100. Vasalauf für das xc-ski.de A|N Skimarathon Team über die 90 Kilometer von Sälen nach Mora an. Seitdem sie nach den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeonchang und einem 28. Platz im Sprint ihre Karriere in der Deutschen Skilanglauf Nationalmannschaft beendet hatte, hat sich viel getan. Wir haben mit Elisabeth über ihre Zeit in Norwegen, ihr Studium, ihre Tätigkeit als Trainerin und ihre Erfahrungen, Gedanken und Sichtweisen zum Skilanglauf ganz generell gesprochen.
Lissi, herzlich willkommen in unserem Team! Wie geht es dir, wie läuft dein Training Richtung Vasaloppet? Hast du so eine Distanz schon mal unter die Ski genommen und wie bereitest du dich darauf vor?
Ja danke, wirklich schön heuer bei euch im Team dabei zu sein! Ich freu mich schon auf die gemeinsame Reise und DAS Highlight des Winters, den Vasaloppet! Das ist natürlich auch für mich als erfahrene Langläuferin eine Distanz und ein Rennen, die mich reizen und ich bin schon gespannt! Die Vorbereitungen laufen gut, Hauptfokus liegt im Moment auf den zwei Doppelstock-Einheiten die Woche sowie mehreren langen Touren. Die Loipen in Oslo sind genial zurzeit und es kommt stetig neuer Schnee dazu, so genieße ich perfekte Trainingsbedingungen. Den Vasaloppet bin ich tatsächlich noch nie gelaufen, es wird also meine Premiere! In Gedanken begleitet mich der Lauf schon länger, denn ich finde man ist nur eine echte Langläuferin, wenn man den mal gelaufen ist. Also ist es höchste Zeit! 🙂 Ich bin schon ein 95 Kilometer Rennen gelaufen, beim Troll Ski Marathon vor einigen Jahren, der ging von Venabu nach Sjusjoen. Und im Training haben wir ab und zu auch Touren über 100 Kilometer gemacht, die Distanz kenn ich also, aber natürlich ist es im Rennen und auf Zeit dann schon nochmal etwas anderes! Eine super Herausforderung auf jeden Fall und ich bin gespannt!
Du reist mit dem AusdauerNetzwerk um Thomas Freimuth zum Vasalauf, wie entstand diese Verbindung?
Ja ich hab eigentlich schon immer gewusst, dass der Thomas ein ziemlich guter Langläufer aus dem Bayerischen Wald ist! Er war damals einer der ersten Deutschen, die in der Skimarathon Szene unterwegs waren, sowas kriegt man natürlich mit! Als er mich letztes Jahr fragte, ob ich denn Lust hätte, mal als Trainerin bei einem der AusdauerNetzwerk-Camps dabei zu sein, unterstützte ich das Trainer Team beim Camp in Seefeld sehr gerne. So entstand die Idee auch im Skimarathon Team gemeinsam Gas zu geben und zusammen zum Vasaloppet zu fahren!
Nach deiner Weltcup Laufbahn verschlug es dich direkt nach Norwegen, wie kam es dazu und wie ist es dir ergangen?
Ja stimmt, das ist alles recht schnell gegangen. Mir war Ende der Saison 2019 bewusst, dass es für mich im Profilanglauf nicht mehr weitergeht. Einerseits war ich mit den Ergebnissen nicht ganz zufrieden und andererseits hab ich gemerkt, dass es noch etwas anderes, neues geben muss. Ich war bereit für ein neues Kapitel! Inzwischen kannte ich mich so gut um zu wissen, dass Langlauf immer eine wichtige Rolle spielen sollte. Ich brauche Schnee, ich brauche die Langlaufloipe in der Nähe, dann geht es mir gut. So entschied ich mich mein Studium in die Hauptstadt des Langlaufsports zu legen, nach Oslo. Dort bin ich mittlerweile seit viereinhalb Jahren, habe an der BI Norwegian Business School meinen Bachelor gemacht und bin jetzt auf der Zielgerade meines Masterstudiums. Von Anfang an habe ich dort auch als Langlauftrainerin gearbeitet, in einem der größten Skiklubs Norwegens, Kjelsås IL in Oslo. Die ersten 2 Jahre war ich Assistenztrainerin, seit 2021 bin ich Cheftrainer und habe die Verantwortung für rund 70 Athleten zwischen 16 und 25. Das heißt, dass ich immer noch zwischen 5 bis 7 Trainingseinheiten die Woche mache und auch noch einiges Organisatorisches intern im Club erledige. Die Kombination aus Studium, Trainerjob, und dem Lebensgefühl in einer Hauptstadt war und ist für mich einfach echt genial und ich bin wirklich froh, diesen Schritt gemacht zu haben.
Stimmt es, den Job als festangestellte Trainerin im größten Skilanglaufverein Norwegens hast du dir in einem Telefonat mit Vegard Ulvang geangelt?
Ja richtig, das stimmt. Vegard wohnt in Maridalen/Kjelsås in Oslo und hat selbst zwei Töchter, die in unserem Skiclub langlaufen. Ich habe damals Vegards Nummer von einem Bekannten bekommen, dem ich erzählt hatte, dass ich nach Oslo ziehen werde und dort so gern als Langlauftrainerin arbeiten würde. Er konnte sich gut vorstellen, dass mich Kjelsås gern als Trainerin hätte. So habe ich vier Sätze auf Norwegisch auswendig gelernt, um erklären zu können, wer ich bin, was ich will und angerufen. Mehr als nein sagen kann er ja eh nicht, dachte ich mir. Es stellte sich heraus, Vegard spricht gut Deutsch. So konnten wir uns ganz wunderbar unterhalten und der Anruf hat sich gelohnt! 🙂
Wie würdest du das Training in Norwegen und Deutschland vergleichen, gibt es Unterschiede im Nachwuchstraining?
Mein Eindruck ist, dass die Trainingsinhalte gar nicht so verschieden sind. Das intensive Training (Intervall Training), das wir hier im Junioren-/U23-Bereich machen, ist dem deutschen Training recht ähnlich, das ist kein Hokuspokus. Der größte Unterschied ist meiner Meinung nach die Selbständigkeit der Athleten in Norwegen. Die Hauptverantwortung im Trainingsprozess liegt hier ganz klar beim Sportler und der Trainer ist als Ratgeber im Prozess dabei, begleitet den Sportler nach bestem Wissen und teilt sein Wissen gerne. Der Sportler aber ist es, der das Grundgerüst des Trainingsplans erstellt und in Zusammenarbeit, Gesprächen mit dem Trainer wird der dann detailliert ausgearbeitet. Das ist (oder war zumindest in meiner aktiven Zeit) in Deutschland schon noch anders, da gibt es eine größere Hierarchie zwischen Trainer und Athlet, die Trainerrolle ist viel zentraler und bestimmend. Wir haben hier regelmäßige Austausch, Feedback- und Evaluierungsrunden. Es ist generell erwünscht, dass der Sportler die letzten Entscheidungen trifft, mit dem Risiko, dass auch mal Fehler passieren können. Dadurch hat der Sportler aber auch die Chance, dazu zu lernen, seinen Körper zu verstehen und immer mehr Gespür für wertvolle Einheiten zu bekommen. Besonders auf lange Sicht und die Karriere im Erwachsenenalter denke ich ist es ein klarer Vorteil für die norwegischen Athleten, dass sie in den Junioren-/Anschlussjahren das nötige Know-How erworben und ihre Körper gut kennen gelernt haben. So können sie, wenn es richtig zählt, in der Profikarriere davon profitieren und individuell optimal trainieren.
Du liebst deine Heimat, Schliersee, da kann Norwegen nicht mit, oder?
Stimmt ja. Dahoam is einfach dahoam – oder wie die Norweger sagen „Borte bra, hjemme best“, was soviel heißt wie „Woanders ist es schön, aber zuhause am schönsten“.
Nach dem Studium, der Arbeit als Trainerin in Oslo und kürzlich einem Praktikum beim FC Bayern München, wie steht es um deine Zukunftspläne, was hast du vor?
Genau, im Sommer werde ich mit meinem Studium in Oslo fertig und dann beginnt ein neues Kapitel! Ich freu mich drauf! Ich weiß noch nicht ganz genau, was ich mir arbeitstechnisch aussuchen werde, Möglichkeiten denke ich habe ich mit meiner breiten Ausbildung einige. Was ich allerdings schon weiß, ist, dass ich wieder heim nach Schliersee ziehen will. Für mich gibt es einfach keinen besseren Ort, hier habe ich alles was ich für mein Leben brauche. 🙂
Danke für deine Zeit, wir wünschen dir alles Gute, hau rein beim 100. Vasaloppet!!
Bitte gern! Jetzt werden die letzten Vorbereitungstage noch gut genutzt und dann sehen wir uns beim Vasaloppet!!