Jessica Diggins könnte man als Überraschung des Jahres bezeichnen. Die talentierte Amerikanerin hat in diesem Winter ihren Durchbruch geschafft mit einem zweiten Platz im Teamsprint Freistil in Mailand und einem fünften und zwölften Platz in Rybinsk in Massenstart Freistil und Skiathlon. Nur wenige Tage vorher zeigte sie eine sensationelle Prologzeit im Weltcupsprint in Moskau, wo sie die Schnellste war. Letzte Woche in Nove Mesto setzte Diggins ihre starke Leistung fort und die Läuferin aus Minnesota war die schnellste Schlussläuferin in der Staffel. FIS Cross-Country News sprach mit Jessie Diggins über die Saison und ihre Pläne für die Zukunft.
Du kommst aus Minnesota. Das ist keine traditionelle Langlauf-Hochburg, oder?
Jessica Diggins: Eine Menge Langläufer in den USA kommen von der Ostküste und Alaska, aber es gibt auch eine Menge Freizeit-Langläufer im Mittleren Westen. Im Laufe der Zeit gab es einige Athleten im US Ski Team, die aus Minnesota kamen.
Stammst du aus einer Langlauf-Familie?
Jessica Diggins: Ja, so ist es. Meine Eltern betreiben auch Langlauf. Wir sind fast jedes Wochenende laufen gegangen, als ich klein war. Es hat viel Spaß gemacht, eine tolle Möglichkeit draußen zu sein mit Familie und Freunden. In der Junior High und High School war ich im Schulteam und dann im Verein. Ich fing an, ernsthafter Langlauf zu betreiben, als wir zu Skandinavien-Cups und Junioren-Weltmeisterschaften reisten. Ich habe mehr und mehr im Sommer trainiert und auch im Herbst. Ich habe mich mehr und mehr auf den Sport konzentriert und wurde im letzten Herbst ins US Ski Team aufgenommen.
War es immer ein Traum für dich, im US Ski Team zu sein?
Jessica Diggins: Naja, als ich jünger war, dachte ich immer, es wäre cool, im US Ski Team zu sein, eines Tages bei den Olympischen Spielen zu laufen und bei Weltmeisterschaften. Es ist toll, Teil des Teams zu sein und mit Kikkan Randall zu trainieren. Ich hatte Poster von ihr in meiner ganzen Wachskabine – und habe es immer noch. Es ist toll, mit solchen Athleten zu trainieren und mit ihnen Rennen zu bestreiten.
Was ist das Geheimnis hinter der starken Performance der nordamerikanischen AthletInnen in diesem Jahr?
Jessica Diggins: Ich weiß es nicht! Es macht Spaß, dabeizusein. Für mich persönlich ist es so, dass ich besser laufe, wenn ich glücklich bin und Spaß habe. Wenn ich mich wohlfühle, werde ich immer besser. Im Team profitieren wir von den Leistungen der anderen. Als Devon seinen Sieg gefeiert hat, haben wir uns alle so sehr mit ihm gefreut und als Kikkan gewann, hat es uns sehr viel Auftrieb gegeben. Wenn eine Person aus dem Team gut läuft, freuen sich alle anderen mit. Und wenn man andererseits einen schlechten Tag hat, lässt es sich leichter verkraften, weil jemand anders aus dem Team sicherlich einen guten Tag hat.
Woher kommt deine Siegesserie? Du hast Nor/Am-Rennen gewonnen und bist nun stark im Weltcup?
Jessica Diggins: Ich hatte einen sehr guten Start in die Saison drüben in Nordamerika. Das war richtig cool, wie ich in die Saison reingekommen bin. Dann gab es keinen großen Erwartungsdruck, weil mich hier niemand kannte und niemand wusste, was von mir zu erwarten war. Niemand hat auf mich geachtet. Ich war nur irgendein nordamerikamisches Mädchen, das da auftauchte. Ich denke, ich laufe besser, wenn ich nicht so viel Druck habe und nicht so viele Erwartungen auf mir ruhen.
Aber inzwischen gibt es Erwartungsdruck?
Jessica Diggins: Ja, nun gibt es etwas mehr Druck. Wir werden sehen…
Was ist deine Lieblingsdistanz? Du hast in Moskau den Sprintprolog gewonnen, du warst Fünfte im Massenstart Freistil und Zwölfte im Skiathlon.
Jessica Diggins: Ich habe bisher keine Lieblingsdistanz. Ich mag alles. Besonders das Skaten, weil ich da kein Steigwachs brauche, aber eine besondere Streckenlänge bevorzuge ich nicht.
Was ist dein schönstes Erlebnis in diesem Jahr?
Jessica Diggins: Ich denke, der Teamsprint mit Kikkan in Mailand. Das war cool. Ich habe vorher noch nie einen Teamsprint bestritten. Es war eine Lernerfahrung für mich, auch wenn ich einige Male stürzte an diesem Tag. Mit Kikkan und Chandra und Perianne als zweitem nordamerikanischen Team auf dem Podium zu stehen – das war ein WOW-Moment.
Du bist noch sehr jung, was sind deine Langzeit-Ziele? Olympische Spiele? Weltmeisterschaften?
Jessica Diggins: Ich möchte einfach Spaß beim Skilaufen haben und es so weit wie möglich schaffen. An den Olympischen Spielen teilnehmen und an weiteren Weltmeisterschaften. Solange ich Spaß habe, werde ich weiter Langlaufrennen bestreiten.
Betreibst du auch anderen Sport?
Jessica Diggins: Ja, mache ich. Aber als es ernster mit dem Langlauf wurde, habe ich alle anderen Aktivitäten aufgegeben. Aber ich mag Crosslauf im Park und Fußballspielen mit meinen Freunden. Aber Langlauf ist der einzige Sport, in dem ich an Wettkämpfen teilnehme.
Was machst du zum Entspannen, wenn du nicht trainierst oder Wettkämpfe bestreitest?
Jessica Diggins: Ich lese viel. Ich habe so ein E-Book-Teil. Mit den Mädels im Team schauen wir TV-Shows oder spielen zusammen.
Du spielst auch Geige?
Jessica Diggins: Ich habe in der High School gespielt. Nun habe ich schon eine Weile nicht mehr gespielt, zuletzt in der High School. Ich war dort im Schulorchester. Wir haben mindestens eine Stunde am Tag gespielt klassische Musik gespielt. Das hat Spaß gemacht und war eine schöne Erfahrung.
Wie ist die Athmosphäre im Team?
Jessica Diggins: Manchmal bekommt man leicht Heimweh, wenn man eine Weile nicht zu Hause war. Manche unserer Jungs waren den ganzen Winter nicht zu Hause. So ist es wichtig, dass wir eine gute Chemie im Team haben und das haben wir wirklich. Es ist schön zu sehen, dass wir nicht nur ein Team sind, sondern uns auch wirklich mögen, wir unterstützen einander. Wenn jemand eine harte Zeit hat, versucht jeder zu helfen. Das macht alles viel leichter.
Was ist mit den bevorstehenden U23-Weltmeisterschaften? Sind die dein Ziel?
Jessica Diggins: Ja, im Herbst waren die U23-Weltmeisterschaften noch als Saisonhighlight geplant, aber nun lief es im Weltcup so gut, dass das nicht mehr sicher ist. Aber ich möchte da schon gern laufen. Das würde viel Spaß machen. Und es ist auch wichtig, mit den Junioren zusammenzusein. Manche Athleten vom US-Nachwuchs haben eine solche Reise noch nie gemacht und sind supernervös. Ich denke, ich werde dort antreten, wenn ich nicht krank werde oder ähnliches.
Was ist die schönste und die schlechteste Sache für dich im Langlauf?
Jessica Diggins: Ich hasse es wirklich, wenn ich keinen guten Grip habe, wenn ich nur rutsche und rutsche und rutsche. Das ist sehr frustrierend. Ich mag es dagegen sehr, wenn man im Rennen so richtig hart kämpfen kann. Es ist erstaunlich, wenn man sieht, zu welchen Höchstleistungen man seinen Körper treiben kann. Es ist toll, wenn man merkt, ‚Wow, ich bin schnell!‘ Ich betreibe Skilanglauf wegen dem Gefühl, schnell zu sein und den Körper ans Limit zu bringen. Das sorgt hinterher für ein gutes Gefühl.
Quelle: www.fiscrosscountry.com