Man erkennt ihn unter hundert Läufern im Weltcup-Feld ganz eindeutig an seinem Laufstil. Doch von sich Reden machte Anders Soedergren in den letzten Jahren mit seinem Kampf für die Wiedereinführung des Einzelstarts, mit teilweise klar widerlegbaren Argumenten.
Viel spannender und fairer
Viele erinnern sich noch an spannende Duelle, harte Kämpfe gegen sich selbst und die Distanz, sowie die „wahren“ Champions am Holmenkollen. Dann kommt für die Traditionalisten unter den Skilangläufern im Jahr 2005 ein herber Einschnitt. Bei der WM in Oberstdorf wird das 50 Kilometer Rennen zum ersten Mal mit Massenstart ausgetragen. Aufgrund der starken Schneefälle bleibt das Feld lange beisammen und erst auf der Zielgeraden entscheidet sich das Rennen. Ein Jahr später bei den Olympischen Spielen in Turin ist das Wetter zwar besser, der Rennverlauf aber ähnlich. „Langweilig“, rufen die Traditionalisten und in den kommenden Jahren werden die Rufe immer lauter. Oft in den Medien zitiert wird hierbei Anders Soedergren, der immer wieder vom fairen Einzelstart spricht, bei dem jeder gegen sich selbst laufen und nicht im Windschatten mitschwimmen kann. So sei das Rennen viel spannender und es passiere viel mehr auf der Strecke. Beim 50er mit Einzelstart würde also somit der wahre König des Skilanglaufs gekrönt. Außerdem wolle das Fernsehen ja nur den Massenstart, weil sich dieser leichter produzieren lasse, fügte er jüngst hinzu.
Standpunkte längst überholt
Nachdem die EBU (European Broadcasting Union), der Rechteinhaber für die WM 2015 in Falun, letztendlich für die Entscheidung zugunsten des Massenstarts gesorgt hat, kann man ihr schnell die Schuld in die Schuhe schieben. Ganz so leicht ist es aber nicht. Denn ein Massenstart ist keineswegs leichter zu produzieren als Einzelstartrennen, wie Soedergren meint. Während beim Einzelstart Kamerapositionen bei den Zwischenzeiten und im Start-/Zielbereich ausreichen, muss der Produzent der Bilder beim Massenstart die komplette Strecke mit Kameras abdecken. Das ist ein erheblicher Mehraufwand. Allerdings lässt sich ein Massenstartrennen deutlich besser abschätzen (man weiß ziemlich genau, wann der Sieger im Ziel ist) und einfacher ins Fernsehprogramm einbauen. Aber auch aus sportlicher Sicht gibt es Argumente die gegen den Standpunkt von Soedergren sprechen. 2003 bei der WM im Val di Fiemme war er es selbst, der den glücklichen Umstand nutzte, dass 30 Sekunden vor ihm sein Landsmann Joergen Brink startete. Bereits in der ersten Runde lief Soedergren zu seinem Staffelkollegen auf und beide „zogen“ sich im weiteren Verlauf zu Silber und Bronze, während andere Favoriten alleine unterwegs waren. Und das war beileibe kein Einzelfall in der Geschichte des Einzelstarts. Hier von Fairness zu sprechen, halte ich für sehr gewagt. Zehn Jahre später widerlegt ihm sein Teamkollege Johan Olsson an gleicher Stelle auch den Rest seiner Argumente. Der 50er mit Massenstart bei der WM 2013 war meiner Meinung nach das spannendste Rennen, dass es je im Langlaufsport gegeben hat (natürlich mit Ausnahme diverser Staffelrennen). Am Ende schafft es nach mehreren Attacken schließlich ein Ausreißer gegen das komplette Feld der Weltelite zu bestehen und den Titel zu gewinnen. Soedergren hat indes angekündigt, auf seine Heim-WM in Falun zu verzichten und stattdessen lieber im Skimarathon zu starten. Ob er dann dort auch den Einzelstart fordert? Ansonsten landet er wohl vom Regen in der Traufe. Denn gerade die Skimarathonläufer lieben den direkten Vergleich eines Massenstartrennens.
Deshalb meine Meinung zu diesem Thema, die gern diskutiert werden darf: Sollte ein Einspruch in den kommenden Jahren irgendwann einmal tatsächlich bestätigt und der 50er der Herren beziehungsweise 30er der Damen wieder im Einzelstart gestartet werden, so wäre das ein Rückschritt des Skilanglaufs in die Steinzeit. Und das wünschen sich hoffentlich nicht einmal die Traditionalisten!
Ein Kommentar von Mario Felgenhauer