„Sorry, aber meine Muskeln haben gestreikt“, gibt Thomas Freimuth leise zu Protokoll. Gerade hat er die 40. Runde für unser Team in Kelheim absolviert und damit den Kilometerstand auf über 650 geschraubt. Aber der Anschluss zur Spitzengruppe ist weg.
Kelheim ist für Außenstehende etwas völlig absurdes und der Reiz nur sehr schwer nachzuvollziehen. Wer quält sich nämlich schon freiwillig 24 Stunden ohne Schlaf auf dem Rennrad so oft wie möglich über eine 16,8 Kilometer Runde mit 180 Höhenmetern? Das von xc-ski.de unterstützte Team tat das bereits zum achten Mal in Folge. Aber auch Insider, die andere 24 Stunden Rennen kennen, werden irgendwann von der ganz besonderen Stimmung in Kelheim erfasst und mitgerissen. Und so war es für uns keine Frage, auch bei der 19. Auflage des Langstrecken-Klassikers westlich von Regensburg an den Start zu gehen. Dass wir mit dieser Entscheidung nicht allein waren, bewiesen die insgesamt 1.000 Teilnehmer, die entweder im Team oder als Einzelfahrer antraten, um wieder einmal eine leistungsmäßige Grenzerfahrung zu machen.
Wir hatten uns in diesem Jahr entschieden, kein Risiko einzugehen und setzten deshalb vermehrt auf Rennradler, nachdem wir im letzten Jahr etwas Pech mit unseren nordischen Promis hatten. So konnten wir schließlich auch das komplette nominierte Team vorweisen und mussten keine Fahrer kurz vor dem Rennen noch austauschen. Die Startliste versprach allerdings einen spannenden Kampf in der Herrenklasse, wo insgesamt sieben Teams zu den Top-Favoriten zählten. Nach Platz drei im letzten Jahr wollten wir erneut aufs Podium, aber uns war klar, dass das schwer werden würde. Dennoch gingen wir am Samstagmittag gut gelaunt an den Start. Angeführt wurde unser Team vom schnellsten Deutschen beim Vasalauf, Thomas Freimuth. Er war zum achten Mal in Kelheim mit dabei, also ein alter Hase was das Rennen betrifft. Zum fünften Mal verstärkte Mathias Flunger, erfolgreicher Ironman und Langläufer unsere Mannschaft. Und mit Sebastian Deckert, Martin Sommer und Florian Wirth vervollständigten drei sehr gute Radler das servershop24.de / xc-ski.de Team.
Pünktlich um 14 Uhr fällt der Startschuss am alten Kanalhafen und wie erwartet, geht es sofort in einem Höllentempo los. Die Bergwertung gewinnt Christian Oberngruber vom Ernstls Sport Team, das mit uns zusammen die Bayerwaldfraktion in der Spitzengruppe bilden sollte. Mathias hat alles unter Kontrolle und übergibt an vorderer Position auf Thomas. In den kommenden Runden kristallisiert sich immer mehr eine siebenköpfige Spitzengruppe heraus, die sich exakt so zusammensetzt, wie wir es erwartet hatten. Immer mal wieder wird das Tempo verschärft, aber kein Team lässt abreißen. Das ist mehr als ungewöhnlich. Normalerweise findet sich bis Einbruch der Dunkelheit eine maximal vier- bis fünfköpfige Gruppe an der Spitze. Mit sieben Teams durch die Nacht, das gab es bislang noch nie. Und natürlich wollen alle Teams die Gruppe irgendwie verkleinern. Gegen Mitternacht bekommen wir mit, dass man uns attackieren und loswerden will. Schnell besprechen wir eine Umstellung der Fahrer und winken Florian, der schon im Wechselbereich steht, wieder heraus. Nun muss Sebastian die Situation entschärfen, was der Ex-Profi mit Bravour macht. Er attackiert sogar selbst, es fährt nur keiner mit ihm mit. Und alleine hat man in Kelheim keine Chance wegzukommen. Wir stellen noch ein weiteres Mal um und finden die Ideallösung für jeden unserer Fahrer. Nun kommt jeder sehr gut mit seinen Gegnern zurecht und es geht weiter mit hohem Tempo durch die Nacht.
Langsam macht sich die Befürchtung breit, es könnte zu einem Massensprint kommen. Aber zwischen 6:30 Uhr und 7:00 Uhr am Morgen ändert sich das Geschehen für uns schlagartig. Thomas kann in der insgesamt 40. Runde der Tempoverschärfung seiner Kontrahenten nicht folgen und muss am höchsten Punkt abreißen lassen. Mit 2:10 Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe kommt er in den Wechselbereich. Er ist sichtlich geknickt, auch wenn man ihm keinen Vorwurf machen kann. Die anderen waren in diesem Moment einfach stärker. Er analysiert selbst, dass er wohl in den Runden zuvor zu viele Körner unnötig verbraucht hat, die ihm nun fehlten. Zum Glück ist der Abstand zu Platz acht bereits über eine Runde groß. Es droht also eigentlich keine Gefahr mehr, dass wir unseren siebten Platz verlieren. Außerdem besteht noch die Möglichkeit, dass weitere Teams aus der Spitzengruppe zurückfallen, die wir eventuell noch einmal einholen können.
Diese Hoffnung wird uns allerdings nicht erfüllt und so kämpfen wir weiter alleine zwischen den einzelnen Gruppen. Gegen Ende des Rennens werden wir dann noch von der Spitzengruppe überrundet. Zu sechst ist man halt deutlich schneller als im Alleingang. Leider schafft es auch das Ernstls Sport Team nicht, die anderen Mannschaften zu gefährden. Am Ende bleibt Platz fünf für die Truppe. Mathias wird die Ehre zuteil, die letzte Runde für unser Team zu fahren, in der er nicht locker lässt und noch einmal eine anständige Zeit auf den Asphalt knallt. Derweil bereiten sich die führenden Teams auf den Zielsprint vor, der eigenmächtig auf die Brücke vor der Einfahrt in die Altstadt gelegt wurde. Alles andere wäre eine Harakiri-Aktion geworden, bei der die Sturzgefahr ziemlich groß gewesen wäre. Auf der Linie war dann erneut das Merkur Druck Cycling Team vorne und verteidigte den Titel aus dem letzten Jahr vor der Kreissparkasse Kelheim und dem Team DerFreistaat.de.
In unserem Fahrerlager herrschte schließlich zwar keine so ausgelassene Stimmung wie im letzten Jahr, aber es war auch niemand unzufrieden. Wir hatten unser Bestes gegeben, mehr war aber einfach nicht drin. Vielleicht starten wir ja im nächsten Jahr noch einmal einen Anlauf, wenn das 20. 24 Stunden Rennen in Kelheim auf dem Programm steht!
Ein großer Dank geht wie immer an unsere Sponsoren und Partner. An erster Stelle ist dabei der Teamsponsor servershop24.de mit Hermann Rees zu nennen, der selbst im zweiten Team mit am Start stand. Ebenfalls ein großer Dank geht an unseren langjährigen Bekleidungspartner Löffler Premium Sportswear und Hermann Grundner. Materialtechnisch unterstützt hat uns dieses Mal Rudi Eberl mit seinem Sportgeschäft Radsport2000, der in Kelheim ansässig ist. Außerdem wollen wir alle unsere Betreuer nicht vergessen. Ohne Sabine, Thomas, Steffi, Andrea, Heinz und Brigitte wäre diese Mannschaftsleistung nicht möglich!