Die zehnte Tour de Ski im Rahmen des Langlauf Weltcups ist nach acht anstrengenden Wettkampftagen mit den Siegen von Therese Johaug und Martin Johnsrud Sundby zu Ende gegangen. xc-ski.de wirft noch einmal einen Blick zurück auf die letzten zehn Tage.
Johaug siegt dank gnädiger Jury
Therese Johaug hat die Tour de Ski mit deutlichem Vorsprung für sich entschieden. Ein Sieg, der allerdings auch für Diskussionen in den letzten zehn Tagen sorgte: Hätte die Jury die absolute Tour-Favoritin genauso behandelt wie alle anderen, wäre es noch einmal richtig eng geworden an der Alpe Cermis. Ursache sind einige Skatingschritte zu Beginn des Finals im Klassiksprint in Oberstdorf – andere Sportler erhielten wegen desselben Vergehens eine gelbe Karte, Niklas Dyrhaug wurde wegen der zweiten Gelben in der laufenden Saison sogar auf den 30. Platz zurückgestuft. Auch für seine Teamkollegin wäre es die zweite Verwarnung gewesen, nach langen Diskussionen im Juryraum mit Therese ließ man die Norwegerin jedoch unbestraft. Wegen ihrer Lage in der Gesamtwertung hatte in ihrem Fall eine dreiminütige Zeitstrafe im Raum gestanden. Damit wäre sie weit ins Hintertreffen geraten und hätte an der Alpe Cermis vom ersten bis zum letzten Meter alles geben müssen. Mehrere Langlaufkollegen, auch aus dem eigenen Team, äußerten sich in den Tagen nach dem Oberstdorfer Sprint kritisch zur gnädigen Juryentscheidung. Noch dazu, weil sich diese Situation leicht hätte vermeiden lassen: Die Norwegerin hätte nur vor der Tour de Ski bewusst die zweite gelbe Karte kassieren müssen – auch in einem FIS-Rennen! Insgesamt war Therese Johaug nicht so dominant wie erwartet: Im Massenstart auf der vorletzten Etappe riskierte sie alles und nahm als einzige der Top-Läuferinnen einen NoWax-Ski, der sich als die falsche Entscheidung entpuppte. Auch sonst hatte sie unerwart große Konkurrenz – in fünf der acht Etappen war Ingvild Flugstad Østberg besser platziert als sie.
Sundby wird nach Tour-Sieg überrascht
Martin Johnsrud Sundby lief ebenfalls mit deutlichen Vorsprung über die Ziellinie an der Alpe Cermis. Mit Ausnahme eines schwarzen Tages leistete er sich keine weiteren Schwächen und dominierte so die gesamte Tour de Ski. So konnte er mit dem größten Vorsprung aller zehn Tour de Ski-Austragungen in den Final Climb gehen und es zumindest im letzten Drittel ruhig angehen lassen. Im Ziel jubelte er und ließ sich feiern, bis er plötzlich seinen Namen hörte – es war seine Frau Marieke, die überraschend angereist war: „Das war die Überraschung des Tages. Ich habe jemanden rufen hören und habe die Stimme erkannt“, meinte der glückliche Sieger später gegenüber dem norwegischen Fernsehen.
Vier neue Sieger während der Tour
Wer vorher gedacht hatte, die Etappensiege würden vielleicht mit Ausnahme des Freistilsprints alle an Norweger gehen, durfte sich eines Besseren belehren lassen. Die Tour de Ski 2016 brachte sogar vier Athleten hervor, die dort ihren ersten Weltcupsieg feiern konnten – zwei davon kamen aus den USA. Los ging es mit Sophie Caldwell, die im Oberstdorfer Sprint triumphierte und es selbst nicht glauben konnte, bis Ida Ingemarsdotter ihr ein „You have won“ zurief. Die Freude war groß, die neben den Teamkolleginnen und anderen Sportlern auch die Eltern ihres Freundes im Zielraum mit ihr teilten. Simi Hamilton selbst konnte den Triumph nur krank vor dem Fernseher mitverfolgen. Wenige Tage später setzte Jessie Diggins mit ihrem ersten Weltcupsieg noch einen drauf – erneut ein Freudentag für den US-Skiverband und die wild herumhüpfende Jessie. Nur eine hatte wieder mit den Tränen zu kämpfen: Die immer sehr nah am Wasser gebaute Heidi Weng. Sie verpasste zweimal ihren ersten Weltcupsieg knapp, geschlagen jeweils von den US-Girls. Nach knapp 30 Podestplätzen war ihre Zeit dann endlich auf der siebten Etappe gekommen und die Norwegerin konnte ihren ersten Triumph feiern. Schon zuvor hatte sich ihr Ex-Freund Emil Iversen zum ersten Mal in die Siegerliste eines Weltcups eintragen lassen – wie Sophie Caldwell beim Sprint in Oberstdorf. Bei der Tour de Ski 2016 waren die Klassikspezialisten eindeutig im Vorteil. Manche bemerkten das erst im Laufe der Tour, denn auf den ersten Blick waren die Etappen mit viermal Klassik und viermal Skating gut verteilt. Sieht man sich aber die Distanzen an, wurde klar, dass Klassiker in diesem Jahr klar bevorteilt wurden. Nicht nur, was die Kilometer betrifft – auch um die Bonussekunden während des Rennens wurde deutlich öfter im klassischen Stil gesprintet.
10 Jahre Tour de Ski mit Northug und Böhler
Zehn Jahre Tour de Ski – Zeit, ein wenig zurückzublicken… Die Tour de Ski, ursprünglich eine Schnapsidee von Jürg Capol und Vegard Ulvang, die in Anlehnung an die Tour de France im Radsport so etwas auch für die Langläufer planen wollten. Nur wie die Tour am Ende noch einmal zu einer richtigen Herausforderung machen? Als Lösung wurde der Skihang zur Mittelstation der Alpe Cermis im Fleimstal ins Auge gefasst und schließlich fixiert. Wie das wirklich ablaufen sollte, wurde erst in der Nacht vor der Schlussetappe endgültig festgelegt. Maßgeblich daran beteiligt war der damalige DSV-Bundestrainer Jochen Behle, der am Abend noch einmal kritische Fragen an die beiden Erfinder stellte: Sollten die Athleten wirklich, wie es geplant war, mit Fellen unter dem Ski den Hang gerade hinaufstapfen? Schließlich überdachten Capol und Ulvang ihre Planung noch einmal, gelaufen wurde am nächsten Tag in den gewohnten Serpentinen und mit normalen Ski. Nur wenige Sportler waren schon bei der ersten Auflage am Start und sind es auch danach in jeder Saison gewesen: Bei den Damen ist Steffi Böhler die einzige Sportlerin, die immer zur Tour de Ski antrat, bei den Herren beendete Petter Northug sogar zehnmal die Tour de Ski an der Alpe Cermis – davon sechsmal auf dem Podium. Northug hat fast 30 Etappensiege auf seinem Konto, in diesem Jahr gewann er zum ersten Mal seit der ersten Austragung keine Etappe.
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