Am gestrigen Montag erschien in Norwegen Marit Bjørgens Biografie „Vinnerhjerte: Historien om Marit Bjørgen“, in der sie auch auf schwierige Zeiten eingeht, wie sie gegenüber dem NRK verriet.
Auffällige Dopingprobe bei WM in Lahti
Das Herz einer Gewinnerin („Vinnerhjerte“) zeigte Marit Bjørgen oft bei ihren zahlreichen Erfolgen im Laufe ihrer langen Karriere. Mit 15 gewonnenen Olympiamedaillen, darunter achtmal Gold ist sie die bisher erfolgreichste Winterolympionikin. Außerdem wurde sie 18 mal Weltmeisterin. Aber auch schwierige Zeiten verschweigt die 41-Jährige in ihrer von NRK-Journalistin Ingerid Stenvold geschriebenen Biografie nicht: So hätte ihre glorreiche Karriere 2017 einen schweren Rückschlag erleiden können, als ihre Dopingprobe nach den 30 Kilometern bei der WM in Lahti auffällig war, was der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt war. Wenige Wochen später erhielt sie einen Anruf des damaligen Teamarztes Petter Olberg, der sie mit seiner ersten Frage, ob sie allein sei und reden könne, sofort in Aufregung versetzte. „Olberg sagte, er habe eine Anfrage von der FIS bekommen. Die Doping Labor in Lahti hatte eine Auffälligkeit in der Urinprobe nach den 30 Kilometern gefunden. Sobald ich das gehört hatte, hatte ich sofort einen Knoten im Bauch und ich war wie gelähmt“, so Bjørgen, die in Tränen ausbrach. „Petter hat versucht, mich zu beruhigen. Dafür gäbe es sicher eine Erklärung, die FIS wolle nur eine Erklärung, was ich genommen hätte.“ In der Urinprobe hatten sich Spuren von 19-Norandrosteron (Nandrolon) gefunden, einem anabolen Steroid. Dass kein Dopingfall Marit Bjørgen bekannt wurde, liegt daran, dass sie glaubhaft versicherte, Primolut-N eingenommen zu haben. Dabei handelt es sich um ein Medikament, dass viele Leistungssportlerinnen nutzen, um ihren Menstruationszyklus nach hinten zu verschieben – wie hier auf einen Zeitpunkt nach Ende der Weltmeisterschaften. Dieses Medikament enthält den Wirkstoff Norethisteron, der im Körper zu 19-Norandrosteron abgebaut wird, so dass diese Substanz in Spuren in der Urinprobe zu finden war. „Ich musste gegenüber der FIS genau erklären, wie lange und an welchen Daten ich das Medikament genommen habe und wann am Tag ich diese drei Tabletten genommen habe“, sagte sie dem NRK. Nach „zwei Wochen durch die Hölle gehen“ konnte die Norwegerin endlich aufatmen und neue Motivation für ihre letzte Saison finden. Diese Situation war aber nicht das erste und einzige Mal, dass Marit Bjørgen wegen einer auffälligen Dopingprobe bangen musste: 2011 beim Weltcup in Drammen war ein Aufenthalt in der Höhe der Grund dafür, dass der Hämoglobingehalt im Blut zu hoch war. Eine Kontrolle im Urin brachte dann aber normale Werte, so dass die damals 30-Jährige aus dem Schneider war. Bei Analyse aller Hämoglobin-Werte kam zudem heraus, dass die Norwegerin einen von Natur aus relativ hohen Hb-Wert im Rahmen des Erlaubten hat, der durch den Aufenthalt in der Höhe über die erlaubte Grenze hinaus ging.
Dessert oder doch kein Dessert?
In ihren 20 Jahren im Nationalteam hat Marit Bjørgen auch eine Veränderung im Essverhalten festgestellt. Das sei zu Anfang der 2000er Jahre gewesen, als plötzlich jeder mehr darauf achtete, was und wie viel man aß. Als Veteranen wie Bente Skari, Anita Moen und Maj Helen Nymoen zurücktraten und junge Athletinnen nachrückten, hatten die eine andere Einstellung zum Essen: „Es gab Zeiten, wo kaum noch Dessert gegessen wurde und wo man sich überlegte, ob man das noch essen kann, wenn man sowieso schon die schwerste ist“, so Bjørgen, die schon immer mehr Muskeln als ihre Teamkolleginnen hatte. „Das gehört einfach zum Leistungssport dazu. Ich denke nicht, dass wir einfach davon loskommen. Leider!“ Wie sie selbst sagt, hat sie diese Gewichtsdiskussion ihre ganze Karriere begleitet, aber es wurde unterschiedlich viel darüber gesprochen. Marit Bjørgen ging jedoch ihren eigenen Weg, aß auch weiterhin ihr Dessert und hoffte, dass die anderen sahen, dass das nicht zu Lasten ihrer Leistung ging. Für sie wurde genau das das Rezept ihres Erfolges: „Wenn man sein Gewicht reduzieren will und vom richtigen Weg abkommt, kann man ganz mal schnell in die falsche Richtung abdriften. Als Leistungssportler trainierst du. Wenn du dich weiterentwickeln willst, dann musst du dich verbessern und wenn das Substanz haben soll, so ist man auch von der Ernährung abhängig. Das ist quasi dein Benzin.“ Die 41-Jährige ging einen anderen Weg als heutige Athletinnen und hatte in Bente Skari eine gute Lehrerin von der sich sie in der Hinsicht viel Gutes abschauen konnte. Sie macht sich besonders Sorgen um junge Athletinnen, die noch im Wachstum sind. Sie ist froh, dass sie in der Zeit aufgewachsen ist, in der sie aufgewachsen ist. „Wir im Nationalteam bekommen Unterstützung, wenn wir sie brauchen. Aber junge Mädels eifern ihren Vorbildern nach und das kann gefährlich werden. Man hört immer wieder von Athletinnen, die es nicht schaffen. Junge Talente, die auf Weg zum Profisport verloren gehen und sich ihre Karriere und ihr späteres Leben ruinieren.“
Sponsorenstreit mit dem Verband
Außerdem berichtet sie auch von einem Konflikt mit dem norwegischen Skiverband, den sie im Gegensatz zu Johannes Høsflot Klæbo, Therese Johaug und vor allem Petter Northug aber nicht in der Öffentlichkeit austrug. Bei Bjørgens Konflikt geht es um das Jahr 2015 und einen Sponsorenvertrag mit dem Ausrüster Craft. Damit war der Skiverband aber nicht einverstanden wegen dem Interessenskonflikt mit Bj (Dæhlie), dem Ausrüster des norwegischen Teams. Lediglich für Craft Handschuhe wurde ihr eine Zusammenarbeit gestattet. Wegen der Streitigkeiten wartete die Athletin mit ihrer Unterschrift unter den Verbandsvorschriften, wie es auch bei Northug damals der Fall war. Im Juni 2015 war sie mit dem Team im Trainingslager in Hemsedal, wo sie die Kolleginnen und die Presse über ihre erste Schwangerschaft informierte. Außerdem erhielt sie einen Anruf von Team Manager Vidar Løfshus, der wütend war, dass sie noch nicht unterschrieben hatte. Er sei sehr wütend und laut geworden und setzte sie unter Druck, damit sie unterschreibt, heißt es im Buch. Im Interview zur Buchveröffentlichung sagte Bjørgen, dass sie einen Anwalt wegen der Athletenvereinbarung beauftragt hatte, der aber zum Zeitpunkt des Anrufes noch keine Antwort des Verbandes zu ihrem Input erhalten hatte. Auch in dieser Situation rollten bei der Norwegerin wieder die Tränen, was sie aber auch auf die Emotionen wegen der Schwangerschaftshormone schob. Schließlich entschloss sie sich für die Unterschrift und blieb auch während ihrer Babypause ein Teil des Teams.