Daniel Richardsson hat den Favoriten ein Schnippchen geschlagen und sich mit einer Attacke am Hellner-Bakken kurz vor dem Stadion gegen den Lokalmatadoren Martin Johnsrud Sundby durchgesetzt. Alexander Legkov wurde Dritter.
Skiwechsel nach 16,6 Kilometern sorgt für Spitzengruppe
Wieder einmal hat die taktische Möglichkeit des Skiwechsels entscheidend zur Spannung eines Massenstartrennens beigetragen. Über die traditionellen 50 Kilometer am Osloer Holmenkollen, diesmal im klassischen Stil gelaufen, war der Osloer Lokalmatador Martin Johnsrud Sundby lange Zeit der dominierende Mann auf der Strecke. Während der ersten 25 Kilometer war er quasi der Einzige, der das Tempo immer hochhielt, erst in der zweiten Rennhälfte sorgte auch Alexander Legkov über viele Kilometer für Tempo. Eine Vorentscheidung führte jedoch die zweite Möglichkeit zum Skiwechsel herbei (die erste nach 8,3km hatten alle ausgelassen): Nach 16,6 Kilometern wechselte nahezu die komplette Spitzengruppe die Ski – nur Lukas Bauer lief weiter. Mit 20 Sekunden Vorsprung lief der Tscheche zunächst vor der Verfolgergruppe, die durch erhöhtes Tempo von Sundby aber innerhalb von knapp vier Kilometern wieder heranliefen. Mit Bauer, Sundby, Legkov, Daniel Richardsson und Iivo Niskanen führten nun fünf Athleten das Feld an. Diese Gruppe blieb trotz Sturzes von dem Schweden, der aber schnell wieder heranlief, bis etwa Kilometer 28 mehr oder weniger zusammen – dann musste der Tscheche die Segel streichen und fiel mehr und mehr zurück. Im Laufe des Rennens hatten sowohl Richardsson als auch Niskanen immer wieder mit Problemen zu kämpfen. Nach dem Skiwechsel bei Kilometer 33,3, den nahezu alle Läufer nutzten (Sundby hatte sogar zwei Paar Ski in seiner Box liegen), verlor auch Niskanen den Anschluss, konnte den Abstand aber zunächst einige Kilometer bei 15 Sekunden halten, bis er weiter zurückfiel.
Erste Entscheidung nach 47 Kilometern
So waren es also nur noch drei… Sundby und Legkov arbeiteten gut zusammen, Richardsson schien der Schwächste des Trios zu sein. Doch schon nach 47 Kilometern setzte der Norweger am Berg eine Attacke, der der Russe nicht mehr folgen konnte. Er lief für den Rest des Rennens einige Sekunden hinter den Führenden, bei denen Sundby weiter das Tempo hochhielt. Der Sieg vor seinem Heimpublikum schien sicher. Doch der Norweger hatte die Rechnung ohne den Schweden gemacht: Richardsson attackierte mit besserem Material nach dem Hellner-Bakken hinein ins Stadion und riss ein kleines Loch. Dieses konnte Sundby bis zum Ziel nicht mehr schließen, so dass der prestigeträchtige Sieg über 50 Kilometer klassisch am Holmenkollen an Richardsson ging. „Das Rennen war von Beginn an sehr schnell. Auch die Bonussprints haben geholfen, das Tempo zu erhöhen. Ich hatte einen kleinen Sturz in einer Abfahrt und ich habe einige Sekunden auf Martin und Alexander verloren. Dann habe ich mich entschlossen, es ruhiger angehen zu lassen und einige Kräfte für den Zielsprint zu sparen“, beschreibt der Schwede die letzten zwei Stunden. „Ich hatte einen schwierigen Sommer, aber ich habe immer daran geglaubt, dass ich noch gewinnen kann!“ Doch auch der Zweitplatzierte war nicht unzufrieden: „Ich freue mich sehr über meinen zweiten Platz. Ich habe wirklich versucht, den Sieg einzufahren, aber Daniel war stärker und schlauer als alle anderen. Im Zielsprint hatte ich keine Chance gegen ihn. Es ist ein toller Tag für mich, weil ich den Gesamtweltcup gewonnen habe“, meinte der Norweger, der unterwegs die meisten Bonuspunkte abräumte. „Ich habe versucht, in der zweiten Runde das Tempo zu erhöhen. Wir haben es geschafft, ein schönes Loch zu reißen.“ Hinter Sundby erreichte Alexander Legkov als Dritter das Ziel. „Ich bin etwas enttäuscht über den dritten Platz. Aber andererseits bin ich auch stärker in der freien Technik und der dritte Platz heute im Klassischen fühlt sich wie ein Sieg an“, meinte der Russe. Iivo Niskanen kam als Vierter 1:22 Minuten hinter dem Sieger ins Ziel, eine weitere halbe Minute später jubelte Lars Nelson über den fünften Platz knapp vor Eldar Rønning. Der Schwede hatte schon im ersten Renndrittel eine starke Leistung gezeigt, als er nach etwa zwölf Kilometern eine zehnsekündige Lücke zum Spitzenquintett im Alleingang zulief. Nach dem Skiwechsel konnte er das hohe Tempo jedoch nicht mehr mitgehen und er musste die Fünf ziehenlassen. Dmitry Japarov wurde guter Siebter noch vor Lukas Bauer, der sich aber dennoch im Ziel über sein gutes Rennen freute. Stanislav Volzhentsev, in der Frühphase des Rennens nach zwei Kilometern in Führung liegend zusammen mit Legkov und Sveen gestürzt, wurde Neunter vor Simen Håkon Østensen. Dario Cologna gab das Rennen mit Schmerzen im verletzten Knöchel nach 23 Kilometern auf.
Deutsche verlieren früh den Anschluss
Bester Deutscher in der Frühphase des Rennens war lange Zeit Thomas Bing. Der Thüringer ging den Wettkampf schnell an und versuchte, mit den Favoriten mitzuhalten. Das ging auf den ersten zehn Kilometern auch gut, dann musste der 23-Jährige aber dem hohen Tempo Tribut zollen. Als nach etwa elf Kilometern die ersten Lücken ins Feld rissen, verlor er wie auch alle seine Teamkollegen den Anschluss. Allerdings war ‚Bingo‘ noch bis Kilometer 30 bester Deutscher, bis er von Tobias Angerer und Tim Tscharnke überholt wurde. Auf den letzten 20 Kilometern lief Tim Tscharnke aus deutscher Sicht das mit Abstand beste Rennen, was ihm aber nicht mehr als Rang 32 mit 7:38 Minuten Rückstand einbrachte. Thomas Bing kam zwei Minuten später als 39. ins Ziel, die Nachwuchsläufer Florian Notz und Jonas Dobler belegten die Plätze 55 und 57 mit 14:55 und 16:20 Minuten Rückstand.
Angerer und Filbrich: Arm in Arm zusammen über die Ziellinie…
Ein schönes Bild boten Jens Filbrich und Tobias Angerer beim Überqueren der Ziellinie, die beide heute ihr letztes Weltcuprennen ihrer Laufbahn bestritten. Nachdem das Rennen für beide nicht so gut wie erhofft lief (vor allem Filbrich war schon auf den ersten zehn Kilometern immer am Ende der großen Gruppe zu finden), taten sie sich auf den letzten Kilometern zusammen und absolvierten ihre letzten Kilometer gemeinsam, da Angerer die Kräfte verließen. Das Ergebnis mit Platz 44 und 45 war da Nebensache – beide ließen sich im Stadion ausgiebig feiern und liefen Arm in Arm über die Ziellinie. Dort fielen Tobi als Erstes seine Kinder in die Arme, die Familien, Mannschaftskolleginnen und -kollegen sowie alle Techniker waren im Ziel zum Empfang vertreten. Angerer und Filbrich wurden vom Team jeweils mit einer mit Fotos geschmückten Sänfte aus dem Zielbereich getragen.
„Es ist unbeschreiblich“ und „Zeit zu gehen!“
„Es ist unglaublich, was meine Teamkollegen, die ganze Mannschaft, Techniker und Familie alles hier alles gemacht haben. Hier im Ziel haben sie gewartet und es war unbeschreiblich, mit dem Fibs zusammen ins Ziel zu laufen…“, meinte Tobi den Tränen nahe. „Es war ein hartes Rennen und ich habe gemerkt, jetzt ist es Zeit zu gehen. Es reicht jetzt. Heute war es von Anfang an sehr, sehr schwierig. Ich denke, ich habe auch nicht mehr die Form gehabt, die man braucht, um ganz vorn mitzulaufen. Aber ich habe es genossen. Es war unbeschreiblich, vor allem die letzte Runde. Die Leute haben gefeiert und jetzt im Ziel, das bedeutete mir sehr, sehr viel, mit dem Rennen hier aufzuhören und es war eine schöne Zeit.“ Fibs will an seinen Plänen für die Zukunft festhalten und dem DSV in einigen Jahres alles zurückgeben: „Einen besseren Abschied gibt es nicht. Wenn ich jetzt noch einmal umkehren würde, wäre ich selbst dran Schuld. Hut ab vor dieser Mannschaft, es war ein ganz feiner Abschied für mich und ich bin sehr glücklich, dass es hier so heute gelaufen ist. Ich werde jetzt drei Jahre in Köln die Ausbildung an der Trainerakademie in Angriff nehmen und dann hoffe ich, dass ich dem Deutschen Skiverband dann etwas zurückgeben kann für diese tollen Jahre und die große Unterstützung. Wie gesagt, da ist viel Herzblut dabei und das möchte ich auch zurückgeben.