Deutsche im doppelten Pech: Teamsprint-Olympiasiege an Norwegen und Finnland

Marit Bjoergen © NordicFocus/www.nordicfocus.com

Für die deutschen Teamsprinter hat es nicht zum sicher geglaubten Medaillengewinn bei den Olympischen Spielen in Sochi gereicht. Steffi Böhler und Denise Herrmann wurden knapp Vierte, Tim Tscharnke stürzte in Führung liegend, so dass er und Hannes Dotzler über Platz sieben nicht hinauskamen. Olympiasieger wurden die Mannschaften aus Norwegen und Finnland.

Halbfinale: Herrmann bricht ein

Das lief nicht so gut wie erhofft für die Deutschen. Im Halbfinale hatte Denise Herrmann mit überraschend großen Problemen zu kämpfen. Auf ihrer zweiten Runde kam die Schlussläuferin zwar zunächst etwas näher an die weit enteilten Finninnen heran, dann fiel die Oberwiesenthalerin aber wieder in die Verfolgergruppe zurück, beim Wechsel auf Steffi Böhler konnte sie nur den Kopf schütteln. Doch es sollte noch schlimmer kommen: Zunächst kam Steffi auf ihrer Schlussrunde besser zurecht als zuvor, setzte sich sogar wieder einige Meter aus der Gruppe ab. Doch Denise gelang es auf der Schlussrunde nicht mehr, mit den anderen mitzuhalten. Am Berg wirkte sie kraftlos, war dann stehend k.o., schaffte es aber noch, sich in der Abfahrt zu erholen und als Vierte ihr Halbfinale zu beenden, so dass das Duo über die Zeit ins Finale vorrückte. Nicht zu schlagen waren die Finninnen, die mit großem Vorsprung vor Polen und Russland gewannen. Im zweiten Halbfinale setzten sich mit Norwegen, Schweden und USA drei Favoriten-Teams ab und machten die Plätze unter sich aus. Neben den Deutschen konnten sich auch die Österreicherinnen Smutna/Stadlober dank einer starken Leistung von Katerina Smutna und die Schweizerinnen Gruber/Boner, die auf die grippekranke Laurien van der Graaff verzichten mussten, für das Finale qualifizieren.

Halbfinale: Deutsche Herren überlegen

„Ganz schön fertig jetzt!“, war Tim Tscharnke nach seinem Halbfinale, ganz anders lief das Rennen aber auch aus deutscher Sicht als bei den Damen, denn Hannes Dotzler und Tim Tscharnke dominierten ihr erstes Halbfinale völlig und gewannen trotz ruhigem Auslaufen mit großem Vorsprung vor Tschechien und der Schweiz. Norwegens Ola Vigen Hattestad brach völlig ein und dank einer starken Leistung seines Partners Petter Northug kam das Duo mit nur sieben Sekunden Rückstand als Vierter ins Ziel. Im zweiten Halbfinale lieferten sich fünf Mannschaften einen spannenden Kampf, den schließlich Finnland vor Russland und Schweden für sich entschied. Da der zweite Halbfinallauf deutlich schneller war, reichte es für die Norweger nur ganz knapp als Zehnter für den Einzug ins Finale.

Norwegen gewinnt, Deutschland knapp Vierter

Bei deutlich niedrigeren Temperaturen knapp über Null und 30 Zentimeter Neuschnee über Nacht waren die Norwegerinnen Ingvild Flugstad Østberg und Marit Bjørgen wieder ganz in ihrem Element, die Wachsprobleme der letzten Woche gehörten der Vergangenheit an. Nachdem sie sich im Habfinale noch etwas zurückgehalten hatten, drehte zumindest Marit Bjørgen auf ihren drei Runden richtig auf und holte bei jedem Umlauf einige Sekunden Abstand heraus. Ihre Landsfrau Invild Flugstad Østberg büßte dagegen im Vergleich zu der bärenstarken Aino Kaisa Saarinen immer leicht ein, was dennoch nichts am überlegenen Sieg der Norwegerinnen änderte. Das deutsche Duo bewegte sich nach dem schwachen Halbfinale immer zwischen Rang drei und fünf im Dreikampf mit Schweden (Ingemarsdotter/Nilsson) und Polen (Jaskowiec/Kowalczyk). Jaskowiec fiel auf der fünften Runde zu weit zurück, so dass die stark laufende Kowalczyk den Rückstand diesmal nicht aufholen konnte. Nachdem Stina Nilsson auf ihren ersten Runden nicht mehr so stark wirkte wie im Vorlauf, drehte die Schwedin auf der Schlussrunde noch einmal auf, lief zu Denise Herrmann auf und sprintete die Deutsche im Kampf um Bronze auf der Zielgeraden nieder – die dritte Niederlage im Zielsprint für die Führende im Sprintweltcup. „Wir haben schon im Vorlauf, als wir ins Ziel kamen, gedacht ‚Ach, du meine Güte! Was soll das heute nur werden?‘ Uns hat echt alles wehgetan. Im Hauptlauf ging es dann bei mir. Aber Denise hat immer so starke Form bewiesen vom Beginn dieser Weltcupsaison bis jetzt, dass ihr da ein bisschen die Körner fehlen. Das ist total menschlich. Wir haben eine Medaille und ich finde, wir haben den vierten Platz gewonnen und keine Medaille verloren“, meinte Steffi Böhler nach dem vierten Platz. „. Sie hatte sich das natürlich anders vorgenommen, wenn sie auf die Zielgerade kommt, dass sie es diesmal anders macht als die letzten zwei Wettkämpfe. Deswegen ist es hart für sie und sie braucht uns jetzt. Aber für das sind wir eine Mannschaft und wir werden sie schon wieder aufbauen.“ Fünfte wurden die Polinnen vor den im Finale enttäuschenden Russinnen Anastasia Dotsenko und Julia Ivanova. Die Schweizerinnen kamen als Siebte ins Ziel, das Duo aus Österreich belegte Platz neun.

Sturzpech: Von Olympiasieger Jauhojärvi zu Fall gebracht!

Es sah so gut aus für die deutschen Herren: Nachdem sie sich auf den taktisch gelaufenen ersten Runden immer gut positioniert hatten, wurde kurz vor dem vorletzten Wechsel das Tempo forciert. Initiator war ausgerechnet Petter Northug, dessen Teamkollege Hattestad immer wieder mit Problemen zu kämpfen hatte. Northug nutzte einen Stockwechsel oben am Anstieg zu einer Attacke, drehte sich aber schon im Stadion wieder zu den Konkurrenten um. Auf der Vorschlussrunde bestach Hannes Dotzler erneut durch eine erstklassige Form am Berg und gemeinsam mit vier anderen Läufern setzte sich der Allgäuer ab. Einer weiteren Attacke von Vylegzhanin fielen zwei weitere Läufer zum Opfer, so dass Russland, Deutschland und Finnland mit etwas Vorsprung zum letzten Wechsel kamen. Auf der Schlussrunde mühte sich Sprinter Nikita Kriukov, den Anschluss zu halten, während Tim Tscharnke in Führung liegend die Gruppe ins Stadion hinunterführte. In der Haarnadelkurve wurde der Thüringer nach außen getragen, Sami Jauhojärvi zog innen vorbei und fuhr Tscharnke beim Abschneiden des Weges über den Ski. Das brachte den DSV-Schlussläufer zu Fall, der dabei auch Kriukov noch schwer ins Wanken brachte. Zwar konnte der Russe den Sturz vermeiden, doch er verlor an Fahrt, so dass er den Finnen nicht mehr einholen konnte. Tscharnke war von dem Schneiden Jauhojärvis und dem daraus resultierenden Sturz so enttäuscht, dass er Sekunden brauchte, um sich aufzurappeln. Völlig frustriert lief er langsam ins Ziel, so dass die Bronzemedaille an die Schweden Emil Jönsson und Teodor Peterson ging. Die Norweger wurden Vierte vor den Cologna-Brüdern, den USA mit Hamilton/Bjornsen und dem deutschen Team. „An unserer Situation ändert das sowieso nichts, ob wir Protest einlegen oder nicht. Wenn dann würden die Finnen disqualifiziert werden, aber dass wir da irgendwie vorkommen, kann nicht der Fall sein. Von dem her ist es von unserer Situation relativ egal. So ist es halt, man muss es abhaken. Am besten nicht mehr lange drüber nachdenken und nach vorne schauen“, meinte Hannes Dotzler, der erst nach dem Raunen der Zuschauer auf den Sturz aufmerksam wurde. „Wenn man so sicher auf Kurs ist, muss man einfach auf Nummer sicher gehen und mehr Abstand halten zu seinem Gegner. Er hat nicht geguckt und ist mir über die Skispitzen gefahren. Ich hatte entsprechend Milchsäure im Bein und war nicht so standfest, dass ich das hätte ausbalancieren können. Es ist einfach… scheiße!“, meinte der enttäuschte Tim Tscharnke, während sein Kontrahent Sami Jauhojärvi in perfektem Deutsch erklärte: „Es ist ein Wechselbad der Gefühle – aber meistens sind es positive Gefühle. Ich war vor Tim Tscharnke, also denke ich, es war eine erlaubte Aktion. Wir waren zusammen mit Tim in der letzten Abfahrt. Dann hat er die Außenkurve genommen und ich war innen und dann haben sich unsere Spuren gekreuzt. Schade, dass wir etwas kollidiert sind und Tim ist gefallen. Das ist schade.“ Die deutsche Mannschaft legte zwar Protest ein, der das Ergebnis aber nicht mehr veränderte: Der Olympiasieg geht an Iivo Niskanen und Sami Jauhojärvi.