Laura Gimmler, Katharina Hennig, Pia Fink und Victoria Carl haben bei der Nordischen Ski WM in Planica wie vor einem Jahr in Peking die Silbermedaille in der Staffel der Damen gewonnen – diesmal hinter den Norwegerinnen Tiril Udnes Weng, Astrid Øyre Slind, Ingvild Flugstad Østberg und Anne Kjersti Kalvå. Bronze ging an die Schwedinnen.
Norwegen mit früher Vorentscheidung
Nach einem Blick auf die Aufstellungen war eines klar: Norwegen wollte es nicht auf einen Zielsprint ankommen lassen und vorher für die Entscheidung sorgen. Die sprintstärkste Athletin Tiril Udnes Weng lief Start und bestimmte zusammen mit Emma Ribom das Tempo. Astrid Øyre Slind bekam teilweise etwas Probleme – zu diesem Zeitpunkt waren aber nur noch vier Teams zusammen. Für die Vorentscheidung sorgte schon Ingvild Flugstad Østberg, indem sie zuerst die kleine Lücke schloss und dann vor dem höchsten Punkt attackiert und damit sogar Frida Karlsson in Schwierigkeiten brachte. Bei letzten Wechsel betrug der Abstand auf das DSV-Team zwar nur sechs Sekunden sowie 14 und 21 Sekunden auf Schweden und Finnland, aber Schlussläuferin Anne Kjersti Kalvå konnte mit einem konstant hohen Tempo den Vorsprung weiter vergrößern und souverän zu ihrer ersten Goldmedaille laufen.
Schweden sprintet zu Bronze
Silber holte das deutsche Quartett mit Laura Gimmler, Katharina Hennig, Pia Fink und Victoria Carl vor den Schwedinnen Emma Ribom, Ebba Andersson, Frida Karlsson und Maja Dahlqvist, die in der Ausscheidung im Einzelstart besser zurecht kam als die bisherige Schlussläuferin Jonna Sundling. Dahlqvist nahm nach dem Wechsel zunächst Vici Carl in den Fokus merkte aber nach der Hälfte des Anstiegs, dass sie sich übernommen hat. Krista Pärmäkoski konnte aufschließen, ging vorbei und die Schwedin konnte sich im Windschatten ausruhen, so dass sie vor dem Stadion wieder attackieren konnte und ihrem Team Bronze einbrachte. Für Johanna Matintalo, Kerttu Niskanen, Eveliina Piippo und Krista Pärmäkoski blieb der vierte Platz, vor den USA, die eine Minute später das Ziel erreichten und als Medaillenkandidaten über Rang fünf nicht hinauskamen. Schon Startläuferin Hailey Swirbul hatte den Anschluss verloren, Rosie Brennan konnte die Lücke nicht verkürzen, verlor auch wegen eines Sturzes mit Stockbruch weiter Zeit und Jessie Diggins musste ihre Aufholjagd abblasen. Nachdem sie zehn Sekunden gutgemacht hatte, musste sie das Tempo reduzieren und büßte wieder zehn Sekunden ein. Für Sprinterin Julia Kern allein war nichts mehr zu holen. Das Schweizer Team mit Anja Weber, Nadine Fähndrich, Lea Fischer und Alina Meier verlor früh den Anschluss und belegte Platz zehn von 13 Teams mit mehr als vier Minuten Rückstand. Nur Fähndrich konnte den Abstand einigermaßen konstant halten.
Gimmler versteckt sich und hält Kontakt
Die Staffel fand unter schwierigen Wachsbedingungen statt. Bis 12 Uhr hatte es bei 0°C noch leicht geschneit, so dass erst kurz vor dem Start entschieden wurde, ob die Athleten mit No Wax oder gewachsten Ski antreten. Es herrschte eine angespannte Stimmung im Wachstruck. Die Strecke war fest, aber es spiegelte teilweise leicht auf. Laura Gimmler startete mit No Wax und dem Glückbringer von Ersatzläuferin Coletta Rydzek, einen eingeflochtenen schwarz-rot-goldenem Band im Haar, das alle vier Damen trugen. Auf den ersten fünf Kilometern lief alles nach Plan und Laura Gimmler kam zufrieden zum ersten Wechsel: „Es war eine Runde, vor der ich viel Respekt hatte. Ich habe mich so lange es geht versteckt und geschont. Meine Aufgabe war, Kontakt zur Spitze zu halten.“ Der Plan ging voll auf, was auf der schweren Runde mit 1,8 Kilometern Anstieg fast ohne Unterbrechung vom tiefsten zum höchsten Punkt gar nicht so leicht war. Dazu die Wachsbedingungen: „Bei den Bedingungen ist Wachsen schwierig“, sagte Gimmler, die ohne Wachs lief: „No Wax verhindert, dass Neuschnee anklebt und man stehenbleibt.“ Laura Gimmler hatte am Sonntag nach dem Teamsprint im xc-ski-Interview noch gesagt, sie wolle am liebsten erst am Wochenende wieder laufen – also die 30 Kilometer. Aber sie wisse, „was der Trainer dazu sagt“, sagte sie. Nachdem sie aber wie erwartet doch nominiert wurde, freute sie sich doch auf den Start und die Chance auf ihre erste Medaille.
Andersson, Niskanen und Hennig greifen an
Nach dem Wechsel auf Katharina Hennig wurde das Tempo durch Ebba Andersson sofort verschärft, aber alle vier Teams blieben zusammen. Auch als Kerttu Niskanen im oberen Teil des Anstiegs attackierte, verlor niemand den Anschluss. Teamchef Peter Schlickenrieder war zufrieden mit seinen Damen: „Katha hat richtig gute Ski, Laura auch schon. Das zeigt die Klasse der Techniker. Beide Damen haben ein tolles Rennen gemacht. Gleich kommt noch ein kleiner gemeiner Schlussanstieg, wo sie sich nicht abhängen lassen darf. Slind und Niskanen haben Probleme, das ist ein gutes Zeichen.“ Nach der Stadionpassage wenige hundert Meter vor der Wechselzone ging Katharina Hennig an die Spitze und attackierte nach der engen Kurve, genau wie sie es sich vorgenommen hatte. „Ich habe die Renneinteilung gut getroffen. Der Fünfer ist immer mit Vorsicht zu genießen. Es ist eine knallharte Strecke. Ich hatte mir vorgenommen, an dem Schnapper, wo alle aus der Spur rausmüssen, zu attackieren. Wir haben super Ski und auch Laura hat ein super Rennen gemacht“, freute sich Hennig, die Pia Fink noch ein paar Sekunden Vorsprung auf Norwegen und Schweden mitgeben konnte: Just in dem Moment, als Hennig angriff, stolperte Ebba Andersson hinter ihr, ging auf die Knie und brach sich den Stock. Dabei hielt sie Niskanen und Slind auf, aber die Finnin konnte schnell wieder an die Deutsche heranlaufen.
Fink folgt Østberg
Nach dem Wechsel auf die erste Skaterin Pia Fink war die Lücke von acht Sekunden aber schnell wieder geschlossen, weil Frida Karlsson furios anging und auch im Anstieg weiter Tempo machte. Dafür musste sie später bezahlen und konnte nicht mehr mitgehen, als Ingvild Flugstad Østberg das Tempo kurz vor dem höchsten Punkt verschärfte. Eine Lücke ging auf und Fink steckte hinter Karlsson fest. „Geh vorbei, Attacke!“, rief Schlickenrieder ihr zu, was sie auch kurz darauf tat. Bis zum Wechsel wurden die Abstände größer, die Norwegerin wechselte sechs Sekunden vor Pia Fink, 14 Sekunden vor Karlsson und 21 Sekunden vor Piippo. Pia Fink war dennoch absolut zufrieden mit ihrem Rennen und konnte es auch sein. „Das hätte ich nie geglaubt“, sagte sie während des Rennens. „Ich war voll drauf eingestellt, dass Karlsson richtig Druck machen wird und mein Plan war dranzubleiben. Das es so ausgeht, hätte ich nie gedacht. Ich habe gemerkt, dass ich richtig gute Ski habe und das wollte ich dann in der Abfahrt ausnutzen. Wir wussten, dass das hier unsere Chance ist und nun hoffen wir, dass was rauskommt. Mein Puls ist heute deutlich höher, auch schon als Laura und Katha gelaufen sind“, sagte Fink, die wie Gimmler in Peking nicht zum Staffel-Quartett gehörte.
Carl sichert erste WM-Medaille seit zwölf Jahren
Nun mahnte der Teamchef zur Vorsicht: „Es ist spannend, wichtig ist, dass Vici ruhig bleibt. Sie darf nicht auf Biegen und Brechen die Lücke schließen, sie muss ihr eigenes Rennen machen und ruhig bleiben.“ Tatsächlich wurde der Abstand nach vorn immer größer, Norwegen lief der Goldmedaille entgegen. „Sechs Sekunden nach vorne und sechs Sekunden nach hinten“, bekam Victoria Carl zu hören, die aber schon oft sagte, dass sie sich im Tunnel befindet und meistens nichts hört. Tatsächlich waren die Abstände aber schon größer und wuchsen bis zum Ziel weiter an, obwohl Carl ab Mitte des Anstiegs das Tempo erhöhte und sich auch weiter von den Verfolgerinnen absetzte. Im Ziel jubelte das Team über die Silbermedaille mit 20 Sekunden Rückstand auf Norwegen. Über ihre Taktik sagte Victoria Carl: „Ich habe mich vor allem darauf konzentriert, nicht so schnell anzugehen. Ich glaube, das war hier auch genau das Richtige. Mich hat das sehr motiviert, dass wir so gute Ski haben, dass die anderen Mädels zu stark gelaufen sind und dass die Pia im richtigen Moment nochmal angezogen hat, um mir dann nur ganz knapp hinter Norwegen zu übergeben, war richtig gut. Ich glaube, bei mit war es die Lockerheit, dass ich mich darauf konzentriert habe, nicht zu schnell anzugehen und technisch sauber zu laufen“, so die Thüringerin. „Ich habe mir die ganze Zeit gesagt: Ruhig bleiben, locker bleiben, nicht die Lücke zulaufen. Nicht auf Zwang zulaufen. Ich glaube, durch das letzte Jahr habe ich extrem an Selbstsicherheit gewonnen und dadurch auch taktisch einen Schritt nach vorne gemacht.“
Deutsche Damen glückliche Vize-Weltmeisterinnen
Das ganze Team war überglücklich über die Wiederholung des Silber-Erfolgs von Peking. Laura Gimmler kämpfte nach dem Gewinn ihrer ersten Medaille mit den Tränen: „Das ist schwer zu glauben, das muss ich nun erstmal sacken lassen. Das letzte Mal, als ich auf dem Podium stand, hat es nicht gezahlt. Mir wurde versichert, heute zählt es“, sagte sie, worüber ihre Staffel-Kolleginnen lachten. „Sobald ich die Medaille habe, glaube ich es dann auch wirklich.“ Katharina Hennig sagte: „Das ist der schwerere Part, so eine Leistung zu bestätigen. Das war jetzt die viel größere Aufgabe für uns. Es wurde jetzt ein bisschen mehr erwartet und ich glaube aber, dass wir an Selbstbewusstsein einfach dazu gewonnen haben im letzten Jahr und mit viel Spaß heute in das Rennen gegangen sind. Ich hatte das Gefühl, wir waren alle relativ locker für die Aufgabe, die wir heute hatten und ich bin sehr sehr stolz auf unsere Mannschaft, alle die auch drumrum dranhängen, die Ersatzläuferinnen, das Team, die Techniker haben alle super Arbeit geleistet und sind jetzt sehr sehr glücklich.“ Auch Peter Schlickenrieder war mit seinem Team rundum zufrieden: „Ich freu mich riesig, man merkt, dass das Team immer mehr zusammenwächst und im Endeffekt so einen Erfolg vom letzten Jahr zu wiederholen, das ist einfach großartig“, sagte er in der ARD. Im xc-ski.de Interview erklärte er, er sei skeptisch gewesen wegen der Skiwahl: „Laura und Katha sind beide mit No Wax gelaufen und ich hätte gesagt, No Wax ist nicht unsere Stärke, weil da braucht man viel Zeit, die Wachsler immer dabei, aber die haben wir nicht immer dabei, weil wir ein kleines Wachs-Team haben. Die Norweger sind in doppelter Besetzung unterwegs und können solche Spezialbedingungen testen, das können wir nicht, weil wir unsere Mannschaft hier zwei Wochen im Vollfeuer haben und keine Zeit haben, da noch extra Dinge zu testen. Darum war das auch wieder ein Beweis für den Weitblick von Lukas Ernst und seinem Team.“ Außerdem setzte das DSV Team eine schöne Serie fort: Bei der Silbermedaille in Peking war es Schlickenrieder, der Geburtstag hatte, bei Katharina Hennigs Sieg im Val di Fiemme war es Chef-Techniker Lukas Ernst. Heute wurde Mentaltrainer Oskar Handow 50 Jahre alt, ist jedoch wegen Krankheit nicht vor Ort.
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