Deutsche Langlauf Herren holen überraschend Staffel-Bronze in Planica

Janosch Brugger (GER), Friedrich Moch (GER), Jonas Dobler (GER), Albert Kuchler (GER), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

Albert Kuchler, Janosch Brugger, Jonas Dobler und Friedrich Moch haben das Unmögliche möglich gemacht und nach zwölf Jahren erneut Bronze mit der 4×10 Kilometer Staffel bei der Nordischen Ski WM in Planica gewonnen. Gold ging völlig ungefährdet an die Norweger Hans Christer Holund, Pål Golberg, Simen Hegstad Krüger und Johannes Høsflot Klæbo, Silber an Finnland.

Vorentscheidung nach zwei Kilometern

Hans Christer Holund (NOR) © Modica/NordicFocus

Anders als befürchtete gab Hans Christer Holund nicht vom Start Vollgas, aber dennoch bildete sich nach drei Minuten schon die erste Lücke. Später sagte er bei Eurosport: „Der Plan war es, die Gruppe zu kontrollieren. Nach zwei Kilometern habe ich mich stark genug gefühlt und habe das Tempo erhöht. Ich wollte versuchen, die anderen abzuhängen. Aber ich war überrascht, dass es direkt geklappt hat. Dann habe ich direkt weitergemacht.“ Die anderen Nationen ließen den Norweger laufen, nur der Japaner Ryo Hirose, dreifacher Universiade-Sieger, sorgte für japanische Kamerazeit und machte sich nach dem höchsten Punkt auf die Verfolgung. Holund hielt den Abstand konstant bei knapp 20 Sekunden auf die Gruppe, wo die anderen Athleten sich belauerten und auch kein allzu hohes Tempo anschlugen. Dennoch wurde der Japaner im langen Anstieg der zweiten Runde ein- und überholt. Holund und nach dem Wechsel auch Golberg kontrollierten das Tempo auf die Gruppe, aus der schließlich Iivo Niskanen angriff. Zunächst machte der Finne zehn Sekunden gut und lief bis auf 18 Sekunden heran, büßte auf der zweiten Runde aber wieder ebenso viel Zeit ein – die Gruppe dahinter noch deutlich mehr. Beim zweiten Wechsel betrug Finnlands Rückstand 24 Sekunden, die Vierergruppe lag 1:02 Minuten zurück und Janosch Brugger, dem der lange Anstieg zu schaffen machte, weitere 18 Sekunden dahinter.

Klæbo und Krüger bereits dreimal Gold

Hans Christer Holund (NOR), Paal Golberg (NOR), Simen Hegstad Krueger (NOR), Johannes Hoesflot Klaebo (NOR), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

In der zweiten Rennhälfte ließ die Gruppe Norwegen, aber auch Finnland, einfach laufen und konzentrierte sich auf den Kampf um Bronze. Simen Hegstad Krüger baute den Vorsprung noch etwas aus, konnte es aber wie Johannes Høsflot Klæbo ruhig angehen lassen und sich feiern lassen am dem Weg zum erneuten Staffel-Gold. Damit haben Krüger und Klæbo jeweils drei Goldmedaillen auf dem Konto und können über 50 Kilometer jeweils noch nachlegen. Klæbo zog aber nach WM-Gold mit Bjørn Dæhlie gleich mit jeweils neun Goldenen. Beim letztem Mal, als Norwegen nicht Staffel-Weltmeister wurde, war Johannes Høsflot Klæbo erst zwei Jahre alt – im Jahre 1999 gewann Österreich den Titel. Finnland konnte den von Iivo Niskanen herausgelaufenen Vorsprung zwar nicht halten, Perttu Hyvärinen und der 20-jährige Niko Anttola verloren aber weniger als die Gruppe hinter ihnen, so dass das Quartett Silber ins Ziel rettete vor den heranstürmenden Verfolgern, die Anttola erst auf der Zielgeraden das erste Mal sahen.

Devise: „Solange wie möglich mithalten“

Janosch Brugger (GER) © Modica/NordicFocus

Für das deutsche Team wurde die Parole ausgegeben, möglichst lange mit der Gruppe mitzugehen. Albert Kuchler, erstmals Startläufer in einem so wichtigen Rennen, war recht zuversichtlich vor dem Rennen: „Die Strecken liegen mir auf jeden Fall. Natürlich hat man Respekt, weil sehr sehr gute am Start stehen werden. Ich denke, dadurch dass die Runde so hart ist, dass vielleicht de ersten ein zwei Berge noch dosiert gelaufen werden, aber spätestens in der zweiten Runde wird es richtig abgehen.“ Die Hoffnung erfüllte sich, zumindest was die Gruppe hinter Norwegen betrifft, und der 24-Jährige, der nicht genug Steigwachs aufgelegt hatte, hielt mit Mühe mit zum Wechsel mit den anderen sieben Teams mit und schickte Janosch Brugger ins Rennen, der sich über die Nominierung freute, „denn da ist endlich auch wieder meine stärkere Technik zu laufen, darum bin ich da auch safe.“ Leider lief es bei dem 25-Jährigen nicht so gut, denn er musste schon im Anstieg der ersten Runde eine Lücke aufgehen lassen. Zwar konnte er in der Abfahrt wieder aufschließen, in der zweiten Runde geschah es aber erneut, so dass er mit 18 Sekunden Rückstand auf die Vierergruppe mit Frankreich, Schweden, Schweiz und Kanada an Jonas Dobler übergab.

Dobler und Moch sichern Bronze

Friedrich Moch (GER), Janosch Brugger (GER), Jonas Dobler (GER),Albert Kuchler (GER), (l-r) © Modica/NordicFocus

Jonas Dobler hatte eine große Aufgabe vor sich, schloss die Lücke nach vorn aber überraschend schnell, weil das Tempo in der Gruppe wieder nicht sehr hoch war. Würde er für das Tempo bezahlen. Jonas Dobler reihte sich in der Mitte der Gruppe ein und ging danach jede Tempoverschärfung mit. Der 31-Jährige lief ein bärenstarkes Rennen und war als zweitschnellster Läufer dieser Runde nur zwölf Sekunden langsamer als Krüger. 30 Sekunden hinter Finnland kam die Vierergruppe zum letzten Wechsel. Aber auch diesmal versuchte die Gruppe nicht, Zeit auf den jungen Finnen gutzumachen. Das Tempo erhöhte sich nur, wenn Jules Lapierre das Tempo erhöhte, was Calle Halfvarsson sofort zu schnell wurde. Der Schwede war auf diesen schwierigen Strecken doch wieder als Schlussläufer aufgeboten worden, obwohl er diesen Posten eigentlich nach Toblach offiziell an Edvin Anger abgetreten hatte. Immer wieder setzte der Schwede sich an die Spitze der Gruppe, um das Tempo zu verlangsamen, da er schon in der ersten Runde vor der Kuppe nicht mehr mitgehen konnte. In der zweiten Runde war es dann bei Friedrich Mochs Tempoverschärfung und Lapierres Attacke um Halfvarsson und den Kanadier geschehen. Nun kämpften nur noch zwei Athleten um Bronze und der junge Deutsche ging vor der Stadionpassage vorbei, um am „Schnapper“, wie Hennig den letzten Anstieg nannte, vorne zu sein. Die Führung gab der 22-Jährige auch im Zielsprint nicht mehr her und fiel seinen emotionalen Teamkollegen jubelnd in die Arme. Das französische Team, das erst nach Bekanntwerden der norwegischen Aufstellung eine Startreihenfolge festgelegt hatte mit Richard Jouve auf der ersten Position, wie der Franzose im Eurosport-Interview erklärte, hatte sich verpokert: Am Schluss hätte man noch einen schnellen Mann gebraucht gegen Moch, was aber ein Glück für Deutschland war. Für sie blieb diesmal nur der vierte Platz in der Zusammensetzung Richard Jouve, Hugo Lapalus, Clement Parisse und Jules Lapierre. Die Kanadier Xavier McKeever, Antoine Cyr, Graham Ritchie und Olivier Leveille wurden erstklassige Fünfte noch vor den Schweden Johan Häggström, Jens Burman, William Poromaa und Calle Halfvarsson. Die Schweizer Beda Klee, Jonas Baumann, Candide Pralong und Cyril Fähndrich hielten lange mit der Gruppe mit, fielen durch Pralong dann aber weit zurück und belegten Platz acht vor Italien, die schon durch Dietmar Nöckler Stockbruch erlitten und den Anschluss verloren und dann durch Skibruch von Francesco De Fabiani aussichtslos zurückfielen.

Gutes Omen: Deutsches Team zündet Rakete

Janosch Brugger (GER), Friedrich Moch (GER), Jonas Dobler (GER), Albert Kuchler (GER), (l-r) © Thibaut/NordicFocus

Für das deutsche Team begann der Tag gut mit einer symbolischen Rakete und endete mit einer phänomenalen Bronzemedaille. Teamchef Peter Schlickenrieder strahlte nach dem Erfolg über das ganze Gesicht: „Wir haben heute die Teamrakete gestartet. Unsere Team-Assistentin Wenke Hölig hat heute ein Überraschungsei aufgemacht und hat genau diese Rakete da drinnen gefunden. Das ist ein Zeichen gewesen, der Tag ist schon gut losgegangen. Super super geil!“, jubelte er. „Das freut mich für die ganze Trainermannschaft, für die ganzen Wachsler… Das war heute wieder super schwierig und sie haben meiner Meinung nach wieder einen super Job gemacht. Das braucht es einfach und eine risikovollere Aufstellung auch mal aufgeht, wo man dachte, die sind schon weg, hat Jones [Jonas Dobler] es mit einer Hammerleistung zugelaufen. Frie [Moch] ist cool geblieben, hat taktisch alles richtig gemacht, auf Sicherheit und dann diese Bronzemedaille mit nach Hause nimmt. Geile Geschichte!“ Janosch Brugger hat es noch einmal unfreiwillig spannend und sagte später im Sportschau Studio: „Das war auf jeden Fall nicht der Plan. Ich war nach dem Rennen ein bisschen geknickt, weil ich die Gruppe nicht halten konnte, aber ich habe mir die FIS-Zeit angeschaut und es war ein normales Rennen. Es war nicht sonderlich gut und nicht sonderlich schlecht. Am Ende hat es ja gereicht, von demher alles okay.“ Jonas Dobler erklärte: „Wir waren alle bis in die Haarspitzen motiviert und haben uns viel vorgenommen, weil wir gewusst haben, dass es heute möglich ist und dass es nicht nur ein absolutes Hirngespinst ist. Gegen die Norweger etwas auszurichten, ist unmöglich, aber es sind noch zwei andere Plätze auf dem Podium frei. Darum streiten sich mehrere Nationen und eine davon wollten wir sein. Absolut traumhaft, wie das dann ausgegangen ist!“ Heute Abend geht es mit den Mädels zur Siegerehrung – und danach wird gefeiert, bevor dann noch die 30 und 50 Kilometer anstehen. „Heute Abend geht auf jeden Fall der ganze Abend auf mich!“, so Janosch Brugger. 

=> Ergebnis 4×10 Kilometer Staffel Herren

 

 

Langlauf WM zum Nachlesen

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Stammtisch und Interviews

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=> Interview mit Laura Gimmler nach dem Sprint der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> Interview mit Janosch Brugger nach dem Sprint der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> Interview mit Friedrich Moch nach dem Skiathlon der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> Interview mit Katharina Hennig nach dem Skiathlon der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> Interview mit Laura Gimmler und Victoria Carl nach dem Teamsprint der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> Interview mit Friedrich Moch und Janosch Brugger nach dem Teamsprint der Nordischen Ski-WM Planica 2023
=> xc-ski.de WM Stammtisch 2023 mit DSV Langlauf-Cheftechniker Lukas Ernst und Simon Kronbichler von HWK
=> xc-ski.de WM Stammtisch 2023 mit Pia Fink und Tobias Angerer
=> Interview mit Peter Schlickenrieder nach der Damenstaffel der Nordischen Ski-WM Planica 2023

 

 

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