In einer Pressekonferenz hat die Staatsanwaltschaft München 1 Angaben zum aktuellen Ermittlungsstand im Doping-Skandal von Erfurt gemacht. Demnach wird aktuell gegen 21 Athleten ermittelt.
Staatsanwalt nennt keine Namen
Im Rahmen der Pressekonferenz, die zum zehnjährigen Bestehen der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Dopingvergehen stattfand, ging der ermittelnde Oberstaatsanwalt Kai Gräber insbesondere auf die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Razzien Ende Februar in Erfurt und Seefeld ein. Der sich in Untersuchungshaft befindliche hauptbeschuldigte Erfurter Sportmediziner Mark S. wurde in der Zwischenzeit vernommen. Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte Gräber aber keine genauen Angaben dazu machen, was Mark S. zu Protokoll gegeben hat. „Insbesondere auch nicht dazu, welche Athleten konkret betroffen sind, oder aus welchen Nationen diese stammen. Die Angaben seien äußerst umfangreich, müssten aber erst auf ihre Stichhaltigkeit, auf ihre Glaubhaftigkeit, auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit überprüft werden“, so Gräber.
Fünf Sportarten betroffen
Allerdings gab der leitende Oberstaatsanwalt den ungefähren Umfang der Ermittlungen bekannt. Zum derzeitigen Stand der Ermittlungen stehe fest, dass „Eigenblutdoping an 21 Athleten und Athletinnen ermittelt werden konnte. Diese stammen aus acht verschiedenen europäischen Nationen“, erklärte Gräber. „Der Zeitraum erstreckt sich von Ende 2011 bis zur WM in Seefeld 2019“. Konkrete Nachfragen, ob deutsche oder weitere österreichische Athleten betroffen sind, wollte er jedoch nicht beantworten. Das Doping-Netzwerk habe weltweit agiert und eine dreistellige Anzahl an Blutentnahmen und Rückführungen durchgeführt. „In Deutschland, Österreich, Italien, Schweden, Finnland, in Estland, in Kroatien, Slowenien aber auch in Südkorea und auf Hawaii“, führte Gräber weiter aus. „Es sind fünf verschiedene Sportarten betroffen, von denen drei dem Wintersport zugerechnet werden können.“ Auf Nachfrage schloss er laut „Der Standard“ die Nordische Kombination aus, womit sich die Ausdauersportarten, die neben dem Skilanglauf betroffen sind, stark eingrenzen lassen. Im Sommer ist bereits der Radsport durch zwei geständige Athleten betroffen. Die Tätigkeiten auf Hawaii und Andeutungen Gräbers zu einem jährlichen Event, das dort stattfindet, lassen auf Triathlon als zweite Sommersportart schließen. Mit konkreten Ermittlungsergebnissen sei aber nicht in den kommenden Tagen zu rechnen.
Hohe gesundheitliche Risiken
Bereits im Vorfeld wurde bekannt, dass am Montag eine fünfte Person aus dem Netzwerk des Hauptbeschuldigten in Erfurt festgenommen wurde. Dieser wird angelastet, „Blutbeutel transportiert zu haben und vielleicht auch Blutdoping durchgeführt zu haben, und das ohne medizinische Ausbildung.“ Aus diesem Grund war es dem leitenden Oberstaatsanwalt ein persönliches Bedürfnis, im Rahmen der Pressekonferenz noch einmal auf das hohe gesundheitliche Risiko derartiger Aktivitäten hinzuweisen. Die Rückführung von Blut insbesondere durch Personen ohne medizinische Ausbildung oder vor Langstreckenflügen berge hohe Risiken für den Athleten. „Einmal wurde ein Präparat angewendet ohne zu wissen, was drinnen war“, erklärte Gräber. Man habe einen Sportler ausgesucht, der als „Versuchskaninchen“ dienen sollte. „Als sich Nebenwirkungen einstellten, hat man es wieder abgesetzt.“ Bei der Überwachung der verdächtigen Personen habe man beobachten können, wie ein Sportler wie unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln aus dem Haus gekommen sei. Ein anderer Athlet habe nach der Rückführung beide Arme in den Schnee gesteckt, um einer Erhöhung der Körpertemperatur entgegenzuwirken.
Livestream-Mitschnitt
Wer sich die Pressekonferenz in voller Länge ansehen will, kann dies über den nachfolgenden Facebook-Beitrag des Bayerischen Rundfunks tun. Wir empfehlen den Sprung zu Minute 24:45 für die Ausführungen Kai Gräbers zu den Ermittlungen ab dem Zeitpunkt der Austrahlung der ARD-Doku „Die Gier nach Gold“ mit Johannes Dürr beziehungsweise zu Minute 42:17 für die aktuellen Ermittlungsergebnisse.
Quelle: www.br.de