Der Holmenkollen-Sonntag sollte ein ereignisreicher Tag in der Nordischen Kombination werden: Ilkka Herola (FIN) gewann mit Schanzenrekord seinen ersten Weltcup, Nathalie Armbruster (GER) sicherte sich neben dem Gesamtsieg auch die Compact-Wertung, Vinzenz Geiger gewann vorzeitig den Gesamtweltcup der Männer und Svenja Würth (GER) und Jarl Magnus Riiber (NOR) beendeten ihre Karrieren.
Emotionaler Holmenkollen-Sonntag
Emotionen aller Orten bestimmten den Sonntag des Holmenkollen-Wochenendes, der für die Nordischen Kombiniererinnen zugleich der Saisonabschluss war. Zwar hatte Nathalie Armbruster den Sieg des Gesamtweltcups bereits am Vortag unter Dach und Fach gebracht, doch die Compact-Wertung war noch nicht entschieden. Auch hier führte die Schwarzwälderin einen Zweikampf gegen Ida Marie Hagen (NOR). Bei den Herren zeichnete sich ein Premierensieg ab, und dazu wurde nach dem Springen bekannt, dass Rekordsieger Jarl Magnus Riiber sein letztes Rennen laufen würde. So erbte Geiger vorzeitig den Gesamtsieg. Am Ende flossen reichlich Tränen.
Herola springt Schanzenrekord
Für die Überraschung des Tages sorgte Ilkka Herola. Der Finne, sonst eher als starker Läufer bekannt, präsentierte sich bereits in den letzten Wochen in guter Sprungform. Was ihm am Sonntag am Holmenkollen gelang, dürfte ihn aber selbst überrascht haben. In einem Springen, das aufgrund starker und wechselnder Windverhältnisse immer wieder Wartezeiten aufwies, flog der 29-Jährige allen davon. Erst bei 146 Metern landete er – Schanzenrekord! Zwei Meter über dem bisherigen Rekord von Spezialspringer Robert Johansson, der seit über sechs Jahren besteht, und volle zehn Meter weiter als der Zweitbeste, Franz-Josef Rehrl (AUT), der seinerseits schon sechs Meter weiter gesprungen war als der bis dato weiteste. Beide profitierten von günstigen Windverhältnissen. So bekam Herola 19,7 Punkte abgezogen, die meisten des ganzen Feldes. Was den Finnen wenig gestört haben dürfte. Eher schon, dass er diese Leistung ausgerechnet in einem Compact-Wettkampf zeigen konnte, wo er trotz der überragenden Weite nur sechs Sekunden Vorsprung mit in die Loipe nehmen durfte.
Riiber weit zurück
Wie unterschiedlich die Windverhältnisse teilweise waren, zeigte sich am dritten Platz von Johannes Lamparter. Der Österreicher landete bereits bei 119 Metern, bekam aber sogar 2,4 Punkte gutgeschrieben, obwohl er fast direkt nach Herola startete. Noch schlimmer erwischte es Jens Luraas Oftebro (NOR), der direkt nach Herola kaum noch Aufwind hatte und in Kombination mit der von der Jury angeordneten Anlaufverkürzung lediglich auf 96 Meter respektive Platz 34 kam. Vinzenz Geiger, der ähnliche Verhältnisse wie Herola hatte, sprang auf 126 Meter und belegte Zwischenrang sieben (+0:30 min). Sein Rivale im Kampf um den Gesamtweltcup, Jarl Magnus Riiber, der direkt nach ihm an der Reihe war, hatte wiederum kaum noch Aufwind, aber dennoch den kurzen Anlauf. Lediglich 110,5 Meter warfen ihn auf den 21. Platz (+1:00 min) zurück. Neben dem Spitzentrio landeten noch der wiedererstarkte Laurent Mühlethaler (FRA), Stefan Rettenegger (AUT) sowie mit Otto Niittykoski ein weiterer Finne vor Geiger. Auch beide Watabe-Brüder aus Japan, mit Akito einen Platz vor Yoshito, landeten in den Top Ten, ebenso wie der Tscheche Jiri Konvalinka.
Laate erneut vorn
Der Wind hatte zuvor bereits für eine Absage des Probedurchgangs der Damen gesorgt. Der Wettkampfsprung konnte durchgeführt werden. Auch hier waren die Verhältnisse wechselnd, aber weniger stark als später bei den Männern. Das Ergebnis ähnelte dennoch dem des Vortages. Wiederum war es Junioren-Weltmeisterin Ingrid Laate (NOR), die, heute mit Startnummer zwei, 124 Meter weit sprang. Da nach ihr der Anlauf durch die Jury um zwei Luken verlängert wurde, landete Österreichs Lisa Hirner trotz gleicher Weite nur auf Rang drei. Au den zweiten Platz sprang Gyda Westvold Hansen (NOR). Mit dem kürzesten Anlauf des Feldes – die Jury hatte zunächst auf Gate 26 verkürzt, ihr Trainer verkürzte per Coach Request um weitere zwei Luken auf Gate 24. Westvold Hansen landete bei 119 Metern und damit sechs Sekunden hinter Laate. Vierte wurde Haruka Kasai (JPN) mit ebenfalls 119 Metern. Mit Annalena Slamik und Claudia Purker auf den Rängen fünf und sechs landeten alle drei Österreicherinnen in den Top sechs. Heta Hirvonen (FIN) wurde zwischenzeitliche Siebte vor Yuna Kasai (JPN), Ida Marie Hagen (NOR) und Svenja Würth (GER), die den letzten Weltcup ihrer Karriere bestritt. Nathalie Armbruster und Maria Gerboth landeten unmittelbar hinter den Top Ten; die weiteren DSV-Athletinnen Ronja Loh, Trine Göpfert und Jenny Nowak sprangen geschlossen auf die Plätze 17, 18 und 19.
Herola mit Premierensieg
Wer gedacht hatte, die Österreicher um Rehrl und Lamparter könnten mit Herola gemeinsame Sache machen, wurde eines Besseren belehrt. Weder Rehrl, noch Lamparter und auch nicht Rettenegger konnten mit Herola mithalten, der sich bereits auf der ersten von drei Runden etwas absetzen konnte. Zu stark war der Finne an einem Tag, an dem einfach alles zusammenpasste. Am Ende genügte dem 29-Jährigen die elftbeste Laufzeit, um souverän mit 15,3 Sekunden Vorsprung auf Geiger seinen ersten Weltcup-Sieg zu feiern. Team-Events mit eingerechnet, brauchte der Finne stolze 251 Starts, um auf der obersten Stufe des Podiums zu stehen. Finnland musste sogar noch länger auf diesen Tag warten: Als der große Hannu Manninen am 6. März 2010 seinen und damit Finnlands letzten Weltcup-Sieg feierte, hatte Herolas Weltcup-Karriere noch nicht einmal begonnen.
Geiger erbt gelbes Trikot und die Gesamtwertung
Mit dem Rückzug Riibers war der Weg frei für Vinzenz Geiger. Mit der zweitschnellsten Laufzeit holte er alle Athleten vor ihm ein, außer Herola. Da Riiber außerhalb der Punkteränge ins Ziel kam, stand damit auch rechnerisch bereits fest, dass Geiger, der das gelbe Trikot des Führenden von Riiber übernahm, den Gesamtsieg bereits sicher in der Tasche hat. Johannes Lamparter als Drittplatzierter hinter Riiber liegt bereits 287 Punkte hinter Geiger zurück. Lamparter behauptete Rang drei, Stefan Rettenegger machte einen Platz gut und wurde Vierter. Fast unbemerkt abseits des Trubels lief Laurent Mühlethaler als Fünfter zu seiner besten Platzierung der Saison. Rehrl wurde Sechster und blieb knapp vor Julian Schmid, der sich von Rang 18 auf sieben verbessern konnte. Auch Johannes Rydzek (GER) als Achter und Lukas Greiderer (AUT) auf Platz neun machten Positionen gut, ebenso wie Wendelin Thannheimer (10.) und David Mach (11.) Der schnellste Mann des Tages war Einar Luraas Oftebro (NOR), der sich in 16:34.4 Minuten von Platz 41 auf 12 nach vorne arbeitete. Aus finnischer Sicht gab es noch einen weiteren Grund zur Freude: neben Herola erreichten auch Otto Niittykoski als 18. und Herman Happonen als 32. persönliche Bestleistungen.
Armbruster sichert sich auch Compact-Wertung
Das Rennen der Frauen wurde ähnlich stark von Gyda Westvold Hansen dominiert wie das der Männer von Herola. Die Norwegerin, die als Erste ins Rennen gegangen war, da Laate aufgrund einer Rückenverletzung auf einen Start verzichtete, lief auf fünf Kilometer ebenfalls 15,6 Sekunden auf die Zweitplatzierte heraus. Diese hieß Ida Marie Hagen, die sich die schnellste Laufzeit (13.23,8 min) nicht einmal durch einen Sturz auf der zweiten Runde nehmen ließ. Haruka Kasai, die bereits als Siegerin der Massenstart-Wertung feststand, lief als Dritte aufs Podium, nachdem sie den Dreikampf um den letzten Podestplatz gegen Lisa Hirner und Nathalie Armbruster gewann. Alle drei waren gemeinsam in die Zielgerade eingebogen, doch Hirner kam auf den Wellen zu Fall und beendete das Rennen schließlich als Fünfte hinter Armbruster. Der vierte Platz der Schwarzwälderin genügte jedoch, um Armbruster auch die Compact-Wertung zu sichern. Jenny Nowak als Zwölfte machte einige Plätze gut. Trine Göpfert wurde 21., Ronja Loh 23., Maria Gerboth 24. und Svenja Würth, die bereits zu Beginn der Woche angekündigt hatte, ihre Karriere zu beenden, wurde in ihrem letzten Weltcup 24. Alle gemeinsam trugen die Athletinnen des „Lion Teams“, wie sie sich selbst nennen, auch zum Sieg in der Nationenwertung bei, die Deutschland mit 3279 Punkten (+260) vor Norwegen gewann. Zudem sicherte sich Maria Gerboth den Sieg in der Wertung der besten Springerin. Die beste Läuferin des Winters war Ida Marie Hagen.
Jarl Riiber macht vorzeitig Schluss
Das Gerücht hatte spätestens nach einem NRK-Interview am Morgen nach dem Springen die Runde gemacht. Kurz vor dem Start des Rennens wurde es offiziell: Jarl Magnus Riiber verzichtet auf das Finalwochenende in Lahti (FIN) und bestritt am Sonntag am Holmenkollen, in seiner Heimat, seinen letzten Weltcup. Der Rekordsieger, der damit keinen historischen sechsten Gesamtsieg feiern wird, begründete seinen Schritt damit, dass er nach der Weltmeisterschaft in Trondheim „völlig auf den Boden gefallen“ sei. „Ich kam die ganze Woche über kaum aus dem Bett. Mir geht es körperlich nicht gut, und auch mental bin ich völlig kaputt. Daher ist hier der richtige Ort, um aufzuhören. Hier zuhause, wo alles begonnen hat.“ Sein letztes Rennen nutzte er, um sich zu verabschieden, er kam als Vorletzter ins Ziel.Während die Saison der Damen nun beendet ist, bestreiten die Herren am kommenden Wochenende in Lahti noch einmal zwei Gundersen-Weltcups.
Zwischenstand Sprung DamenEndergebnis DamenWeltcupstandNationenwertungBest JumperBest SkierCompactwertung
Zwischenstand Sprung HerrenEndergebnis HerrenWeltcupstand Herren
Stimmen zum Tag
Gyda Westvold Hansen (NOR):
Ida Marie Hagen (NOR):„Es war eine fantastische Saison mit allen Mädels und ich bin so stolz, dass wir jetzt auf der großen Schanze diesen Fortschritt gemacht haben. Dass Jarl heute seinen letzten Wettkampf hat, ist sehr emotional, auch für mich, daher bin ich froh, an seinem Ehrentag hier sein zu können.“
Haruka Kasai (JPN):
Ilkka Herola (FIN):
Vinzenz Geiger (GER):„Wieder im gelben Trikot zu sein, ist sehr unerwartet. Ich bin wirklich glücklich, auch wenn es auf der Schanze etwas knifflig war, aber ich habe es geschafft, ein gutes Langlauf-Rennen zu machen. Ich bin jetzt natürlich etwas traurig, dass Jarl geht, weil wir so viele Kämpfe zusammen hatten, in denen er immer einen Schritt voraus war. Ich bin froh, dass er jetzt mit einem Happy End zurückgetreten ist.“
Johannes Lamparter (AUT):„Es war ein ganz solider Tag. Es war nicht einfach auf der Schanze mit schwierigen Bedingungen und ich hatte nicht viel Glück. Ilkka war heute in seiner eigenen Liga und war unglaublich stark auf der Schanze und der Strecke. Vinzenz war im Kampf um das Podium etwas stärker, aber ich bin immer noch sehr glücklich mit meinem dritten Platz.“
Stefan Rettenegger (AUT):„Ich habe heute einen mutigen Sprung gezeigt, das stimmt mich sehr positiv. Das Langlaufen war nicht so leicht, ich hätte mir das Rennen etwas anders erhofft. Ilkka hat ein wahnsinns Rennen gemacht, Hut ab vor seiner Leistung. Ich hätte mir erhofft, dass Vinzenz und Jo mir etwas helfen. Schlussendlich habe ich die ganze Führungsarbeit gemacht, da hat mir am Schluss die Energie gefehlt. Es überwiegt trotzdem die Freude, dass ich wieder dran bin an der Weltspitze.“
Lisa Hirner (AUT):„Der Sturz heute ist sehr blöd gelaufen. Ich war schon so fokussiert auf den Zielsprint, da ist mir das passiert. Trotzdem kann ich stolz auf mich sein, es war heute ein mega Rennen. Ich kann auf eine gute Saison zurückblicken. Mein Ziel, eine Einzelmedaille bei der WM, habe ich erreicht. Es war definitiv keine einfach Saison, ich habe aber das Beste rausgeholt.“
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