Eine große Krankheitswelle, die beim Weltcupfinale in Lahti ihren Ursprung hatte, beeinflusste die Ergebnisse der schwedischen und finnischen Meisterschaften. Aber auch ohne die meisten Stars passierte dort genug…
Topfavoritin gewinnt Klassik-Einzel und Teamsprint
Da viele andere ihre Saison bereits beendet hatten, ging Ebba Andersson als klare Topfavoritin in die letzten drei Rennen der Saison. Für ihre nationalen Meisterschaften reisten die Schweden weit in den Norden nach Kalix, einer 7500 Einwohner-Stadt am Bottnischen Meerbusen unweit der finnischen Grenze. Nicht dabei war Lokalmatadorin Emma Ribom, die wie neun Kolleginnen und Kollegen nach dem Weltcupfinale beziehungsweise der Abschlussparty in Lahti krank wurden – von den Damen war Märta Rosenberg offenbar die einzige, die Lahti gesund überstand, sagte Maja Dahlqvist in Kalix. Wegen eines massiven Wärmeeinbruchs musste im Stadion das Wasser abgepumpt und neuer Schnee herbeitransportiert werden, um die Distanzrennen auf veränderter Strecke zu retten. Die Athleten beschrieben die Bedingungen aber als noch schlechter als in Trondheim.
Als immer noch in sehr guter Form zeigte sich Ebba Andersson, die am Donnerstag die zehn Kilometer Klassik mit zwei Minuten Vorsprung auf Jonna Sundling gewann und damit ihren 14. nationalen Titel holte. Bronze sicherte sich Sofia Henriksson vor Evelina Crüsell, die 2024 Junioren-Weltmeisterin über diese Distanz wurde. Tags darauf traten Andersson und Sundling im Teamsprint gemeinsam für Piteå an und holten sich den Titel. Obwohl Andersson auf ihrer letzten Runde schon einen kleinen Vorsprung herausgelaufen hatte, kam es am Ende doch noch zum Zielsprint, den Sundling deutlich vor Falun Borlänge’s Moa Hansson und Skellefteå’s Evelina Crüsell gewann.
Andersson verläuft sich auf dem Weg zu Gold
Am finalen Tag der schwedischen Meisterschaften war alles vorprogrammiert für den dritten Titel innerhalb von vier Tagen. Dann machte es sich Ebba Andersson im Einzelstart über 30 Kilometer aber unnötig schwer. Aus dem A-Team trat als ernsthaften Konkurrenz um den Sieg nur Jonna Sundling an und nach 1,5 Kilometern war Andersson bereits knapp vorne. Nach 3,5 Kilometern warteten die Kommentatoren im schwedischen Expressen aber vergeblich: „Wo bleibt denn Ebba?“ Als sie schließlich mit 1:20 Minuten Rückstand auftauchte, war schnell ersichtlich, dass sie Vollgas gab und nichts nach einem Sturz oder einem Materialdefekt aussah: „Hat sie sich verlaufen? Ist sie auf die 8,3 Kilometer-Runde geraten?“ Diesen Verdacht bestätigte Andersson wenig später selbst, als sie den Trainern diese Info zurief. Wie später bekannt wurde, war sie 800 Meter in die falsche Richtung gelaufen, bis sie ihren Fehler bemerkte und umdrehte. Bis dahin hatte sie um die zwei Minuten verloren. Nun begann die Aufholjagd und sie machte auf die früher gestartete Sundling immer mehr Zeit gut. Nach 25 Kilometern hatte sie virtuell zu Jonna Sundling aufgeschlossen, was aber viel Kräfte gekostet hatte, so dass die letzten Kilometer zu einem Kopf an Kopf-Rennen wurden – mit einer jubelnden Jonna Sundling am Schluss, die das Rennen mit einem Vorsprung 2,8 Sekunden gewann. Bronze ging mit zweieinhalb Minuten Rückstand an Lisa Eriksson, die sich auf den letzten Kilometern noch deutlich von Moa Hansson absetzte und damit zusammen mit ihrer Cousine Ebba das Podium teilen konnte. „Ich habe mich total auf die Abfahrt konzentriert und dann war ich plötzlich auf der falschen Runde. Mit wurde klar, dass ich hier in der ersten Runde noch nicht sein sollte. Dann bin ich umgedreht und habe viel Zeit verloren“, sagte Andersson und bezeichnete sich selbst als „Dummkopf!“. „Ich ärgere mich im Moment total über mich selbst und dass ich durch so einen Fehler Gold verloren habe“, meinte sie, während Sundling sich nicht mehr in guter Form fühlte: „Ich habe ihren Fehler gebraucht.“
Rosjö und Berglund gewinnen Gold
Auch das Starterfeld der Herren war krankheitsbedingt stark dezimiert, so dass die großen Namen größtenteils fehlten. So holte sich Eric Rosjö den Titel im Klassik-Einzelstart, nachdem er am letzten Wochenende in Kiruna bei nationalen Rennen seinen ersten Sieg seit 862 Tagen gefeiert hatte. Nun ist offenbar ein Knoten geplatzt, auch wenn natürlich die Konkurrenz fehlte. Silber ging mit knapp 19 Sekunden Rückstand an Ebbas jüngeren Bruder Fredrik Andersson, Bronze gewann Leo Johansson vor Johan Häggström und Gustaf Berglund. Calle Halfvarsson machte einen „Sonntagslauf“ und kam mit drei Minuten Rückstand ins Ziel.
Tags darauf kam es im Teamsprint in der freien Technik zum totalen Chaos mit vielen Stürzen – auch wegen der schlechten Bedingungen. Zunächst gab es allerdings eine Überraschung in der Startliste der Herren, als Alicia Persson für Åsarna 4 am der Startlinie auftauchte. Åsarna ist am schwersten von Erkältungen und fieberhaften Infekten betroffen, so dass sie eine Frau einsetzen mussten, um wie geplant vier Teams zu stellen. Dann kam es im dritten Halbfinale zum großen Crash, als sechs Läufer in einer Abfahrt übereinander fielen und Stöcke und Ski in alle Richtungen verteilt wurden. Favorit Truls Gisselman lag damit beim ersten Wechsel schon 15 Sekunden zurück, aber gemeinsam mit Erik Bergstöm machte er Boden gut und qualifizierte sich fürs Finale. Dort gab es ebenfalls einen Sturz, der eine Medaillenchance ruinierte. Diesmal war es Calle Halfvarsson, der in der vierten Runde mit Jesper Persson zu Fall kam und nicht mehr um die Medaillen kämpfen konnte. Der Sieg ging an Mora mit Gustaf Berglund, der Anton Grahn beim letzten Wechsel zehn Sekunden Vorsprung mitgab. Mit einem furiosen Start holte Rehns Erik Bergström den Rückstand auf und Grahn nutzte diesen Moment zu seiner entscheidenden Attacke. Gisselman und Bergström waren aber auch glücklich über Silber, da sie vorher gar nicht wussten, ob sie zum Finale antreten konnten. Gisselman klagte nach dem Sturz über Sehstörungen, die er aber eher auf immer wieder auftretende Blutdruckschwankungen als auf eine mögliche Gehirnerschütterung zurückführte.
In Abwesenheit von Gisselman, bei dem später doch noch eine Gehirnerschütterung festgestellt wurde, deutete sich über die 50 Kilometer im Einzelstart zunächst auf den ersten Kilometern ein Familienduell um Gold an zwischen Gustaf Berglund und Fredrik Andersson, Ebbas Lebensgefährten und ihrem Bruder. Im Laufe des Rennens kristallisierte sich aber Berglund als souveräner Sieger heraus. Dahinter änderte sich aber mit einer starken zweiten Rennhälfte noch einiges, so dass Axel Jutterström noch Silber gewann vor Erik Rosjö. Fredrik Andersson verlor viel Zeit und wurde Vierter vor Johan Häggström.
Kerttu Niskanen dominiert in Finnland
Finnlands Meisterschaften begannen am Freitag im äußersten Osten des Landes an der russischen Grenze, wo das Skigebiet Taivalvaara auch so spät in der Saison noch Schneesicherheit bietet. Viele Athleten mussten aber auch in Finnland ihren Start bei den Meisterschaften wegen einer Infektwelle absagen. Nicht so Kerttu Niskanen, die seit Jahren gesund blieb und das auf ihre strenge Hygiene mit Maskentragen und Desinfektion und die Vermeidung von großen Menschenmengen zurückführt. Das lässt vermuten, dass sie bei der Saisonabschlussfeier in Lahti nicht dabei war. Über fünf Kilometer Freistil war sie elf Sekunden schneller als Jasmi Joensuu, die Silber gewann. Die beste Sprinterin der Weltcupsaison ist nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner im Dezember inzwischen frisch verliebt und wurde bei den Meisterschaften von ihrer neuen Liebe, dem Eishockey Olympiasieger Markus Granlund, unterstützt. Im Kampf um Bronze mischten auf der kurzen Distanzstrecke im Einzelstart sechs Damen mit, die innerhalb von zehn Sekunden das Ziel erreichten. Die letzte Medaille holte sich Vilma Nissinen, die die Biathletin Suvi Minkkinen um 2,7 Sekunden hinter sich ließ. Hilla Niemilä wurde Fünfte.
Am Samstag wurden die Staffelrennen ausgetragen, bei denen Jasmi Joensuu ihr Team vom Vantaa Ski Club mit Anni Kainulainen und Hanna Ray zum Sieg führte. Vilma Nissinen brachte das Vuokatti Ski Team auf den Silberplatz, mit Joensuus Tempo konnte sie aber klar nicht mithalten. Ganz eng wurde es im Kampf um Bronze, wo schließlich Vilma Rytty für das Teho Ski Team erfolgreich war vor Emmi Lämsä aus dem AT Ski Team.
Auf den abschließenden 30 Kilometern war wieder Kerttu Niskanen nicht zu schlagen. Schon nach zehn Kilometern hatte sie eine Minute Vorsprung auf ein Trio, das trotz des Einzelstarts sehr eng zusammen lag. Am Ende holte Vilma Ryytty mit zwei Minuten Rückstand die Silbermedaille, Vilma Nissinen sicherte sich Bronze vor Emmi Lämsä. Ryytty nutzte die Gelegenheit, als die in einer anderen Runde laufende Niskanen sie überholte und ging mit, was den Unterschied zwischen Silber und Bronze ausmachte. Anne Kyllönen kam im Herbst ihrer Karriere über Platz fünf nicht hinaus. Kerttu Niskanen trat in dieser Saison bei nahezu allen Rennen an und absolvierte so bei 34 Rennstarts fast 500 Kilometer.
Gold für Koivisto und Karppanen
Die Herren starteten mit einem Rennen über zehn Kilometer in die Wettkämpfe, das der 25-jährige Petteri Koivisto, der seit 2020 immer wieder in der nationalen Gruppe im Weltcup eingesetzt wird, für sich entschied. Dahinter kämpften vier Athleten innerhalb von nur zwei Sekunden um die weiteren Medaillen. Silber holte sich schließlich Miro Karppanen vor dem Biathleten Tero Seppälä sowie Joel Ikonen und Markus Vuorela. Große Wellen schlug in Finnand der 170. Platz von Popstar Antti Tuisku, der sich 14 Monate lang wie ein Langlauf-Profi unter Trainer Reijo Jylhä vorbereitet hatte und der dieses Projekt nun wie geplant für beendet erklärte.
In der Herren-Staffel ging es sehr eng zu. Pohti SkiTeam’s Joni Mäki konnte sich im Endspurt gegen Jämin Jänte’s Schlussläufer Markus Vuorela den Titel holen und die Goldmedaille für die Athleten aus Pyhäjärvi, für Niilo Moilanen, Juuso Haarala, Joel Ikonen und Joni Mäki. Das Silber-Team bestand aus Lauri Lepistö, Ristomatti Hakola, Niko Husu und Markus Vuorela. Angeführt von ihrem starken Schlussläufer, dem Biathleten Tero Seppälä, sicherte sich Team Oulu die Bronzemedaille. Vuorela war enttäuscht über den verlorenen Zielsprint: „Pohti ist sowas wie unser Erzfeind, auch wenn wir viele Freunde von dort in der Nationalmannschaft und den anderen Gruppen haben. Aber wenn man an die Wettkampfstrecke kommt und seine Farben orange und gelb anzieht, ist alles anders.“
Als Sieger im Einzelstart über 50 Kilometer beendete Miro Karppanen die Saison. Nach seiner Silbermedaille am Freitag dominierte der 26-Jährige das Rennen vom ersten Meter, nachdem er beim Weltcupfinale in Lahti schon 16. über die 50 Kilometer geworden war – damals aber Klassisch und im Massenstart. Bei seinem ersten Titelgewinn war Karppanen, Teil des finnischen B-Teams, heute 1:12 Minuten schneller als Remi Lindholm. Lange sah es nach einem noch größeren Vorsprung auf Silber aus, aber Lindholm hatte eine starke Schlussphase und sicherte sich so noch Silber vor Petteri Koivisto. Markus Vuorela wurde Vierter vor Kalle Parantainen und Niko Anttola.