Nach dem Fahrradsektor trifft es nun auch den Skilanglauf-Markt: Viele Produkte sind nur noch in vereinzelten Längen und Größen verfügbar, eine Nachlieferung seitens der Hersteller ist meist nicht möglich. Wir haben uns bei den Skifirmen und den Langlauf-Spezialisten unter den Sportartikelhändlern umgehört, wie sich die Lage aktuell darstellt.
Radsport 2000 in Kelheim
Rudi Eberl von Radsport 2000 hat keine guten Nachrichten für alle Skilangläufer in der Mitte Bayerns. „Wir sind so gut wie ausverkauft, haben nur noch Restpaare in den wenig benötigten Härten und Längen. Bei den Schuhen ist es noch schlimmer. Die Hauptgrößen sind seit zwei Wochen ausverkauft. Bei den Stöcken gibt es auch schon sehr große Lücken im mittleren Preisbereich.“ Den Grund dafür sieht Eberl in den Corona Lockdowns in Asien und die schon seit letztem Winter nicht nur in Deutschland stark zunehmende Nachfrage. „Zudem gibt es eigentlich nur noch vier Lieferanten, die sich auf Langlauf spezialisiert haben.“ Eine Entspannung der Lage ist ihm zufolge nicht in Sicht: „Wir bekommen so gut wie fast nichts mehr nachgeliefert, selbst aus der Vororder ist noch nicht alles da. Vor allem Schuhe fehlen. Eine Besserung ist nicht in Sicht. In der Saison 22/23 wird Ware sicher auch knapp sein, vor allem Schuhe!“
Sport Luck in Oberhof
Für Sport Luck zeichnet Andreas Luck ein zweigeteiltes Bild. „In Sachen Skating und bei den hochsportlichen Modellen sieht es noch nicht so schlimm aus. Hier sollte man aber trotzdem etwas offener an den Materialkauf herangehen und sich nicht auf ein spezielles Modell versteifen. Engpässe gibt es bereits bei den Schuhen und im Cruising-Bereich.“ Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Als Händler im Osten Deutschlands sind wir Lieferengpässe ja noch aus DDR-Zeiten gewohnt. Aber bislang hat jeder, der zu uns ins Geschäft kam, noch etwas passendes gefunden.“ Als Grund für die Lieferengpässe nennt Luck vorrangig den Boom von Skilanglauf während der Pandemie. „Viele Alpinskifahrer haben sich, als die Lifte stillstanden, mal im Skilanglauf versucht. Und die kaufen sich jetzt eine eigene Ausrüstung.“ In die Zukunft sieht er vorsichtig optimistisch. Wer für den nächsten Winter vorgeordert habe, der werde auch Material bekommen. Nur Nachlieferungen wird es seiner Meinung nach auch im Winter 2022/2023 nicht geben.
Sport Schönberger in Außenried
Franz Schönberger von Sport Schönberger erklärt, was ihm momentan Sorgen bereitet: „Wir haben eine sehr goße Vororder geschrieben, teilweise wurden Modelle gar nicht produziert oder die bestellten Mengen der einzelnen Artikel gekürzt. Durch den frühen Wintereinbruch und endlich wieder stattfindende Wettkämpfe hat sich unser Lager ganz schön geleert und nachordern können wir leider nicht, da die meisten Firmen restlos ausverkauft sind. Anstatt ausreichend Waren für diesen Winter zu produzieren, wird bereits an den nächsten Winter gedacht. Auskunft der Firmen: schwierige Rohmaterialbeschaffung. Durch einen coronabedingten Lockdown in China/Taiwan/Kambodscha wurden Produkte verspätet oder teilweise gar nicht geliefert. Viele Artikel im hochpreisigen Segment, die in der EU produziert werden, wurden ohne Lieferengpässe ausgeliefert. Mit ein paar Ausnahmen…“ Das lässt für Schönberger nur einen Schluss zu: „Die ganze Produktion gehört wieder nach Europa zurück. Kürzere Transportwege, weniger CO2 also besser für unsere Umwelt. Mit Nachhaltigkeit und weniger CO2 werben die Firmen ja. Ein Nachteil der Produktion in der EU, die Marge der Fimen ist nicht mehr so hoch. Aber es sollte in der ganzen Branche ein Umdenken stattfinden. Die Wachstumskurve nicht immer nach oben orientieren, sondern einmal auf soziale Verantwortung setzten. Die einheimische Produktion fördern und auch mal zufrieden sein mit einem ausgeglichenen Haushalt. Die Hersteller sollen wieder eine solide Lagervergügbarkeit bieten und nicht dem Einzelhandel das ganze Risiko überlassen. Diesen Winter muß ich mit wenig Ware durchkommen, schaue aber positiv nach vorne. Es kommen hoffentlich auch wieder normale Zeiten.“
Sport Ski-Willy in Ramsau am Dachstein (AUT)
Walter Wieser von Sport Ski-Willy rät zur Flexibilität: „Grundsätzlich sieht es bei Ski Willy nicht so schlecht aus! Wir haben schnell reagiert und dementsprechend bei den Lieferanten Modelle nachbestellt. Es wäre aber gelogen, wenn es nicht Lieferschwierigkeiten bei den Firmen geben würde und somit die Möglichkeit ’seinen‘ Wunschski oder Schuh zu bekommen etwas eingegrenzt wird und man auf andere Modelle ausweichen muss.“ Den Hauptgrund für die Lieferengpässe sieht er ganz klar bei einem Thema: „Wie bei vielen anderen Sparten im Handel hat auch, oder eigentlich nur die noch immer aktuelle Coronasituation damit zu tun. Es ist als Firma bei Stillstand von 6 Wochen nicht möglich, die benötigten Mengen zu produzieren, das sehen wir als Händler auch ein. Ob es daran liegt, dass die Produktionsstätten hauptsächlich in Fernost liegen oder nicht, können wir nicht beurteilen, da ein Stillstand in zum Beispiel Rumänien vielleicht auch zu dieser Situation geführt hätte. Vielleicht wäre man aber etwas flexibler gewesen – wer weiß? Dass eine der größten Skifabriken von Europa in der Ukraine abgebrannt ist, hat der Sache noch den Rest gegeben.“ Ob sich die Lage entspannt? Wieser ist sich nicht sicher: „Das werden wir sehen, sobald die Ski und Schuhe im Haus sind. Grundsätzlich sind wir aber davon überzeugt, dass ausständige Lieferungen – wenn auch nicht alle – noch eintreffen werden.“
Madshus
Marvin Beer, Sales & Marketing Coordinator für Madshus in Deutschland, klärt uns über die aktuelle Situation beim Traditionshersteller aus Norwegen auf: „Unsere Verfügbarkeit speziell mit Ski schaut aktuell bei gewissen Modellen noch gut aus. Gerade bei unseren wichtigen Preislagen wie Active Pro/Endurace und Race Speed sind wir noch akzeptabel lieferbar und unsere Händler haben dies auch in den letzten Wochen genutzt, um Nachordern zu platzieren, um gerade über die Feiertage ausreichend Material zu haben. Da spielt uns ganz klar die Produktion in Norwegen in die Karten. Ähnlich ist die Situation bei unseren Stöcken und unseren Accessoires. Bei Schuhen kommt es bei uns extrem darauf an, welches Modell in welchem Werk produziert wurde. Modelle wie Endurace konnten wir bereits komplett ausliefern, andere Modelle wie zum Beispiel Race Speed werden bei uns zum Neujahr ausgeliefert. Die extrem langen Schließungszeiten der Produktionen (teilweiße 3 Monate) erschweren natürlich die in einer sehr kurzen Zeit angestiegene Nachfrage zu decken. Glücklicherweiße mussten wir aber keinem Kunden irgendetwas stornieren und können alle vorbestellen Mengen auch ausliefern.“
Rossignol
Thomas Markhof, Product & Marketing Manager Nordic für Deutschland und Österreich, schildert die Lage aus Sicht der französischen Marke Rossignol: „Der Handel hat sich grundsätzlich nach einer sehr guten, letzten Langlaufsaison gut eingedeckt. Durch die sehr hohe Nachfrage aktuell, bedingt durch den generellen Nordic-Boom im Allgemeinen und durch die in vielen Regionen bereits sehr guten Verhältnisse, haben jedoch viele Nordic Händler bereits relativ leere Läger.“ Die Ursachen sieht Markhof ähnlich wie seine Kolldegen: „Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Zum einen erleben wie im Langlauf derzeit einen nie dagewesen Boom und eine extreme Nachfrage, die natürlich erst einmal bedient werden will. Die Lieferketten sind natürlich auch nicht von der Corona Situation unberührt geblieben. Lockdowns in verschiedenen Ländern, Rohstoffengpässe sowie große Herausforderungen im Transport und in der Logistik haben die Situation dann zusätzlich verschärft.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt er dem Handel mit auf den Weg: „Wir versuchen aktuell alles, um unsere Partner im Handel bestmöglich mit Ware zu versorgen. Generell sind wir in großen Teilen der Kollektion ausverkauft, für gewisse Bereiche wird es jedoch noch einmal Nachlieferungen geben.“
Fischer
Laut Tanja Winterhalder, Senior Communication und PR Manager Nordic bei Fischer, ist auch die Traditionsfirma aus Österreich betroffen, versucht aber mit viel Aufwand gegenzusteuern: „Die Skibranche ist, so wie derzeit viele andere Branchen auch, von Verknappungen am Materialsektor betroffen. Auf unsere Skiproduktion hat dies bis dato noch keine Auswirkungen gehabt. Um Produktionsstillstände zu vermeiden, müssen wir jedoch großen Aufwand betreiben und längere Vorlaufzeiten einplanen. Außerdem sind wir mit starken Preisanstiegen bei unseren Vormaterialien konfrontiert. Dramatisch ist die Situation bei Waren, welche wir aus Fernost zukaufen. So trifft es uns in diesem Jahr besonders bei Langlaufschuhen, welche wegen Corona bedingten Werksschließungen und knappen Transportkapazitäten auf den Containerschiffen nur verzögert an den Fachhandel ausgeliefert werden können.“ Den Händlern und Kunden macht Winterhalder Hoffnung: „Die Skiproduktion läuft nach wie vor auf Volllast, so dass täglich Ski auf das Lager gehen – die allerdings im selben Moment bereits an den Sportfachhandel verkauft sind und sofort wieder ausgeliefert werden. Für die Waren aus Fernost haben wir alternative Wege eingeschlagen, so dass wir nicht nur Containerschiffe, sondern auch Züge etc. zum Transport in Anspruch nehmen. Daraus ergeben sich zwar längere Transportzeiten und höhere Kosten, aber auf diese Weise dürfen wir auch Anfang des neuen Jahres noch Lieferungen erwarten.“
Kästle
Für Kästle informiert uns Marketingleiter Markus Weeger über den aktuellen Stand: „Langlaufski sind heiß begehrt. Nicht zuletzt ist das dem grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel zu verdanken, dieses Jahr hatten wir dazu das Glück des frühzeitigen Wintereinbruchs, sodass Kästle Langlaufski sehr stark nachgefragt sind. Wir arbeiten derzeit an allen Standorten an der Fertigstellung der Bestellungen und können optimistisch sein, auch mit der ein oder anderen Verzögerung fast alle Bestellungen für die Saison 2021/2022 zu erfüllen. Unser Handel ist bereits gut bis sehr gut bestückt und die Wunschmodelle sind respektive waren verfügbar.“ Bezüglich der weiteren Verfügbarkeit und der Möglichkeit Produkte nachzuordern erklärt Weeger: „Kästle kann mit der Lieferperformance in der Gesamtheit zufrieden sein, was nicht bedeutet, dass wir unsere selbst gesteckten Ziele erreicht haben, wir haben aber aus der gebotenen Lage das maximale herausgeholt. Dennoch ist uns bewusst, dass es zu Verzögerungen und Produktionsausfällen gekommen ist und nach wie vor kommt. Diesbezüglich können wir unsere Partner und Händler nur um Geduld und Verständnis bitten und betonen, das mit Hochdruck an den Auslieferungen gearbeitet wird. Nachordern lässt sich derzeit mit dem Aktienhandel vergleichen, was heute Morgen noch hoch im Kurs stand, ist zum Mittag vergriffen, hier lohnt es sich, frühzeitig in den Austausch zu gehen.“
Brutal – mich hat es jetzt auch erwischt: Hatte einen Fischer Speedmax 3D (Classic) bestellt – es gibt nichts mehr 🙁
Anfang des Monats war ich bei meinem Radsportfachgeschäft. Dort werden teilweise jetzt Räder ausgeliefert, die vor einem Jahr bestellt worden sind …
Hallo Thomas,
brauchst den „normalen“ oder den DP?
Gruß
Stefan
Hallo Stefan,
vielen Dank für Deine Reaktion 🙂 Ich hatte einen „normalen“ (Fischer Speedmax 3D Classic Plus 902) bestellt. Melde mich per PN.
Grüße Thomas