Marit Bjørgen bezwingt Therese Johaug in 30 Kilometer Holmenkollen-Massenstart

Marit Bjoergen © NordicFocus/www.nordicfocus.com

Marit Bjørgen hat als erste Athletin ihren Vorjahressieg am Holmenkollen wiederholen können und Therese Johaug kurz vor dem Ziel hinter sich gelassen. Rang drei ging an Astrid Uhrenholdt Jacobsen trotz eines Sturzes, Nicole Fessel beendete die Saison als gute Achte.

Jacobsen wieder gestürzt

Im Massenstart der Damen war das Tempo von Beginn an hoch. Oft zeichnete sich Therese Johaug wie gewohnt für die Tempoarbeit verantwortlich mit unterschiedlichen Zielen: Zunächst ging es ihr darum, Heidi Weng abzuhängen im Kampf um den zweiten Platz im Gesamtweltcup. Nach einer Tempoverschärfung nach dem Bonussprint bei Kilometer 8,0, bei der sich die Spitzengruppe auf vier Damen reduzierte, warf sie einen prüfenden Blick über die Schulter: Wer ist noch da? Heidi? Nein, es war Astrid Uhrenholdt Jacobsen, die sich gemeinsam mit Johaug, Bjørgen und Charlotte Kalla absetzte. Das Quartett blieb bis Kilometer elf zusammen, bis Jacobsen aus einer Abfahrt plötzlich mit Rückstand auftauchte. Erneut war die Norwegerin außerhalb des Blickwinkel aller Kameras gestürzt und von der Strecke abgekommen. Das war ihr bereits vor einem Jahr passiert, als das Rennen nach einem Sturz unter einer Absperrung hindurch und gegen einen Flutlichtmasten im Krankenwagen endete. Sie rappelte sich wieder auf und lief lange Zeit zehn Sekunden hinter dem Trio, bis sie nach weiteren Tempoverschärfungen vorn mehr Zeit einbüßte. Kurz vor dem höchsten Punkt am Frognerseteren auf Runde zwei bei Kilometer 16 war es dann um Charlotte Kalla geschehen: Die Schwedin konnte endgültig nicht mehr folgen, nachdem sie vorher schon mehrfach Lücken wieder zulaufen musste. Fünf Kilometer vor dem Ziel wurde sie von Astrid Jacobsen eingeholt, die die ganze Zeit allein unterwegs war.

Entscheidung fällt am Gratishaugen

Die Entscheidung um den Sieg fiel am ehemaligen Gratishaugen kurz vor dem Stadion. Nachdem Therese Marit während des gesamten Rennens nie wirklich abhängen konnte, versuchte sie am letzten Anstieg eine letzte Attacke, die ihre Konkurrentin aber konterte. Sie setzte sich von Therese ab und lief dem zweiten Holmenkollen-Sieg in Serie entgegen. Das war zuvor noch nie einer Sportlerin gelungen. Beide Norwegerinnen hatten sich in den letzten Jahren immer wieder abgewechselt – Marit siegte (bisher) immer in den geraden Jahren, Therese in den ungeraden. „Therese war sehr stark und hat sich zwischendurch mal kurz einen Vorsprung erarbeitet. Aber am Ende wirkte sie dann sehr müde und ich hatte einen guten letzten Kilometer“, erklärte Marit, die in diesem Jahr alle drei Kristallkugeln gewann. „Es ist gut, dass ich nun nicht das Flugzeug für die Heimreise brauche mit den drei Kristallkugeln“, fügte sie lachend hinzu – die Norwegerin lebt nicht weit entfernt von der Strecke am Holmenkollen, wie auch Therese Johaug seit einigen Jahren. Rang drei ging an Astrid Uhrenholdt Jacobsen, die sich am Gratishaugen von Charlotte Kalla löste. Heidi Weng gewann den Sprint der Verfolgergruppe vor Ragnhild Haga und Heidis Cousine Martine Ek Hagen. Nicole Fessel belegte den achten Platz vor Liz Stephen, die auf den letzten zwei Kilometern aus der Gruppe herausgefallen war. Maria Rydqvist sicherte sich aus der nächsten Gruppe heraus den zehnten Platz vor Sofia Bleckur, Coraline Thomas Hugue und Eva Vrabkova-Nyvltova. Ein Großteil des Starterfeldes verzichtete auf den einzigen möglichen Skiwechsel.

Nicole Fessel Fünfte – Nystad beendet Karriere

Nicht unbedingt überraschend kam der offizielle Rücktritt des viel kritisierten Bundestrainers Frank Ullrich unmittelbar vor dem Rennen. „Nach den deutlichen Worten von Thomas Pfüller habe ich mich entschlossen, meinen Vertrag aufzulösen. Ich werde ganz sicher im nächsten Jahr nicht mehr Bundetrainer sein“, erklärte er in der ARD. Seinen Sportlerinnen hatte er vor dem Wettkampf allerdings noch nichts von seinen Plänen verraten, so dass sie sich völlig überrascht zeigten und davon wie Nicole Fessel „das erste Mal hörten“. Die Allgäuerin war dann auch die beste Deutsche über die schweren 30 Kilometer bei fast zehn Grad über Null und strahlender Sonne. Gemeinsam mit Denise Herrmann, die es auf den ersten Bonussprint nach 2,7 Kilometer abgesehen hatte und dort wichtige zwölf Punkte sammelte, ging sie mit der Spitzengruppe mit und hielt sich bis Kilometer acht darin. Dann bildeten sich nach Johaugs Attacke einzelne Gruppen, die bis zum Ziel mehr oder weniger unverändert blieben. Nicole lief mit Hagen, Weng, Haga, Diggins und Gregg – die beiden Amerikanerinnen wurden später durch ihre Teamkollegin Liz Stephen ersetzt – und versteckte sich zunächst einige Kilometer in der Gruppe, bis sie sich ab der Rennmitte auch immer wieder in der Führungsarbeit zeigte. Ich bin sehr schnell gestartet, das habe ich dann gemerkt zwischendrin. Aber ich habe mich dann noch erholt. Ich bin zufrieden, dass ich nochmal so einen guten Abschluss gemacht habe“, meinte Nicole nach ihrem achten Platz. „Ich freue mich darauf, dass wir nun die Claudi noch schön verabschieden können und dann freue ich mich auf die Ruhephase daheim.“ Für Claudia Nystad war es vor ihrem zweiten Karriereende ihr letztes Rennen, das angesichts ihrer gsundheitlichen Probleme von Anfang an auf Ankommen und noch einmal die Athmosphäre genießen ausgerichtet war. So war es auch nebensächlich, dass sie mit 16 Minuten Rückstand Letzte wurde, fünf Minuten hinter der Vorletzten. Claudsch ließ sich von einmal von Zuschauern und Betreuern auf der Strecke feiern und absolvierte die letzten Kilometer ihrer sportlichen Laufbahn mit einem breiten Lächeln im Gesicht und einer kleinen deutschen Flagge, die sie am Gratishaugen gereicht bekam. „Es hat sich angefühlt, als wäre das der vollkommene Abschied. Ich wollte ja 2010 schon aufhören, aber jetzt habe ich doch diese Saison nochmal alles erlebt, von einem Sturz, nach dem ich ohnmächtig war, bis zu diesem würdevollen Abschied hier. Man sagt ja, dass man einen 30er nicht genießen kann, weil man ja komplett am Ende läuft, aber in der letzten Runde haben mir die Fans Schokolade und Getränke gegeben, die Serviceleute haben abgeklatscht, es war einfach wunderschön“, sagte sie. Sehr emotional war das Ende ihres letzten Rennens, wie sie es auch schon vor dem Wettkampf war: „Ich könnte mir schon mal eine Träne rausdrücken, wenn ich dran denke, dass ich nun aufhöre!“, meinte sie wehmütig.

Hört auch Steffi Böhler auf?

Sollte Steffi Böhler ebenfalls ihre aktive Laufbahn beenden, wird es auch für die deutschen Damen mit neuem Trainer wieder eine schwere Zeit. Doch in dieser Hinsicht ist noch keine Entscheidung gefallen, wie sie nach dem Rennen erklärte: „Vor dieser Entschedung stehe ich nun auch das erste Mal in meinem Leben, das muss ich nun mit mir selber ausmachen. Für mich war das jetzt wichtig, durch die Saison gut durchzukommen und alles mitnehmen, jetzt schaun wir mal. Auf jeden Fall würde es mir schwerfallen, diesen Laden hier zu verlassen“, meinte Steffi mit Tränen in den Augen und fügte hinzu: „Wir wollen heute den Abend mit der Claudia noch einmal genießen.“ In ihrem angeschlagenen Zustand musste Steffi von Beginn an sehr kämpfen, als sich vor ihr eine Lücke zu einer kleineren Spitzengruppe mit Denise Herrmann und Nicole Fessel auftat, versuchte sie zunächst, das Loch wieder zuzulaufen, musste aber im Anstieg schnell die Segel streichen. Im Laufe des Rennens wurde sie mehr und mehr durchgereicht auf Position 32, so dass sie die Punkte knapp verpasste. Für mich war es heute ein Durchkommen und die Stimmung noch einmal genießen. Ich bin ein bisschen angeschlagen seit ein paar Tagen, aber ich konnte mir das nicht nehmen lassen, hier nochmal zu laufen bei dem Wetter. Man muss sich ja das Feierabendbier auch ein bisschen verdienen“, schmunzelte sie. Denise Herrmann riskierte zu Beginn alles, um ein paar Punkte zu ergattern. Dabei übernahm sie sich völlig, so dass sie unmittelbar nach dem Bonussprint zurückfiel hinter Steffi Böhler und Monique Siegel. Die letzten acht Kilometer konnte Siegel und Herrmann zusammen bestreiten und als 39. und 40. ins Ziel laufen.

Boner und von Siebenthal in den Punkten

Im Gegegnsatz zu den Deutschen konnten sich die Schweizerinnen Seraina Boner und Nathalie von Siebenthal als 25. und 26. noch über einige Weltcuppunkte im Ziel freuen, was auch der einzigen Österreicherin Teresa Stadlober als 29. gelang.