Im Skiathlon über 15+15 Kilometer war Alexander Bolshunov eine Klasse für sich und gewann mit großem Vorsprung seine erste Goldmedaille in Peking. Silber ging an seien Landsmann Denis Spitsov, Bronze an Iivo Niskanen. Alle drei deutschen Starter kamen unter die besten 19.
Niskanen und Bolshunov setzen sich ab
In einem anstrengenden Skiathlon über insgesamt 30 Kilometer mit 1200 zu laufenden Höhenmetern war wie bei den Damen zu beobachten, dass mehr Athleten als üblich neben der Spur unterwegs waren. Der Grund dafür ist der langsame Schnee, dem durch zweistellige Minusgrade und starkem Wind aus der 500 Kilometer nordwestlich gelegenen Wüste Gobi das Wasser entzogen wird. Der Skiathlon begann zunächst als Ausscheidungsrennen, in dem schwächere Läufer schon in der ersten Runde zurückfielen. In der zweiten Runde wurde es dann auch vorne interessant. Im ersten Anstieg sah Iivo Niskanen sich um, wer außer ihm noch in erster Reihe unterwegs ist und wie erwartet attackierte er wenig später. Nur Alexander Bolshunov, der Ende der ersten Runde gestürzt war und es gerade wieder nach vorne geschafft hatte, kümmerte sich um die Nachführarbeit und lief alleine an den Finnen heran. Nach zwei von vier Klassikrunden hatten beide schon einen Vorsprung von zehn Sekunden, den sie weiter ausbauten.
Dahinter machten sich mit Spitsov, Holund und Golberg drei Athleten auf die Verfolgung, während hinten Johannes Høsflot Klæbo sichtlich Probleme bekam. Kurz vor dem Skiwechsel konnte sich Spitsov von den Norwegern lösen und mit Vorsprung die Ski tauschen. Beim Wechsel entsorgte Bolshunov aus Platzmangel einen Stock in Klæbos Box, was den Norweger später aber nicht zu sehr behinderte. Laut Bolshunovs Aussage keine Absicht. „Das ist uns sofort aufgefallen. Die Jury hat das genau beobachtet, um zu sehen, ob der Stock Klæbo behindern würde beim Skiwechsel. Das war nicht der Fall, er hat ihn mit seinem Stock weggeschoben. So haben wir entschieden, dass die Jury nicht agieren muss“, sagte Pierre Mignerey bei NRK. Kurz darauf später lief Bolshunov in der Skatingtechnik Niskanen davon, der schon im ersten Anstieg schwer kämpfen musste.
Bolshunov ungefährdeter Sieger
Niskanen hatte nichts gegenzusetzen, als Denis Spitsov, der die WM in Oberstdorf wegen seiner Mittelhandfraktur verpasste, nur sieben Minuten später an ihm vorbeizog und mit 30 Sekunden Rückstand Jagd auf den Landsmann machte, der aber einsam und allein seinem ersten Gold bei diesen Spielen entgegenlief. Das russische Team schenkte Bolshunov quasi den Sieg, indem sie Spitsov zunächst zurückhielten. „Spitsov hat zusammen mit Holund attackiert. Aber wir hatten die Sorge, dass er Holund an Bolshunov heranführen könnte. Darum baten wir ihn, mit der Attacke bis zum Ende des Anstiegs zu warten“, sagte Egor Sorin. Auch wenn man auch Bolshunov in den letzten beiden Runden die Erschöpfung ansah und er die Arme immer wieder bis zum Boden hängen ließ, gewann er nach 1:16:09 Stunden dennoch souverän mit 1:11 Minuten Vorsprung vor Denis Spitsov, der nach der Verpflegung in der letzten Kurve auf dem stumpfen Schnee stolperte. Wie er später sagte, bestritt er den Skiathlon mit den Silber-Skiern von Natalia Nepryaeva.
„Meine Emotionen sind unbeschreiblich. Ich kann es noch kaum glauben, dass ich Olympiasieger bin. Ich habe im letzten Monat aber sehr viel Selbstbewusstsein entwickelt und mir war klar, dass ich es schaffen müsste, Olympiasieger zu werden. Ich bin froh, dass ich es schon im ersten Rennen geschafft habe“, sagte Alexander Bolshunov im russischen MatchTV. „Am Morgen hatte ich ein gutes Gefühl und als dann Iivo attackierte, haben wir beide uns im Klassischen abgesetzt. Ich wusste, dass das eine Chance ist, die man nicht auslassen sollte. Wir haben zuerst zusammengearbeitet, aber dann wurde mir klar, dass ich ohne unnötige Sorgen Richtung Ziel laufen sollte, so dass ich attackiert habe, um mein Gold zu holen.“ Mit zwei Minuten Rückstand sicherte sich Iivo Niskanen noch die Bronzemedaille vor Hans Christer Holund, der sich auf den letzten zehn Kilometern noch aus seiner Gruppe löste und bis auf 30 Sekunden an den Finnen herankam. „Für das erste Rennen ist eine Medaille ein gutes Ergebnis. Ich wusste, das die Möglichkeit besteht. Mit harter Arbeit und der Attacke früh im Rennen ist mir das gelungen. Die Russen waren heute unglaublich stark. Unglaublich, was für ein Tempo die heute laufen konnten. Es war etwas überraschend, dass ich das nicht mitgehen konnte“, sagte Iivo Niskanen im finnischen Fernsehen.
Norweger enttäuschend
Mehr als 20 Sekunden hinter Holund hatte Pål Golberg noch genügend Kräfte, um im Stadion William Poromaa einzuholen und ihn im Kampf um Platz fünf chancenlos stehen zu lassen. Perttu Hyvärinen jubelte über einen starken siebten Platz, Rang acht ging an Francesco De Fabiani. Den Kampf um Platz neun entschied Artem Maltsev gegen Clement Parisse und Scott Patterson für sich, nachdem der Russe erst für den mit Rückenproblemen ausgefallenen Sergey Ustiugov ins Aufgebot gerückt war. Schon vor dem Start hatte Klæbo gehörigen Respekt vor der Strecke geäußert, die definitiv eher Bolshunov und einigen anderen Athleten entgegenkommt. Die langen Anstiege, die gefühlt kaum vorhandenen Abfahrten und der sehr langsame Schnee hatten den Norweger zum Nachdenken gebracht, der auch wirklich schon früh zurückfiel und schließlich mit neun Minuten Rückstand als 40. das Rennen beendete. Ob er am Ende Kräfte sparte und wie der Sprintkurs ihm liegt, wird der Dienstag zeigen. Nach dem heutigen Rennen sieht es so aus, als wäre Klæbo als Schlussläufer der Staffel ein großes Risiko. Der 25-Jährige ging wortlos durch die Mixed-Zone.
Sjur Røthe sagt selbst von sich, dass offenbar „ein olympischer Geist“ über ihm hängt. Der Körper habe „nicht mitgespielt“. An den Ski lag es jedenfalls nicht: „Ich hatte sehr gute Ski.“ „Vielleicht kenne ich die Geschichte nicht gut genug, aber ich kann mich nicht an solche Rückschläge erinnern. Heute waren drei andere stärker als wir, das ist einfach so. Wir hätten näher dran sein müssen a Podium, um um die Medaillen zu kämpfen“, so Trainer Eirik Myhr Nossum. Später sagte er zu Klæbos Medienboykott und den neun Minuten Rückstand: „Natürlich ist er enttäuscht. Er wollte um die Medaillen kämpfen. Ich habe ihm im Rennen nicht direkt gesagt, dass er rausnehmen soll, aber dass er an den Sprint denken soll“, so Nossum, der mit dem Athleten selbst noch nicht gesprochen hat. Titelverteidiger Simen Hegstad Krüger ist nach wie vor auf der Seiser Alm, wo er nun negativ getestet wurde. Um nach Peking zu reisen, braucht er vier weitere negative Tests in den kommenden vier Tagen. Er hofft auf einen Start über 50 Kilometer am 19. Februar. Aber auch die Schweden Leo Johansson und Calle Halfvarsson taten sich nach ihrer Corona-Quarantäne mit nur eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten bis einschließlich letzten Mittwoch sehr schwer. Kontaktperson Halfvarsson wurde 30., der positiv Getestete Johansson 37. „Ich habe keine Luft mehr bekommen“, sagte er.
Alle Deutschen unter besten 20
Nach dem Ausfall von Jonas Dobler trat das deutsche Team nur mit drei Athleten an, die sich aber alle sehr gut schlugen. Friedrich Moch lag bis Kilometer 22,5 sogar unter den besten Zehn in einer Gruppe mit Maltsev und dem zurückfallenden Klæbo. Lucas Bögl hielt sich viele Kilometer zusammen mit dem besten Schweizer Jonas Baumann zehn Sekunden hinter Moch auf, beide liefen dann mit ihrer Gruppe an den 21-jährigen Deutschen heran. Friedrich Moch verlor erst am gefürchteten langen Anstieg der letzten Runde etwas den Anschluss an den Teamkollegen, kam im Zielsprint aber etwas näher an Bögl heran, was mit etwas mehr als vier Minuten Rückstand auf Bolshunov Platz zwölf und 13 für das deutsche Duo bedeutete. Dass im Rennen dann plötzlich Klæbo von vorne kam, war doch etwas überraschend: „Ich bin sang- und klanglos vorbeigelaufen. Ich denke, für ihn ist die Strecke einfach zu hart“, sagte Lucas Bögl. Florian Notz kam als dritter Deutscher als guter 19. ins Ziel, 45 Sekunden hinter den Teamkollegen. Wie der Deutsche Skiverband (DSV) eine Viertelstunde vor Rennbeginn mitteilte, habe sich der 30-Jährige vom SC Traunstein beim Warmlaufen nicht gut gefühlt, als „Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf die herausfordernden Bedingungen“ fiel dann die Entscheidung gegen eine Teilnahme. „Einen guten Teamerfolg“, nannte es Teamchef Peter Schlickenrieder. „Wenn von drei Startern alle unter die Top 20 laufen, dann kann man da mehr als zufrieden sein.“
Baumann 15. und Vermeulen 16.
Jonas Baumann kam etwa 15 Sekunden hinter Moch als 15. ins Ziel. „Es war sehr streng“, so der 31-Jährige nach dem Rennen im Fernseh-Interview. „Der erste Teil war super. Darauf lässt sich aufbauen.“ Direkt hinter dem Schweizer kam ein jubelnder Mika Vermeulen ins Ziel, der als 16. besser abschnitt als jemals im Weltcup. „Es brutal hart – ich bin so glücklich. Ich hab vor dem Rennen schon gesagt: Wenn alles gut geht, dann laufe ich heute Top 20. Es war aber das härteste Rennen, das ich je gelaufen bin. Es war nur am Anschlag – jedes Mal habe ich mir gedacht: Scheiße, jetzt reiße ich ab. Und dann habe ich gemerkt: Die vorne werden auch langsamer. Ab dem Zeitpunkt, wo der Niskanen im klassisch gegangen ist, war es eine Schlacht – nur noch eine Schlacht“, sagte der gebürtige Niederländer und ehemalige Junioren-Weltmeister in der Nordischen Kombination 2017. Candide Pralong lief als zweiter Schweizer auf Rang 22, Jason Rüesch wurde 27. Der Olympia-Debütant wirkte im Ziel jedoch etwas konsterniert. „Ich bin nicht zufrieden mit dem Resultat“, so der Bündner, der unter Bauchkrämpfen litt, im SRF.
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