Schwedens Herren-Staffel stürmt zum Olympiasieg – Deutsche abgeschlagen

Schweden © NordicFocus/www.nordicfocus.com

Die Schweden Lars Nelson, Daniel Richardsson, Johan Olsson und Marcus Hellner sind die neuen Olympiasieger in der Langlauf-Staffel der Herren. Silber ging an die Gastgeber aus Russland mit Alexander Bessmerthnykh, Dmitriy Japarov, Alexander Legkov und Maxim Vylegzhanin vor den überraschend starken Franzosen in der Besetzung Jean Marc Gaillard, Maurice Manificat, Robin Duvillard und Ivan Perillat Boiteux.

Schweden feiern souveränen Olympiasieg

‚Was die Damen können, können wir schon lange‘, dachten sich wohl die schwedischen Herren. Schon vor zwei Tagen hatte Daniel Richardsson in der Pressekonferenz prophezeiht, dass sicher auch noch eine Goldmedaille folgen werde, was das Quartett schon in der Staffel wahr machte. Das Team hielt von Beginn an das Tempo hoch und wurde auch durch einen frühen Sturz von Lars Nelson nur kurzzeitig zurückgeworfen. Bereits vor dem ersten Wechsel konnte sich Nelson gemeinsam mit dem Finnen Sami Jauhojärvi absetzen. Schweden und Finnland bestimmten auch durch ihre zweiten Läufer Daniel Richardsson und Iivo Niskanen, die sich vor zwei Tagen im Kampf um Bronze duelliert hatten, weiter das Geschehen. Erst auf der dritten Schleife musste Lari Lehtonen, die Achillesferse der finnischen Mannschaft, Johan Olsson ziehen lassen, der dem Titelgewinn entgegenstürmte. Der Finne sammelte bis zum Wechsel mehr als eine Minute Rückstand an. Die Schweden waren seit 42 Jahren das erste Team, dem es gelang, sowohl Damen- als auch Herren-Staffel bei denselben Olympischen Spielen zu gewinnen.

Alexander Legkov sprengt Verfolgergruppe

Auf der Verfolgung des schwedisch/finnischen Führungsduos hatte sich zuvor nach dem ersten Wechsel eine fünfköpfige Verfolgergruppe gebildet, die unter dem hohen Tempo des dritten Russen Alexander Legkov nach etwa 25 Kilometern auseinanderbrach. Die Gastgeber hatten im Klassikrennen ihre Medaillenanwärter Legkov und Vylegzhanin geschont, um heute in der Staffel Gold zu holen. Dadurch ausgeruht legte Legkov ein unglaubliches Tempo vor und kam bis zum Wechsel bis auf 14 Sekunden an die Schweden heran auf die zweite Position. Dieses Tempo konnte sein Landsmann Maxim Vylegzhanin aber nicht anschlagen, der Russe fiel sogar zu den überraschend starken Franzosen zurück. Im Kampf um Silber und Bronze setzte Ivan Perillat Boiteux am letzten Anstieg eine Attacke, die Vylegzhanin aber problemlos kontern konnte. Mit etwas Abstand ging der Russe in die Abfahrt ins Stadion und sicherte seinem Team die Silbermedaille vor den Franzosen. Für Frankreich war dieser Erfolg die insgesamt 100. olympische Medaille in der Geschichte – zuvor hatte nur Roddy Darragon mit seinem Sprint-Silber 2006 für die Langläufer etwas zu dieser Zahl beigesteuert. Die Norweger hatten wieder mit enormen Wachsproblemen zu kämpfen und verloren schon durch ihren Startläufer Eldar Rønning den Anschluss. Auch Chris Jespersen erging es nicht besser. Eine starke Leistung bot nur Martin Johnsrud Sundby, doch der Norweger ging unter der Tempoarbeit von Legkov völlig blau und kam mit einer Minute Rückstand zum letzten Wechsel. Für Petter Northug war nicht mehr als der vierte Rang vor Italien und Finnland drin. Das norwegische Wachsteam hatte zuvor noch einmal alles in die Waagschale geworfen und die Ski des Schlussläufers kurz vor dessen Start noch einmal völlig anders präpariert hatten – offenbar mit Erfolg: Northug habe gute Ski gehabt, so die Aussagen nach dem Rennen.

Filbrichs Sturz wirft Team zurück

Wie vor einem Jahr im Val di Fiemme wurde das deutsche Quartett in der Besetzung Jens Filbrich, Axel Teichmann, Tobias Angerer und Hannes Dotzler vom Pech verfolgt. Schon Startläufer Jens Filbrich wurde nach einem Sturz im völlig falschen Moment, als die Schweden das Tempo verschärften, aussichtslos zurückgeworfen. „Ich lag in guter Position. Ich habe gewusst, dass die Post gleich abgeht. Dann ist von links ein Italiener (Nöckler) gekommen, ich habe den nicht gesehen. Der macht einen Skatingschritt von links nach rechts direkt über meinen Ski. Dann haben wir uns verhakt und dann lag ich da. Das Problem war, mein Ski war so unter meinem Körper verkeilt, dass ich überhaupt nicht hochkam“, beschreibt Jens Filbrich die für das deutsche Team entscheidende Szene des Rennens. „Dann läuft man hinterher, ist geschockt, die Muskulatur macht gleich zu und dann habe ich versucht, so gut wie möglich Schadensbegrenzung zu betreiben. Ich habe gemerkt, ich komme nochmal hin zu der Gruppe vor mir. Allerdings Schweden war dann weg.“ Filbrich wechselte an zehnter Stelle auf Axel Teichmann, der mit Vollgas sein Rennen begann. „Ich hatte versucht, auf dem ersten Kilometer Vollgas zu gehen, aber leider waren sie sich vorne sofort einig. Wenn sie ein bisschen gebummelt hätten, hätte ich noch rankommen können. So war es ein einsames Rennen und ich habe erst auf der letzten Runde ein bisschen verloren“, erklärte er und übergab mit 55 Sekunden Abstand auf Tobias Angerer.

Hoffnung nach Angerers starkem Beginn

Volles Risiko hieß die Parole auch für Tobias Angerer, denn: „wir haben es riskieren müssen, denn ob man am ende Fünfter, Sechster oder Siebter wird, spielt dann keine Rolle.“ So machte der Bayer zusammen mit Martin Johnsrud Sundby Sekunde um Sekunde gut und schnupperte sogar wieder an den Medaillen. Am letzten Anstieg der zweiten Runde war es dann aber um den Deutschen geschehen: „Am Anfang war das Tempo sehr, sehr hoch. Wir haben die Lücke geschlossen zu Italien und Russland. Es ist sehr gut gegangen, aber in dem Moment, als wir dran waren, hat der Legkov losgezogen. Erst bin ich geplatzt, dann der Sundby später noch. Es war am Anfang vielleicht etwas zu schnell“, meinte er später. Für Hannes Dotzler war mit 1:28 Minuten Rückstand beim letzten Wechsel auf Rang acht nichts mehr zu holen. Auch er versuchte das Unmögliche noch zu schaffen, aber ihm gelang der Anschluss an die Finnen vor ihm nicht mehr und er musste auch noch das Schweizer Quartett ohne Dario Cologna in der Besetzung Curdin Perl, Jonas Baumann, Remo Fischer und Toni Livers ziehen lassen. Für den deutschen Vierer blieb der neunte Platz mit 2:36 Minuten Rückstand auf die Olympiasieger aus Schweden.