Von Sebastian Eisenhut
Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) ist ein zentraler physiologischer Parameter im Ausdauersport, somit spielt sie auch im Skilanglauf eine tragende Rolle. Die Leistung im Skilanglauf setzt sich aus Ausdauer, Kraft und Technik zusammen, damit zählt sie zu eine der anspruchsvollsten Sportarten bei der die VO2max einen direkten Einfluss auf die Leistung hat. In diesem Artikel wird die Bedeutung der VO2max im Skilanglauf, welche Faktoren sie beeinflussen und wie wir sie durch gezieltes Training verbessern können beschrieben.
Was ist VO2max und warum ist sie von Bedeutung?
Sportwissenschaftler sprechen vom maximalen Sauerstoffaufnahmevermögen (VO2max), welche die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems und des Stoffwechselsystems widerspiegelt. Hierbei spielen Faktoren wie die beteiligte Muskulatur, Lebensalter, Geschlecht und Körpergewicht eine wichtige Rolle. Von ebenso großer Bedeutung ist das Herzvolumen, je größer dieses ist, desto größer ist auch die maximale Sauerstoffaufnahme.
Gemessen wird wie viel Liter Sauerstoff von einem Sportler pro Minute aufgenommen werden kann. Hier ist der Unterschied zwischen Untrainierten und Spitzensportlern sehr groß, die niedrigsten Werte sind circa drei bis dreieinhalb Liter und im Maximum bei fünf bis sechs Liter pro Minute. Um die Werte vergleichen zu können wird für die Darstellung der VO2max berechnet, wie viel Milliliter (ml) Sauerstoff pro Kilogramm Körpergewicht (kg) in einer Minute (min) aufgenommen werden kann. Bei männlichen Skilangläufern wurden VO2max Werte von 80-90 ml/kg/min und bei Frauen von 70-80 ml/kg/min gemessen. Somit erreichen Skilangläufer, auch im Vergleich zu anderen Sportarten, die höchsten jemals gemessenen Werte. Für durchschnittliche Freizeitsportler sind Werte von 35 – 50 ml/kg/min normal.
Mittlerweile können moderne Pulsuhren die VO2max schätzen, dies erfolgt anhand der Aufzeichnungen von Aktivitäten. Dazu werden Herzfrequenz- und GPS Daten ausgewertet. Wer allerdings genau wissen möchte, wie hoch seine VO2max ist, absolviert am besten eine Leistungsdiagnostik mit Spiroergometrie. Dabei wird gemessen wie viel Sauerstoff (O2) der Körper einatmet und wie viel Kohlenstoffdioxid (CO2) der Körper ausatmet. Anhand deines Körpergewichts wird dann wie oben beschrieben die maximale relative Sauerstoffaufnahme bestimmt.
Welche Faktoren beeinflussen die Maximale Sauerstoffaufnahme?
Es gibt verschiedene Faktoren, die die VO2max maßgeblich beeinflussen.
Genetik:Die Genetik beeinflusst die VO2max um bis zu 50%. Wenn ein Athlet bereits im Nachwuchsalter hohe Werte mitbringt, spricht man Umgangssprachlich auch oft von einem sogenannten „Ausdauertalent“.
Training:Durch gezieltes Training ist eine Steigerung um bis zu 20% möglich. Wenn man also beispielsweise in einem untrainierten Zustand, eine VO2max von 40 ml/kg/min hat, kann man diese optimalerweise auf einen Wert von bis zu 48 ml/kg/min steigern.
Sportart:Die ausgeübte Sportart spielt ebenso eine Rolle. Entscheidend ist, die beteiligte Menge an Arbeitsmuskulatur, die für eine Sportart benötigt wird. Also je mehr Arbeitsmuskulatur beim Ausüben einer Sportart beteiligt ist, desto höher ist die VO2max. Beim Rad fahren sind zum Beispiel nur die Beine aktiv in Bewegung, hingegen beim Langlaufen sowohl die Arme als auch die Beine. Somit können beim Skilanglauf höhere Werte als beim Radfahren erreicht werden. Interessant wird dies auch bei der Wahl der Leistungsdiagnostik, diese werden meist auf dem Laufband oder dem Radergometer angeboten. Da Laufen, ein Trainingsmittel im Skilanglauf ist und sich die Sportarten in ihrer Bewegung und Beteiligung der Arbeitsmuskulatur näher sind wie Radfahren, würde ich hier immer die Durchführung der Diagnostik auf dem Laufband empfehlen.
Technik & Koordination:Um die VO2max optimal ausnutzen zu können, wird eine gute Technik benötigt. Das bedeutet, dass man koordinativ in der Lage ist die benötigte Laufgeschwindigkeit sicher absolvieren zu können.
Höhenlage:Das Training in mittleren bis hohen Höhenlagen, kann die VO2max durch eine erhöhte Produktion von roten Blutkörperchen und die dadurch verbesserte Sauerstofftransportkapazität positiv beeinflussen. Zu beachten ist allerding, dass der beschriebene Effekt, der nur von kurzer Dauer ist. Sobald man die Höhe verlässt, findet die Rückanpassung statt. In der Praxis nutzen viele Profiteams und Nationalmannschaften den Effekt des Höhentrainings um sich auf Saisonhöhepunkte wie Weltmeisterschaften oder auch die Tour de France vorzubereiten.
Wie kann die VO2max durch Training optimiert werden?
Im Langlauftraining kann die VO2max am besten durch eine Kombination aus sehr extensivem Training und hochintensivem Training in Intervallform gesteigert werden. Man spricht auch von Low Intensity Training (LIT) und High Intensity Training (HIT). Das optimale Verhältnis entspricht 90% LIT und 10% HIT.
Beispieleinheit für ein Grundlagenausdauertraining (LIT):
Dauer:
2-3 Stunden
Intensität:
ca. 60-71% der maximalen Herzfrequenz (HFmax), möglichst gleichbleibend
Trainingsmittel:
Skilanglauf oder im Sommer Bergtouren, Radeinheiten und Skiroller
Tipp:
Ziel ist es, möglichst lange in der vorgegebenen Intensitätszone zu trainieren. Pausen und Belastungsschwankungen sollten möglichst vermieden werden.
Beispieleinheiten für High Intensity Training (HIT):
Intervalle
Dauer:
- Warm Up: 10-20 Minuten 60-72% HFmax
6-8 Minuten 83-87% HFmax - Intervalle: 3-5 Wiederholungen, jeweils 3-5 Minuten
Pause je 1-3 Minuten - Cool Down: 20-30 Minuten 60-72% HFmax
Intensität:
- Intervalle: 93-97% HFmax
- Pause: 60-72% HFmax
Trainingsmittel:
Skilanglauf oder im Sommer Stocklauf, Berglauf und Skiroller
Intermittierende Intervalle
Dauer:
- Warm Up: 10-20 Minuten 60-72% HFmax
6-8 Minuten 83-87% HFmax - Intervalle: 3-5 Serien
je 4-6 Minuten
im Wechsel 30 Sekunden Belastung und 30 Sekunden
Serienpause je 1-3 Minuten - Cool Down: 20-30 Minuten 60-72% HFmax
Intensität:
- Intervalle: 93-97% HFmax
- Pausen: 60-72% HFmax
Trainingsmittel:
Skilanglauf oder im Sommer Stocklauf, Berglauf, Bahnläufe und Skiroller
Tipp:
Bei den hochintensiven Trainingseinheiten sollte man zunächst kürzere Intervallzeiten und weniger Wiederholungen wählen. Damit wird der Körper nicht überfordert. Ziel ist es immer alle Wiederholungen mit der gleichen Intensität und Geschwindigkeit durchführen zu können. Im Normalfall gewöhnt sich der Körper nach ein paar Trainingseinheiten an die Belastungen und man kann die Intervalle länger gestalten und die Wiederholungsanzahl erhöhen.
Fazit
Die VO2max ist ein entscheidender Leistungsfaktor im Skilanglauf und spiegelt die Effizienz des Herz-Kreislaufsystems sowie der Sauerstoffnutzung wider. Skilangläufer erreichen aufgrund der gleichzeitigen Beanspruchung von Ober- und Unterkörper die höchsten VO2max-Werte aller Sportarten. Neben genetischen Voraussetzungen können durch gezieltes Ausdauertraining, insbesondere durch die Kombination von extensivem Grundlagentraining und hochintensiven Intervallen, erhebliche Steigerungen erzielt werden. Zusammengefasst wird die VO2max auch als Bruttokriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit bezeichnet.
Weitere Einflussfaktoren wie die sportartspezifische Technik, Koordination und der Einsatz großer Muskelgruppen unterstreichen die Bedeutung der VO2max im Skilanglauf. Ergänzend spielt auch das Training in der Höhe eine wichtige Rolle zur Optimierung der Sauerstofftransportkapazität.
Durch die Durchführung gezielten Ausdauertrainings lässt sich die VO2max verbessern, was sie zu einem zentralen Parameter macht, der die Ausdauerleistungsfähigkeit eines Athleten maßgeblich beeinflusst. Für Skilangläufer ist sie eine unverzichtbare Grundlage, die durch Diagnostik und systematische Trainingsplanung kontinuierlich gesteigert werden kann.
Quellen: Friedrich 2016, Sandbakk & Holmberg 2017, RTK DSV Skilanglauf
Sebastian Eisenhut ist Diplomtrainer des DOSB, ehemaliger Leistungssportler und war Cheftrainer der deutschen Junioren- und U23-Nationalmannschaften im Skilanglauf beim Deutschen Skiverband. In seinem Unternehmen Sportmeisterei gibt er seine Expertise aus dem Spitzensport direkt an Ausdauersportler aller Leistungsstufen weiter. Ob Trainingsplanung, Leistungsdiagnostik, Skilanglauf-Techniktraining oder Personal Training – Sebastian bietet maßgeschneiderte Betreuung und innovative Konzepte, die Sportler nachhaltig weiterbringen. Seine Leidenschaft für den Ausdauersport und seine fundierte Erfahrung machen ihn zu einem geschätzten Experten in der Szene. www.sportmeisterei.de