Alexander Bolshunov ist aktuell wohl einer der besten und vielseitigsten Langläufer der Szene. Ob er aber auf Dauer diese Sportart betreibt, ist fraglich. Immer wieder bringen die Medien durch Aussagen des Vaters einen Wechsel zum Biathlon ins Spiel.
Kindheitstraum: Biathlon
Alexander Bolshunov ist in einem kleinen Dorf mit 500 Einwohnern ganz im Westen Russlands an der ukrainischen Grenze aufgewachsen und stand schon früh auf Ski, um damit im Winter den Weg zur Schule zu bewältigen. Zunächst wurde er lange vom Vater trainiert, bis er in seiner Jugend in die 200 Kilometer entfernte Kreisstadt Bryansk zog, wo er die Sportschule besuchte. Eigentlich schon seit der heute 24-Jährige auf der internationalen Bühne aufgetaucht ist, gibt es in russischen Medien immer wieder die Meldung, dass Skilangläufer gar nicht der Berufswunsch des „Sasha“ gewesen wäre. Bolshunov wollte unbedingt Biathlet werden – und will es wohl auch heute noch! Damals war ein Ausüben des teuren Biathlonsports aber aus finanziellen Gründen nicht möglich, so dass Alexander Bolshunov sich fest vornahm, zunächst im Langlauf „alles zu erreichen, was es zu erreichen gibt“ und dann mit dem Biathlon zu beginnen. Zweimal gewann er die Tour de Ski, zweimal den Gesamtweltcup und wurde Weltmeister in Oberstdorf. Nach der Tour de Ski sagte er auf das Thema angesprochen: „Mein Wechsel zum Biathlon? Ich habe auch hier noch einige ungelöste Probleme. Aber wenn das alles erledigt ist….?“ Einen genauen Zeitpunkt für den Wechsel hat Bolshunov nie erwähnt, aber mit dem fehlenden Titel des Olympiasiegers wäre ein Wechsel nach den Olympischen Spielen in Peking 2022 durchaus möglich. Sofern er nicht vorher noch weitere Medaillen im Langlauf gewinnen will…
Bolshunov dementiert Ende April
Bolshunovs Ziel für den kommenden Winter ist zunächst einmal olympisches Edelmetall im Langlauf. „Wenn man darüber nachdenkt, nach den Olympischen Spielen zu wechseln, muss ich dort zunächst einmal eine Medaille gewinnen. Ich werde mein Bestes geben, mich so gut wie möglich vorbereiten und versuchen, das bei den kommenden Olympischen Spielen zu realisieren. Ich habe keine Ahnung, wie es laufen wird. Aber ich denke, ich werde genügend Motivation haben“, meint Bolshunov. „Das wird bei mir immer der Fall sein, denn mich motiviert nicht nur die Aussicht auf olympisches Gold sondern auch der Kampf mit de Rivalen, die auch immer sehr stark sind.“ Von einem Wechsel der Sportart schon im kommenden Sommer will der Langlauf Star aber zumindest öffentlich noch nichts wissen: „Ich werde immer wieder auf einen Wechsel zum Biathlon angesprochen, die Fragen kommen immer zuerst, aber ich antworte da normalerweise nicht drauf. Aber die Meldungen gibt es dennoch. Dann fragen sie eben Johannes Bø, Fourcade oder andere. Ich habe keine Information herausgegeben, dass ich irgendwohin gehen werde. Das ist nur die Presse, die das immer gerne ausschmückt“, sagte der 24-Jährge im April live bei Russia 24. Zu den Biathleten, die auf Bolshunov angesprochen wurden, gehörte auch der Schwede Sebastian Samuelsson: „Herzlich Willkommen! Das wäre super. Ich denke wirklich, er sollte zum Biathlon wechseln.“ Johannes Thingnes Bø sieht die Gerüchte nicht ganz so positiv, wie er dem Dagbladet sagte: „Ich denke, er würde es schon bereuen, wenn er die Sportart wechseln würde, aber natürlich würde ihm die Biathlon Welt alle Türen öffnen, wenn er es versuchen würde. Es wäre wohl eine schöne Herausforderung – sowohl für ihn als auch für uns. Vielleicht will er einfach etwas Neues ausprobieren. Das würde ihn sicher reizen. Vielleicht wandelt er schon nach den Olympischen Spielen auf den Spuren von Stina Nilsson und wechselt die Sportart.“
Schießtalent vorhanden?
Auch wenn Bolshunov zur Zeit über das Thema nicht reden will, äußerte sich schon im letzten Jahr Bolshunovs Vater zu einem Wechsel zum Biathlon und fachte die Spekulationen damit erst so richtig an: „Vor vielen Jahren sagte ich ihm: ‚Sanya, du musst einfach Biathlet werden.‘ Nebenbei gesagt: Er schoss einfach erstklassig. Er hatte auch schon seine eigene Waffe. Aber er war noch sehr klein, als wir langlaufen gingen und ich ihn mit dem Biathlon in Kontakt brachte. Aber es ist ein kostenintensiver Sport und dann haben wir das nicht weiter verfolgt. Ich sagte ihm dann: ‚Junge, gewinne alles, was man gewinnen kann im Langlauf und dann kannst du auch später noch Biathlet werden.‘ Wir haben vor langer Zeit über dieses Thema gesprochen. Aber im Leben muss man die Ziele auch mal anpassen. Warten wir ab, was noch passiert“, so Alexander Bolshunov senior nach dem zweiten Tour de Ski Sieg zu RIA Novosti. Genug verdient hat der Junior inzwischen definitiv, so dass finanzielle Gründe ihm längst nicht mehr im Weg stehen. Allein im letzten Winter verdiente knapp 220.000 CHF Preisgeld und bekam schließlich von einem Sponsor ein Laufband fürs Ski Training finanziert, damit er nun dieselben Trainingsbedingungen hat wie Klæbo & Co.
Abwerbungsversuche wegen russischer Biathlon Misere
Bolshunovs Pläne, später auch noch im Biathlon auf Medaillenjagd zu gehen, dürfte dem russischen Biathlon Verband sehr gefallen: Wegen der schwachen Leistungen der Biathleten um Alexander Loginov versuchte der Verband in den letzten Monaten immer wieder, zahlreiche erfahrene Langläufer oder auch junge Talente zum Wechsel zum Biathlon zu bewegen. Bisher erfolglos. Manche versuchten sich sogar im Schießen, andere lehnten direkt kategorisch ab. Zu den Angesprochenen, die die Offerte später gegenüber der Presse erwähnten, gehörte zum Beispiel der weltcuperfahrene Alexey Chervotkin, aber auch das junge Talent Veronika Stepanova, die im letzten Winter bei den Junioren Weltmeisterschaften sehr erfolgreich war. Sie testete schon als Jugendliche in einem regionalen Trainingslager gemeinsam mit den Biathleten das Schießen und räumte direkt alle fünf Liegend Scheiben ab. Aber als sie dann mit 15-16 regionale Biathlon Rennen laufen sollte, entschied sie sich auf Anraten ihres Langlauf Trainers, beim Langlauf zu bleiben. In den letzten Jahrzehnten wagten viele Langläuferinnen und Langläufer den Schritt zum Biathlon wie Magdelana Forsberg und Anna-Karin Olofsson-Zidek, Anfisa Reztsova, Evgeny Garanichev, Evi Sachenbacher-Stehle, Miriam Neureuther, Denise Herrmann, Kati Wilhelm, Simone Greiner-Petter-Memm und zuletzt Stina Nilsson, die den Sprung in die Weltspitze aber noch nicht geschafft hat.
Borodavko und Välbe schließen Wechsel aus
Bolshunovs aktueller Trainer Yuriy Borodavko, der als Schleifer bekannt ist, was Bolshunov aber scheinbar zu Gute kommt, schließt ein Abwandern seines Schützlings aus. „Solche Journalisten amüsieren mich immer, die so gierig auf solche News eingehen. Leute, schaltet mal euren Kopf ein! Haltet doch mal einen Scherz und eine ernst gemeinte Meldung auseinander! Biathlon ist ein schwieriger Sport, wo die Athleten hart arbeiten müssen. Sie trainieren auf sehr hohem Niveau. Man muss auch die Leistungen anderer Sportler respektieren. Man kann nicht einfach beschließen, dass er wechselt, im Weltcup an den Start geht und die Biathlon Szene dominiert“, lachte Borodavko. Auch Elena Välbe will von einem Wechsel nichts wissen, wie sie im März in einem SportBox Interview sagte: „Nein, nein, Bolshunov wird nirgendwo hingehen – auch nicht zum Biathlon! Aber was soll ich als Präsidentin des russischen Skiverbandes auch anderes sagen?“