Jarl Magnus Riiber (NOR), der erfolgreichste Nordische Kombinierer in der Geschichte des Sports, hat am Mittwoch Vormittag angekündigt, seine Karriere am Ende der Saison zu beenden. Der Dominator der letzten Jahre in der Nordischen Kombination reagiert damit auf anhaltende gesundheitliche Probleme.
„Endlich Antworten erhalten“
Für Beobachter der Szene dürfte die Ankündigung nicht völlig überraschend gekommen sein. Schließlich hatte Riiber in dieser Saison bereits mehrfach über seine gesundheitlichen Probleme gesprochen. Außerdem hatte er nach den Wettkämpfen sichtbar erschöpfter gewirkt, als man dies von ihm gewohnt war. Woher die Probleme stammten, wusste Riiber aber bis vor kurzem selbst nicht. Nach zahlreichen Tests und Krankenhausbesuchen in der Weihnachtspause steht nun fest: Riiber leidet unter Morbus Crohn. Die chronische entzündliche Darmerkrankung kann auch zu Glieder- und Sehnenschmerzen führen und das Immunsystem beeinträchtigen. „Ich bin froh, endlich Antworten erhalten zu haben“, berichtete Riiber in einer eigens einberufenen Pressekonferenz. „Ursprünglich dachte ich an eine Lebensmittelunverträglichkeit. Im Nachhinein betrachtet erkenne ich ein Muster in meinen zahlreichen Erkrankungen der letzten Jahre. Allerdings war es nie so schlimm wie seit Oktober letzten Jahres. Da hat mein Körper dichtgemacht und einfach nicht mehr wie gewohnt funktioniert.“
Erfolgreichster Kombinierer der Geschichte
Mit derzeit 76 Einzel-Weltcupsiegen sowie 103 Podiumsplätzen schreibt Riiber beinahe jedes Wochenende an seiner eigenen Geschichte. Zu seinen größten Erfolgen zählen auch insgesamt elf Medaillen bei Weltmeisterschaften, darunter vier Goldmedaillen im Einzel und weitere vier in Teamwettbewerben. Bei der Heim-WM in Trondheim (NOR) nächsten Monat sollen weitere folgen. Außerdem gewann er Silber mit dem Team bei den Olympischen Spielen in PyeongChang. Den Rekord für die meisten Siege im Gesamtweltcup – fünf an der Zahl – teilt er sich mit Eric Frenzel. Noch. Denn Riiber trägt trotz seiner Erkrankung auch in dieser Saison derzeit das gelbe Trikot des Spitzenreiters und könnte, so sein Körper mitspielt, am Ende der Saison als alleiniger Rekord-Gesamtsieger abtreten.
Frenzel als Vorbild
Was in seiner umfangreichen Medaillen-sammlung noch fehlt, ist eine Einzelmedaille bei Olympischen Spielen. „I don’t care“, antwortet Riiber allerdings bei der Pressekonferenz auf Nachfrage. Um dann auszuholen: „Was mich motiviert hat, Nordische Kombination zu betreiben, war Eric Frenzel und sein gelbes Trikot. Das war mir in meiner Karriere am wichtigsten, das war es, was mich motiviert hat, zwei-, dreimal am Tag rauszugehen und zu trainieren, mich anzustrengen, um der beste Athlet der Welt in der Nordischen Kombination zu werden. Für viele ist der Olympische Traum wichtig. Aber für mich war am wichtigsten, Teil des FIS Weltcups und der Weltmeisterschaft zu sein. Ich war bei Olympia und hatte dort viele lustige Momente, von daher wäre es schön, eine Einzelmedaille zu haben. Aber es kümmert mich nicht.“
Freude auf Zeit mit der Familie
Was Riiber dagegen sehr wichtig ist, ist Zeit mit seiner Familie zu verbringen. „Nur wenige Leute wissen, wie viele Opfer es mich gekostet hat, der weltbeste Kombinierer zu werden. Ich hatte in meiner Karriere zahlreiche Verletzungen – kaputte Knöchel und Knie, achtmal die Schulter ausgekugelt, schwache Lungen, Gelenksschmerzen und mehr“, zählt Riiber auf. Dazu kamen immer wieder Infekte. Um sich wenigstens davor so gut es geht zu schützen, ging Riiber teils ziemlich extreme Wege. Er isolierte sich phasenweise über Wochen auch von Partnerin Sunna und den Kindern Ronja (4) und Birk (10 Monate). „Seit September habe ich meine Familie drei Wochen gesehen.“ Dies soll sich nun ändern. „Die Medikamente helfen sehr, aber sie schwächen mein Immunsystem. Zwar sind die Ärzte optimistisch, dass ich normal weiter Wettkämpfe bestreiten könnte. Unsicherheiten bezüglich meiner Gesundheit bleiben aber dennoch. Deshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um ein neues Kapitel meines Lebens zu beginnen. Die Olympiasaison hätte noch mehr Opfer erfordert, und dabei wären die Chancen 50:50 gestanden, ob mein Körper am Ende funktioniert hätte. Deshalb habe ich beschlossen, kein weiteres Jahr dranzuhängen.“
WM oder Weltcup – oder beides?
Ein großes Ziel hat Riiber aber noch, bevor er die Ski an den Nagel hängt – die Heim-Weltmeisterschaft in Trondheim. Dem wird er notfalls auch den Gesamtweltcup opfern. „Nach Schonach konnte ich einige Tage gut trainieren. Jetzt kommt es drauf an, wie mein Körper diese Belastungen verkraftet. Am Sonntag nach dem Seefeld Triple werde ich einige Entscheidungen treffen. Je nachdem, wie mein Körper mitmacht, werde ich alles auf die WM setzen, oder aber versuchen, WM und Weltcup zu bestreiten und nach Otepää zu fahren.“ Zumindest kann er dank der Diagnose und Behandlung nun versuchen, einen guten Mittelweg zwischen Training und Ernährung zu finden, um in Zukunft wieder einen stärkeren Körper zu haben. „Ich hatte zwar einige gute Rennen, aber ich war ein furchtbar schlechter Langläufer dieses Jahr. Hoffentlich kann ich jetzt wieder um Zielsprints kämpfen, statt nur zurückzufallen.“
Keine Enttäuschung, sondern Erleichterung und Freude
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Ob Riiber enttäuscht ist, seine Karriere beenden zu müssen? „Im Moment bin ich eher erleichtert, endlich zu verstehen, was falsch war, und jetzt die Möglichkeit zu haben, ein neues Kapitel meines Lebens zu beginnen. Ich bin generell ein positiver Mensch, und ich blicke auch jetzt positiv in die Zukunft.“ Von daher sei es eine einfache Entscheidung gewesen, sagt Riiber: „Die Entscheidung kam langsam, im Oktober oder November, als die Probleme sich verstärkten und auch nach Ruka und Lillehammer noch anhielten. Ich bin wirklich happy mit dem, was ich erreicht habe, und freue mich darauf, mehr Zeit bei meiner Familie zu verbringen, ohne ständig Angst haben zu müssen, wieder krank zu werden.“