Wie so viele Abenteuer begann auch dieses mit einem Zufall. Irgendwo in den Weiten des Internets muss ich vor mehr als einem Jahr von diesem Rennen im Westen Grönlands gelesen haben. 160 Kilometer Klassik in drei Tagen und Übernachtung im Zelt-Camp: Das hörte sich wirklich vielversprechend an und las sich auch ganz angenehm im warmen heimischen Büro.
24.3.2009: 1. Tag
Nach über einem Jahr Planung habe ich heute zusammen mit unserem Fotografen Arnd Hemmersbach und meinem Kumpel Thomas Freimuth grönländischen Boden betreten. Am Flughafen von Sisimiut empfing uns eine Landschaft aus Eis und Schnee, aber leider nicht das vollständige Gepäck. Nach unserem ersten Zwischenstopp in Kopenhagen tags zuvor und dem Weiterflug zum größten Flughafen Grönlands in Kangerlussuaq blieben einige Taschen auf der Strecke. Kein Problem, erklärte man uns, die kämen sicher mit der nächsten Maschine in circa drei Stunden. Dem war dann auch tatsächlich so und einer ersten Trainingseinheit stand nichts mehr im Weg. Thomas und mir angeschlossen hatte sich dann auch der Däne Jonas Thor Olsson. Er ist Titelverteidiger beim Arctic Circle Race und Langlauf-weltcuperprobt. Bereits in einer kurzen Einheit von 1:30 Stunden mussten wir die ersten steilen Anstiege überwinden, was uns heute einen Vorgeschmack auf die Renntage geben sollte. Am Abend stand dann noch ein erstes Info-Treffen auf dem Programm, bei dem uns Pressekoordinator Laust Logstrop Fakten zum Rennen und zum Wetter präsentierte. Demnach erwarten uns gute Bedingungen, denn es gab schon lange nicht mehr so wenig Wind und so gemäßigte Temperaturen wie in diesem März.
25.3.2009: 2. Tag
Nach einem ausgiebigen Frühstück testeten Thomas und ich heute einen ersten Teil der Original-Rennstrecke des ACR. Und was wir da sahen, versetzte uns schon etwas ins Staunen. Lange, anspruchsvolle Anstiege und steile, skipistenähnliche Abfahrten warten da auf uns. Doch die Strecke war perfekt präpariert und das Laufen machte richtig Spaß. Lediglich der Fünf-Kilo-Rucksack drückte etwas auf die Schultern. Er ist Pflicht und enthält unter anderem auch ein Überlebenspaket. Nach unserer Rückkehr nach Sisimiut und einer heißen Dusche besuchten wir das Rennbüro. Zum einen mussten wir noch bestimmte Ausrüstungsgegenstände wie Schlafsack und Iso-Matte organisieren, zum anderen konnte man dort einen schnellen Internetzugang nutzen, um kurz mit den Daheimgebliebenen zu kommunizieren. Beim Abendessen ergaben sich dann wie schon am Tag zuvor interessante Gespräche mit den unterschiedlichsten Teilnehmern. Ob nun mit einem fast 70-jährigen Schweden, der schon dreißig Mal den Vasalauf bestritten hat und hier in Grönland eine neue Herausforderung sucht, oder einem dänischen Journalisten, der vor vier Jahren mit seiner Frau nach Grönland zog, hier für eine der zwei Tageszeitungen schreibt und erst seit zwei Monaten auf Langlaufskiern steht. Sie alle werden die Herausforderung Arctic Circle Race auf sich nehmen.
26.3.2009: 3. Tag
27.3.2009: 4.Tag
Der Blick am Morgen aus dem Fenster verriet nichts Gutes. Der Schneefall war deutlich mehr geworden. Trotzdem machten wir uns rennfertig und bereiteten sowohl den Rucksack als auch die Tasche mit dem Gepäck für das Zelt-Camp vor. Letztere musste bereits bis spätestens acht Uhr abgegeben worden sein, um mit Pistenraupen ins Camp transportiert zu werden. Kein einfaches Unterfangen, wenn man bereits die ganze warme Bekleidung samt Schuhen darin verstauen musste und hinterher nur noch auf die Wettkampfbekleidung zurückgreifen konnte. Um 8:45 Uhr erhielten wir dann die Nachricht von der Absage
28.3.2009: 5.Tag (1. Etappe)
29.3.2009: 6.Tag (2.Etappe)
Nach einer etwas unruhigen Nacht waren Thomas und ich bereits um kurz nach 6 Uhr wieder auf den Beinen. Der Schlafsack wärmte zwar sehr gut, aber das Gesicht bekam die Minusgrade im Inneren des Zeltes deutlich zu spüren. Müde schleppten wir uns zum Frühstück und füllten unsere Energiespeicher mit Hirsebrei und Müsli. Feintuning für die Ski und das Packen des Rucksacks brachten uns dem Start sehr nahe. Wir platzierten unsere Ski in der ersten Startreihe und ließen unsere Rucksäcke wiegen. Dann ging es los auf die zweite und letzte Etappe. Ich versuchte von Beginn an die Spitzengruppe nicht aus dem Blick zu verlieren und das gelang mir auf den ersten Kilometern. Allerdings weckte das auch die Befürchtung in mir, dass ich zu schnell angegangen sein könnte. Klaus lief bereits nach der ersten Schleife wieder zu mir auf und wir erreichten gemeinsam den Fuß des ersten langen Anstiegs. Ich versuchte mit Tempo in diese erste Herausforderung zu gehen, aber mein Duellpartner konterte mit konstanter Geschwindigkeit. Ich versuchte den Abstand gering zu halten und blieb auf Schlagdistanz. Wie am ersten Tag musste man von Beginn an häufig grätschen und die Steigungen zogen sich endlos. Doch kurz vor Ende dieses ersten Hindernisses merkte ich, dass Klaus langsamer wurde. Bis zur Abfahrt konnte ich dann sogar an ihm vorbeiziehen und ich witterte meine Chance. Mit etwas mehr Risiko überwand ich das Gefälle bis zum nächsten Verpflegungspunkt und ging nach einem schnellen „Boxenstopp“ wieder in die Steigung, die parallel zur Abfahrt führte. Immer wieder schossen mir Anfeuerungs- und Motivationsgedanken durch den Kopf: „Auf geht’s! Komm jetzt! Mach Druck!“ Oben konnte ich mich umschauen und Klaus war erstmal aus meinem Blickfeld verschwunden. Die nächsten stark abfallenden Meter waren schnell überwunden und von nun an befand ich mich wieder auf der Strecke zurück nach Sisimiut, die ich bereits vom Hinweg auf der ersten Etappe kannte. Welliges Gelände brachte mich schließlich zum Fjord mit der schlechten Spur und auch dieses Mal musste ich zwischen Schieben und Diagonaltechnik wechseln, um Kräfte zu sparen. Die waren dann für das letzte Hindernis von Nöten, das mich vom Ziel trennte. Es war schon ein imposanter Anblick der sich mir da bot. 400 Höhenmeter auf kürzester Distanz schraubten sich vor mir in den Himmel. Ich nahm noch einmal einen kräftigen Schluck aus der Flasche und marschierte los. Zuerst drehte ich mich immer wieder um und schaute zurück, ob meine Verfolger näher kamen. Nachdem dies aber nicht der Fall war, konzentrierte ich mich ganz auf meinen Schritt. Mitten im Anstieg überholte ich immer wieder Läufer der kürzeren Distanz, die ihre Ski abgeschnallt hatten und zu Fuß den Berg hochkletterten. Weiter oben meinte man dann, es geschafft zu haben, aber nach wenigen flachen Metern stand man vor der nächsten Rampe. Schließlich kam Verpflegungsposten K4 und damit das Ende der Steigung in Sicht. Jetzt war das gröbste geschafft. Ich tankte noch einmal auf und lief den nächsten Wellen entgegen. Die nächste lange Abfahrt war noch ein, zwei Kilometer entfernt und die kleinen Hügel zehrten an meinen Kräften. Dann lag sie aber endlich vor mir und am Horizont war schon der Skilift von Sisimiut zu sehen. Ich merkte, wie in mir neue Reserven frei wurden und stürzte mich ins Gefälle. Von hier aus kannte ich den Weg zurück und im folgenden leicht steigenden Gelände zog ich einen langen Schritt. Schließlich sah ich Arnd an der Strecke stehen, der Fotos machte. Er feuerte mich an und rief mir zu, dass von Klaus weit und breit noch nichts zu sehen sei. Kurz vor dem Skilift holte ich schließlich sogar noch einen Grönländer ein. Wie ich später erfuhr, hatte er Magenprobleme und einen Einbruch erlitten. Am ersten Tag war er schneller gewesen als ich, am Ende behauptete er 24 Sekunden Vorsprung in der Gesamtwertung. Das störte mich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht. Die letzte kurze Abfahrt und leicht welliges Gelände brachten mich dann schließlich in Zielnähe. Dort hatte sich halb Sisimiut versammelt und feuerte jeden Läufer an. Mit erhobenen Händen überquerte ich dann die Linie und wurde sofort von unserer Pressebetreuerin Nini und Arnd empfangen. Es dauerte eine Weile, bis ich ausgeschnauft hatte. Platz sieben in der Etappenwertung und Platz acht in der Gesamtwertung standen schließlich für mich zu Buche. Damit war ich mehr als zufrieden. Beim Umziehen habe ich auch Thomas getroffen. Er hat das Rennen ganz klar vor dem Schweizer Simon Dreyer gewonnen. Wir wurden dann vom Veranstalter schnell ins Hotel gefahren und nach einer Dusche wieder abgeholt. Thomas wurde noch als Sieger präsentiert und wir vermeldeten die Nachricht aus dem Rennbüro via Skype in die Heimat. Nach einem ausgiebigen Abendessen werden wir uns jetzt ziemlich schnell schlafen legen. Morgen geht es schließlich ziemlich früh zurück nach Hause.
Danke an die Partner
Ein großes Dankeschön geht an unsere Materialpartner, die uns für dieses Abenteuer bestens ausgerüstet hatten. Mit Ski und Schuhen von Fischer, der Bekleidung von Löffler, Stöcken von Oneway und Brillen von Uvex waren wir auf alle Unwägbarkeiten eingestellt. Was gutes Material wert ist, hat uns vor allem der Freitag gezeigt, an dem zwar die Etappe abgesagt wurde, wir aber dennoch hätten starten können.