Es ist einer dieser sonnigen Sommertage im August. Die Klausuren im Studium sind geschrieben, die Semesterferien sind da. Und so packe ich meinen Rucksack, ziehe meine Langlaufschuhe an und steige in die Bindung der Skiroller. Genau so wird mein neuer Alltag in den nächsten Wochen ausschauen: Unterwegs auf Cross-Rollern an den Atlantischen Ozean. Jedes Land, jede Region, jede Ortschaft und jeden Meter des Weges werde ich im Alleingang auf meinen SRB XRS01 bereisen und erleben. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie die ganze Geschichte hier ausgehen wird, aber genau das macht es so spannend. Los geht’s!
Bindungsprobleme und Stockbruch
Ich tausche noch einige Schrauben und Muttern aus, um den Roller bei Bedarf unterwegs einfacher reparieren zu können, und rolle mich auf den ersten Kilometern erst einmal gemütlich ein. Nachdem ich meine Heimat in Bayerisch-Schwaben auf mir bekannten Wegen verlassen habe, überquere ich die Grenze nach Baden-Württemberg und folge der Donau über Ulm, Riedlingen und Sigmaringen ins Obere Donautal. Gewitter ziehen auf und es fängt zu regnen an, sodass die Schotterwege schwer zu befahren sind. Aber dann, nach nicht einmal 200 Kilometern… Sturz!!! Ich falle nur noch unkontrolliert auf die Seite und komme echt blöd auf. Zack, mein linker Stock ist ab! Nein, das darf nicht wahr sein. Gesundheitlich geht es mir auf den ersten Blick (bis auf ein paar Schürfwunden) ganz gut. Aber was sehe ich da? Mein Roller liegt weit hinter mir. Die Bindung muss aufgegangen sein. Was zur Hölle? Wie ist das passiert? Naja, durch Grübeln komme ich nun auch nicht weiter. Zum Glück habe ich auf vergangenen Touren dazugelernt und führe nun in der Rucksackhalterung einen Vario-Ersatzstock mit. Es kann also weiter gehen bis nach Tuttlingen in meine Studenten-WG, in der ich Ersatzstöcke zum Austauschen vor Ort haben werde. Auf dem Weg dorthin schüttet es wie aus Kübeln, es donnert und blitzt über mir. So habe ich mir den Start absolut nicht vorgestellt.
Muskelfaserriss – nahe am Scheitern
Nach einiger Zeit bekomme ich im linken Oberschenkel starke Schmerzen und versuche trotzdem, mit der letzten verbleibenden Kraft meine Wohnung in Tuttlingen zu erreichen – eine mir heute sehr willkommene Abwechslung zum Zelten. Ich komme irgendwann spätabends an, die Schmerzen sind höllisch, ich muss mich in der Dusche abstützen, humple einbeinig in mein Bett, kann eben noch die Chipstüte neben mir ergreifen und schlafe in Sekundenschnelle ein. Am nächsten Morgen ist ein Weiterrollen unmöglich: Ich kann nicht einmal ohne Schmerzen laufen und so werde ich wohl beim Orthopäden vorbeischauen. Im Warteraum schaue ich mir derweil in der Mediathek den CityBiathlon von gestern an, und ich staune nicht schlecht… Tarjei Boe ist in voller Fahrt aufgrund einer aufgegangenen Bindung heftig gestürzt – am selben Tag wie ich, mit demselben Bindungsmodell. Und dann kommt auch schon vom Arzt die schlechte Diagnose: Muskelfaserriss im Oberschenkel. Mindestens 3 Wochen Pause. Ich will es nicht wahr haben. Es ist vorbei. Meine Tour ist gescheitert. Fürs Erste.
Comeback – über Bodensee und Hochrhein in die Schweiz
Nach leichtem Grundlagentraining und einer guten Physiotherapie bin ich schon bald zurück auf Rad und Skirollern und kann wieder langsam an meiner Form und Kondition arbeiten. Ich habe den festen Plan, zurück auf Tour zu gehen. Ich weiß, alles spricht dagegen, und ja, ich sollte es aus gesundheitlicher Sicht eigentlich unterlassen, aber ich will das durchziehen. Inzwischen erreicht mich auch von Rottefella eine neue mechanische Sicherheitsverriegelung für die Rollskibindung. Vermutlich war das Auslösemoment der neuesten Chargen zu niedrig, aber ich bin immer noch unsicher, was nun zu meinem Sturz geführt hat, zumal ich ja auch zuvor selbst viel an dem Roller gebastelt habe. Und so bin ich nach nicht einmal vier Wochen Verletzungspause zurück auf Tour. Natürlich vorsichtig und mit Bedacht. Über die Bodenseeregion, den hügeligen Hegau und den Hochrhein rolle ich weiter gen Westen. Zuerst auf deutschem Bundesgebiet, anschließend in der Schweiz, und dann gleich wieder zurück über die Grenze, sodass ich binnen eines Tages insgesamt zehn Grenzübergänge zu verzeichnen hatte. Und das glücklicherweise ohne Quarantäne. Ich passiere den Rheinfall bei Schaffhausen, die Städte Waldshut, Laufenburg und Bad Säckingen und rolle weiter in die Schweiz nach Basel, wo ich bei einem Langläufer im Garten zelte. Am nächsten Morgen regnet es wieder ohne Unterbrechung. Und als wäre das nicht genug, muss ich mich beim Aufwachen heftig übergeben. Ich werde ungeplant zu einem Pausentag gezwungen. Das ganztägig andauernde Übelkeitsgefühl führe ich auf das ungefilterte, abgestandene Friedhofswasser des Vorabends zurück.