Ich bin am Atlantik!
Nicht mehr weit bis zum Atlantik! Auch wenn der Gegenwind zunimmt, kämpfe ich mich Kilometer für Kilometer vorwärts, und lasse mich per Komoot gen Westen navigieren. Nach einigen Kilometern des Umherirrens finde ich einen passablen, mit den Cross-Rollern schön zu fahrenden Schotterweg und folge diesem auf den restlichen Kilometern bis zum Meer. Und hier stehe ich nun, am Atlantischen Ozean, doch eine schöne Küste gibt es hier nicht. Wer mich kennt, weiß, dass hier nicht Schluss war 😉 Ich entscheide mich, zurück zur Mündung der Loire und weiter an der Atlantikküste gen Norden zu rollen. Mir wurde schon gesagt, dass ich dazu zwingend eine autobahnähnliche Brücke bei St-Nazaire überqueren müsse. Ich sehe die Silhouette der Brücke schon aus der Ferne, aber was für ein krasses Ding ist das denn? Ich entziffere ein französisches Schild – irgendetwas von ehemals längster Schrägseilbrücke der Welt steht da geschrieben – und so ist der Brückenzug fast dreieinhalb Kilometer lang. Zu meinem Entsetzen gibt es einen etwa 40 cm breiten Gehweg, der die vorbeirasenden LKWs vom Geländer und dem 70 m weiter unten gelegenen Fluss trennt… Ich bin am Verzweifeln. Selbst der Doppelstockschub ist fast unmöglich, es hat enormen Seitenwind, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Der Carbon-Stock muss ziemlich viele heftige Schläge einstecken. Die Autos rasen weiter vorbei. Schluss. Aus. Das geht mir zu weit. Mein oberstes Ziel ist es, sicher anzukommen und nicht dabei drauf zu gehen. Für das erste Mal auf dieser Tour schnalle ich also meine Roller unterwegs ab. Ich will die gefährliche Strecke zu Fuß laufen, aber eine liebenswerte Französin nimmt mich sogar auf die andere Seite der Brücke mit. Hier geht’s entspannt weiter, bis ich irgendwann nach vielen weiteren Kilometern eine kleine verlassene Strandbucht, umgeben von Steilfelsen, entdecke. Ich überlege es mir kurz, aber dann ist es mir klar: Hier wird mein Endziel sein. Ich musste hart dafür kämpfen und sehr oft über meine persönlichen Grenzen gehen, aber nun bin ich da. Am Ziel.
Epilog – Der Weg ist das Ziel
Ein Einheimischer kommt vorbei und fragt mich auf Englisch, was ich mit diesen Sportgeräten hier vorhabe. „Crossing Europe? And you have chosen this lost place as your final destination in Western Europe?“ Ich überlege kurz und bejahe es. Ich wollte nie an einem überfüllten Strand stehen, sondern den Moment einfach nur alleine genießen können. Mir kommt der Gedanke: Aber war das nun wirklich das lang ersehnte Ziel meiner Reise? Nein, ganz sicher nicht, denn vielmehr waren all die kleinen Städte, Dörfer, vor allem die Begegnungen, Erlebnisse und Landschaften das Ziel. Der Weg war das Ziel. Und der Weg ist das Ziel. Auf geht’s ans andere Ende von Europa. Auf geht’s ans Schwarze Meer.
Servus und bis bald, Stefan
An dieser Stelle müsste ich eigentlich so unglaublich vielen Leuten danken, was aber den Rahmen dieser Reportage sprengen würde. Ihr werdet es mir verzeihen 😉 So bleibt mir zumindest ein herzliches Dankeschön an SRB für die tolle Unterstützung und den super Cross-Roller, der mich in allen Facetten begeistert hat, an LEKI für die mega Stöcke und Handschuhe, und natürlich an Mario und das gesamte xc-Ski-Team für die Unterstützung 😉