Die Sonne lacht, die Strecke ist perfekt präpariert und knapp 300 Starter freuen sich mit mir auf 42 Kilometer Skating rund um das Ramsauer Plateau. Das Grinsen ist mir trotz Anspannung wie ins Gesicht gemeißelt!
15 Jahre ist es her, dass in Ramsau am Dachstein zuletzt ein Volkslanglauf ausgetragen wurde. Seit 2010 hatte man zwar innerhalb der Wertung der Tour de Ramsau immer mal wieder die Chance, einen echten Marathon zu bestreiten, aber meist waren dabei überwiegend leistungsorientierte Skilangläufer am Start. Für diesen Winter hatte man sich seitens der Veranstalter dazu entschlossen, zu den Wurzeln zurückzukehren und einen echten Skimarathon zu veranstalten. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen und bin am Tag vor dem Rennen nach Ramsau am Dachstein gereist.
Die Anmeldung hatte ich bereits im Vorfeld erledigt und so konnte ich mir mittels QR-Code am Smartphone unkompliziert meine Startnummer abholen. Am Eingang zum WM-Stadion hatte HWK seinen neuen Wachstrailer positioniert und bot die Möglichkeit, die Ski rennfertig wachsen zu lassen. Diesen Service nahm ich gern in Anspruch und gab mein bestes Paar Ski in die Hände von Reini Kronbichler. Am Abend wurde das Wochenende dann noch mit einer kleinen aber feinen Eröffnungsfeier eingeläutet. Schließlich standen am Samstag und Sonntag Europameistertitel im Skimarathon zur Vergabe. Nach interessanten Gesprächen bei Snacks und Getränken ging es dann ins Hotel, um am nächsten Morgen ausgeruht an den Start gehen zu können.
Bereits der erste Blick aus dem Fenster macht klar, das wird heute ein Traumtag. Blauer Himmel und leichte Minusgrade versprechen beste Bedingungen. Ohne Zeitdruck begebe ich mich zum Frühstück und anschließend ins WM-Stadion, wo sich Start und Ziel befinden. 42 Kilometer ist die große Runde lang. Wer sich das nicht zutraut, kann auch eine zehn Kilometer Distanz absolvieren. Mit vielen anderen Teilnehmern stehe ich schließlich um 10 Uhr bereit für den Startschuss. Die Sekunden laufen nach unten und dann geht es los. Schnell zieht sich das Feld auseinander, der erste Kilometer führt schließlich leicht ansteigend nach oben in den Ortsteil Schildlehen. Weiter geht es vorbei an der Talstation des Rittisbergs und in mehreren Schleifen bis zur Wende vor Hierzegg. Ich bin inzwischen in meinem Laufrhythmus angekommen und um mich herum befinden sich Läufer, die in meinem Tempo unterwegs sind. So können wir die Geschwindigkeit weiter gemeinsam hochhalten.
Von nun an führt die Strecke nach einer Straßenunterführung oberhalb von Ramsau entlang und nach neun Kilometern wartet die erste Verpflegungsstation. Ich habe meinen Trinkgurt dabei, aber viele Mitläufer nehmen das Angebot dankend an. Weiter geht’s mit hohem Speed in Richtung Rössing. Wir fliegen nur so um die leicht geschwungenen Kurven und über kurze Gegenanstiege. Dann wenden wir erneut und begeben uns auf den Weg in Richtung Ortsteil Kulm. Immer wieder finden sich zahlreiche Zuschauer an der Strecke, die uns lautstark anfeuern. Inzwischen habe ich auch einen Weggefährten gefunden, mit dem ich mich immer wieder in der Führungsarbeit unserer kleinen Gruppe abwechsle. Wir schauen beide aufeinander und von Konkurrenzkampf ist zu diesem Zeitpunkt des Rennens nichts zu spüren.
Bei Halbzeit überqueren wir die Straße, die hinunter in Richtung Schladming führt. Kurz zuvor haben wir den tiefsten Punkt der Strecke passiert und ich weiß, dass nun der anspruchsvollste Teil beginnt. Zunächst passieren wir die dritte Verpflegungsstelle und laufen vorbei am Frienerhof. Dort könnte man gut einkehren, aber den Gedanken verwerfe ich ganz schnell. Wieder ist ein Anstieg geschafft und nach einer kurzen Abfahrt geht es vorbei am Stockerwirt hin zur Märchenwiese. Hier tun sich wundervolle Panoramen auf, für die ich aber gerade keinen Blick übrig habe. Langsam schwinden meine Kräfte und ich muss schon ganz schön knautschen, um an meinem Mitläufer dranzubleiben. Das schaffe ich dann noch bis zum Einstieg in den letzten langen Anstieg, der vorbei am Ortsteil Vorberg führt. Dort ereilt mich der Mann mit dem Hammer und mein Schritt wird schwer. Aber irgendwie schaffe ich es auch diese Steigung hinauf und erreiche die Straßenunterführung am Helpferer.
Von meinen früheren Aufenthalten in der Ramsau weiß ich, dass mich nun noch eine Schleife hinauf zum Herold erwartet. Normalerweise ist das nichts Wildes mehr, aber in meinem angeschlagenen Zustand wird es ein echter Kampf. Dann liegt auch dieser Streckenabschnitt hinter mir und ich kann in der nun folgenden Abfahrt zum WM-Stadion meine schnellen Ski voll ausnutzen. Während ich den Anschluss an meinen Weggefährten im Vorberg-Anstieg verloren habe, führe ich nun ein hartes Duell mit einem anderen Konkurrenten. Dicht hintereinander passieren wir den Tunnel im Stadion und laufen Skispitze an Skispitze die letzte Schleife in Richtung Billa-Markt. Ich laufe als Erster um die Wende und mobilisiere noch einmal alle Kräfte für den letzten leicht ansteigenden Kilometer. Langsam erhöhe ich das Tempo und kurz vor dem Skisprungstadion gelingt es mir tatsächlich, meinen Verfolger abzuschütteln. Mit wenigen Metern Vorsprung kämpfe ich mich die kurze Rampe zur Tunnelüberführung hinauf. Dann ist es geschafft. Auf der 100 Meter Zielgerade bin ich mir sicher, dass ich nicht mehr eingeholt werde und laufe schließlich mit einem Lachen im Gesicht über die Ziellinie.
Viel Zeit bleibt mir nicht zum Durchatmen, ich habe schließlich noch eine weitere Teilnahme geplant. Aber zunächst geht es zur Zielverpflegung ins Veranstaltungszentrum, wo ich mir den Kaiserschmarrn schmecken lasse. Frisch geduscht und etwas wärmer bekleidet, stehe ich nur drei Stunden später erneut im Stadion, um am Genusslauf teilzunehmen. Wie der Name schon sagt, steht dabei nicht die Laufzeit im Vordergrund, sondern die Freude am Skilanglaufen und die Kulinarik. Circa 50 Teilnehmer machen sich mit mir auf die fünf Kilometer Schleife, auf der uns insgesamt vier Stationen mit Schmankerl aus der Region erwarten. Für mich ist das der ideale Lockerungslauf nach dem kräftezehrenden Marathon, für alle anderen eine vergnügliche Runde mit netten Gesprächen und leckerer Verpflegung. Das Ziel befindet sich direkt an der Waldschänke, wo die Teilnehmer direkt von der Loipe zum Hüttenabend übergehen. Damit endet der Tag der Skater beim Dachsteinlauf, die Klassiker werden es uns am nächsten Tag gleichtun.
Mein Fazit zum Comeback des Dachsteinlaufs: Besser hätten es die Veranstalter nicht machen können! Die neue Strecke ist anspruchsvoll aber für jeden fortgeschrittenen Langläufer machbar. Das Rahmenprogramm hat alles geboten, was man sich als Läufer wünschen konnte und das Wetter tat sein Übriges. Über 900 Teilnehmer dankten es den Verantwortlichen und man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass diese Zahl in den nächsten Jahren sicher getoppt wird.