Die letzten Meter hinauf zum Silvretta Stausee sind hart. Ich muss an die Teilnehmer der Nordic Volumes denken, die diesen Abschnitt entlang einer Skipiste im März im Renntempo absolvieren werden. Aber der Ausblick entschädigt für alle Mühen.
Vom 21. bis 24. März 2024 wird in Galtür zum dritten Mal das Nordic Volumes ausgetragen. Hauptrennen dabei ist der Cross Country Climb hinauf zum Silvretta Stausee. Und nachdem ich schon so viel Interessantes über dieses Rennen gehört habe, wollte ich die Strecke unbedingt einmal selbst in Augenschein nehmen. Deshalb habe ich mal wieder meine Langlaufski ins Auto gepackt und mich auf den Weg ins Paznaun gemacht.
Der Zufall will es, dass ich am selben Tag Galtür erreiche, an dem das letzte Rennen der Galtür Nordic Open stattfindet. Bei diesem FIS-Rennen misst sich gerade die zweite und dritte Garde der deutschen Skilangläufer, um sich für internationale Einsätze zu empfehlen. Die homologierte 2,5 Kilometer Runde ist extrem anspruchsvoll und mit steilen Anstiegen sowie schnellen Abfahrten gespickt. Aber wer für Deutschland im Continental Cup oder sogar Weltcup starten will, der muss da durch. Ich lasse es wenig später deutlich ruhiger angehen.
Direkt hinter dem Hotel Luggi steige ich klassisch in die Loipe ein. Bevor ich am nächsten Tag zum Silvretta Stausee laufen will, habe ich mir eine andere Runde hinauf zum Kopsstausee ausgesucht. Dass es hier gleich mehrere dieser künstlichen Seen gibt, hat seinen Hintergrund in der Topografie. Enge Täler, durch die aus noch höheren Lagen Wasser fließt, sind ideal, um diese erstaunlichen Bauwerke anzulegen. Zunächst geht es für mich aber nach einer sanft steigenden Anfangsphase steil hinauf durch die Siedlung Wirl. Unterhalb der Galtürer Pisten laufe ich immer weiter hinauf bis zum Zeinisjoch auf 1842 Metern. Nach einer kurzen Abfahrt erreiche ich das Vorbecken Zeinis, von dessen Damm ich schon den Kopsstausee überblicken kann. Aber die Loipe führt noch etwas weiter hinauf vorbei am Alpengasthof Zeinisjoch bis zu einem Aussichtspunkt hoch über dem Stausee. Dort tut sich mir ein Panorama auf, das schon mal einen Vorgeschmack auf den kommenden Tag gibt. Zurück geht es zunächst auf dem Hinweg bis man oberhalb von Wirl die Alpinpisten quert. Deutlich weniger steil gelange ich so zurück ins Tal und weiter zum Ausgangspunkt. 15 Kilometer und 340 Höhenmeter stehen am Ende zu Buche.
Für den nächsten Morgen habe ich mich mit Franz verabredet. Er ist Paznauner-Local, Langlauflehrer und absoluter Insider in Sachen Langlaufen in Galtür und Umgebung. Gemeinsam starten wir in Wirl in Richtung Bielerhöhe/Silvretta Stausee. Im März werden die Teilnehmer der Nordic Volumes noch eine kleine Startschleife zwischen Galtür und Wirl drehen, die kenne ich aber schon vom Tag zuvor. Deshalb wenden wir uns direkt ins Vermunt und laufen stetig bergan. Links und rechts von uns führen die Bergflanken steil in die Höhe und am Ende dieses langgezogenen Tals blitzt uns die Sonne entgegen. Trotz der Steigung kommen wir schnell voran und erreichen das sogenannte Baggerloch. Dort, so erklärt mir Franz, wurde der Kies für die Mauer des Kopsstausees ausgegraben. Und hier wendet auch die „Light“ Strecke des Cross Country Climbs. Wir wollen aber weiter und nehmen die nächsten Höhenmeter unter die Ski. Dann taucht sie vor uns auf, die Staumauer des Silvretta Stausees. Nach links führt eine Serpentinenstrecke, nach rechts entlang eines kleinen Schlepplifts die Direttissima. Klar, dass wir die Originalsteigung wählen und uns nach oben kämpfen. Dann sind auch die letzten Höhenmeter geschafft! Vom Berggasthof Piz Buin und der nahen Barbara Kapelle hat man einen wunderbaren Blick über den See und auf die benachbarten Gipfel bis hin zum weltbekannten Piz Buin.
Die Teilnehmer am Cross Country Climb absolvieren hier oben noch eine Zusatzschleife mit weiteren Höhenmetern, wir stürzen uns aber lieber in die Abfahrt. Und die macht so richtig Laune. Durch die Serpentinen gelangen wir schnell hinunter bis zur Talstation des Schlepplifts und von dort auf dem Hinweg in rasanter Fahrt in Richtung Tal. 21 Kilometer und knapp 600 Höhenmeter zeigt meine Uhr schließlich am Ausgangspunkt an. Im März werden es für die Starter circa zehn Kilometer und 200 Höhenmeter mehr sein. Und trotz dieser Herausforderung könnte ich mir keinen schöneren Saisonabschluss vorstellen, als den Cross Country Climb auf dieser Strecke!
Wer es übrigens nicht ganz so herausfordernd mag, findet im Paznaun auch deutlich flachere Loipen. Zudem kann man sich bis zur Bielerhöhe auch mit dem Pistenbully oder Skidoo shutteln lassen. Aber das wäre dann doch etwas zu einfach für einen echten Langläufer, oder?