Man kann den Schweiß der weltbesten Nordischen Kombinierer beinahe noch in der Luft wahrnehmen. Ihre Spuren wurden bereits in der Nacht von der Pistenraupe zunichte gemacht und die Loipen frisch präpariert. Nun gehören sie wieder den Hobbyläufern und Skiwanderern. Zumindest fast, denn einsam dreht Alexey Poltoranin mit seinen Teamkollegen der kasachischen Nationalmannschaft seine Runden im WM-Stadion von Ramsau am Dachstein.
Im Radio werden gerade die Ergebnisse des Weltcups der Nordischen Kombinierer verlesen, als ich mich am Sonntagabend im Auto die letzten Höhenmeter von Filzmoos hinauf nach Ramsau am Dachstein schlängle. Ich kenne die Strecke von mehreren Besuchen des bekannten Trainingsorts im September/Oktober zu Gletscherlehrgängen. Im Winter zum Vergnügen war ich noch nie hier oben. Ich freue mich aber schon auf zwei schöne Tage als Freizeitläufer inmitten dieses weltbekannten Trainingszentrums. Mein Quartier liegt direkt an der Loipe. Doris, die Chefin des Hotel Herold, empfängt mich an der Rezeption und ich fühle mich gleich heimisch. Mein Fotograf Aapo ist schon da. Er hat bereits die Kombinierer am Wochenende abgelichtet, nun bin ich dran. Ich bin jedenfalls etwas langsamer, was ja bei Fotos meist von Vorteil ist. Wir verabreden uns zu einem zeitigen Frühstück am nächsten Morgen.
Die erste Mahlzeit des Tages darf ja laut Ernährungsexperten durchaus etwas umfangreicher ausfallen. Im Hotel Herold ist das kein Problem. Uns erwartet ein leckeres Bio-Frühstücksbuffet und Chefin Doris versorgt uns mit Getränken. Allzu ausschweifend langen wir dann aber doch nicht zu, weil es gleich ohne viel Verdauungszeit ab auf die Loipe geht. Unsere erste Station ist das WM-Stadion, wo wir Alois Stadlober treffen. Er ist der „Local Hero“ hier in Ramsau, war er doch 1999 Teil der österreichischen Staffel, die bei der WM an eben dieser Stelle sensationell Gold gewonnen hatte. Er erklärt uns schnell den Weg zu den schönsten Loipenabschnitten und ist dann auch schon wieder eingebunden in die Organisation eines der zahlreichen Events, die das ganze Jahr hier stattfinden. Aapo und ich begeben uns zunächst auf die Wettkampfloipen im Stadion. Auch mein Fotograf ist trotz schwerer Ausrüstung auf Skiern unterwegs. Da kommt einfach seine Passion fürs Langlaufen immer wieder durch. An den Anstiegen macht unser Puls dann ziemlich schnell Luftsprünge. Eigentlich vermutet man im relativ flachen Zentrum von Ramsau keine derartigen „Kracher“, aber parallel zum Schanzenan- und -auslauf lassen sich auf kurzer Distanz ziemlich viele Höhenmeter einbauen.
Diese Runden eignen sich perfekt zum leistungssportlichen Training. Wer das Langlaufen dagegen nur genießen will, sollte diese Abschnitte sprichwörtlich einfach links oder rechts liegen lassen und sich auf die Strecken für Hobbyläufer und Skiwanderer begeben. Wir drehen zwei Runden auf der Weltcup-Strecke, während der wir Alexey Poltoranin treffen, der gerade einen lockeren Regenerationslauf absolviert. Tags zuvor war er noch im Continental Cup unterwegs, nun beginnt hier in Ramsau für ihn die finale Vorbereitung auf die Tour de Ski. Wir haben bedeutend geringere Saisonziele und kehren für eine kurze Mittagspause zurück in unser Hotel. Am Nachmittag nehmen Aapo und ich dann die 30 Kilometer der Dachstein Skating-Runde in Angriff. Wir können direkt an unserem Quartier einsteigen und laufen zunächst Richtung Fuß des Rittisbergs. Dort geht es vorbei an der Talstation des Sessellifts und am Einstieg des Schlussanstiegs der Tour de Ramsau. Gott sei Dank müssen wir da heute nicht hinauf. Über einige Wiesenschleifen gelangen wir zum ersten Wendepunkt der Runde, von wo aus es flach zurück bis nach Ramsau/Vorberg geht. Es folgt eine schnelle Abfahrt hinunter Richtung Pichl, ehe die Strecke nach links abzweigt und zur Rückseite des Kulmbergs führt. Immer wieder wechseln sich langgezogene Abfahrten und Anstiege mit Schleifen auf den zahlreichen Wiesen der Vororte von Ramsau ab und fast mühelos gelangen wir in die Siedlung Untere Leiten.
Ab hier wird das Gelände etwas anspruchsvoller und es sind deutlich mehr Höhenmeter zu überwinden. Aber die zahlreichen Ausblicke auf die herrliche Bergkulisse lassen uns auch hier nicht lange über die Anstrengungen nachgrübeln. Schließlich erreichen wir Ramsau/Kulm, wo die letzte Schleife abzweigt, die uns zum Sportplatz und wieder zurück führt. Wären wir mit Klassik-Ski unterwegs, könnten wir die Runde um die Rössing-Loipe verlängern. Aber für heute haben wir genug und gelangen über das WM-Stadion und zwei, drei weitere Anstiege zurück zum Ausgangspunkt. Zwei Stunden waren wir für diese schöne Runde mit knapp 500 Höhenmetern unterwegs. Jetzt haben wir mächtig Kohldampf. Aber das ist in Ramsau das geringste Problem. Entweder bucht man sein Quartier sowieso mit Verpflegung, oder findet in zahlreichen Wirtschaften und Restaurants für jeden Geschmack etwas Passendes.
Den zweiten Tag haben wir ganz der klassischen Technik gewidmet. Wir wollen die Sonnenloipe erkunden, die einmal rund um das Zentrum von Ramsau führt. Auch dieses Mal starten wir direkt vor der Haustür, was hier übrigens bei vielen Unterkünften möglich ist. Zunächst führt uns die Loipe oberhalb der Hauptsiedlung vorbei und wir passieren auch die beiden Skilifte, die für Anfänger und Fortgeschrittene alpines Vergnügen direkt vom Zentrum aus bieten. Dann geht es über welliges Gelände hinunter bis in die Vordere Ramsau und weiter bis zum Startpunkt der Rössing-Loipe. Aufgrund unseres engen Zeitplans müssen wir aber auch heute diese schwarze (Kennzeichnung für schwere) Loipe links liegen lassen. Beim nächsten Aufenthalt ist sie aber fällig, schwöre ich mir insgeheim.
Über den Sportplatz und den Streckenabschnitt, den wir schon vom Vortag kennen, geht es zurück zum WM-Stadion und bis zu unserem Hotel. Kurz davor hätten wir noch einen kleinen Abzweig zur Ederstube, einer der zahlreichen Einkehrmöglichkeiten entlang der Strecke, nehmen können. Aber die Zeit drängt. Wieder haben wir viel Neues auf dieser Runde gesehen und packen froh gelaunt unsere Koffer. Doris und ihr Mann verabschieden uns mit dem Wunsch auf ein baldiges Wiedersehen. Dem werden wir sicher entsprechen und schon bald nach Ramsau zurückkehren. Schließlich haben wir erst knapp 60 der 220 Loipenkilometer absolviert und es liegt sicherlich auch im nächsten Jahr wieder der Schweiß der weltbesten nordischen Athleten in der Luft.
Nützliche Informationen
Tourismusverband Ramsau am Dachstein
www.ramsau.com
Telefon +43 368781833
Fax +43 368781085
Mail: info@ramsau.com
Sportbüro Ramsau
www.ramsausport.com
Hotel/Pension Herold
www.herold-ramsau.at
Weitere Infos
Loipen: Insgesamt 220 Kilometer (Klassik: 150/Skating: 70)
Loipenbenutzung: für Gäste in Ramsau 10,50 Euro pro Tag (20,50 Euro für drei Tage, 30,50 Euro ab 4 Tagen)
Nachtloipe: 2,5 Kilometer im WM-Stadion
Gletscherloipen: 18 Kilometer auf dem Dachsteingletscher ( www.derdachstein.at
Ski- und Langlaufschulen: 3 Schulen in Ramsau
Kinder: bis 15 Jahre Loipenbenutzung kostenlos, Kinderlanglaufpark mit 12 Stationen