Schneeflocken, so groß wie ich sie selten erlebt habe, segeln langsam vom Himmel. Gerade eben war die Landschaft neben der Straße noch grün gewesen, durchzogen von großen Pfützen. Aber je höher ich mich schraube, um so winterlicher wird es, endlich! Und als die ersten Häuser aus dem dichten Schneetreiben auftauchen bin ich im Winterwunderland gelandet! Ramsau am Dachstein – endlos lange Loipen, eine beeindruckende Bergwelt, immer Schnee, Tour de Ramsau, Nordische Kombi Weltcup – so viel verbinden wir Wintersportler mit dem kleinen Ort am Fuße des majestätischen Dachsteinmassivs. Und die meisten von uns legen mindestens einmal im Jahr ihre schmalen Bretter in eine der zahlreichen Spuren. So auch ich, aber dieses Mal um es ruhig angehen zu lassen. Und um einen österreichischen Werbespruch genauer unter die Lupe zu nehmen: „Wer viel läuft, darf auch viel essen“ oder so ähnlich.
Deshalb lasse ich es mir vorm Abendessen in meinen feinen Hotel unterhalb des Dachsteinmassivs nicht nehmen, die Ski noch ein bisschen auszuführen. Ich falle direkt aus der Hoteltür auf die Loipe, besser könnte es gar nicht sein! Und das dichte Schneetreiben tut unendlich gut, tiefster Winter, ein Traum! Die Loipe ist wie gewohnt bestens präpariert und so gleite ich einige Zeit lang durch die winterliche Landschaft. Ab und zu tauchen schemenhaft andere Läufer auf, die mich meist nur mit einen Kopfnicken grüßen. Hm, alle sind dick eingemummt, was ich gar nicht verstehen kann. Bis ich umdrehe. Mehr als hungrig komme ich wieder am Hotel an. Man sollte den Wind dann doch nicht unterschätzen! Vor lauter Begeisterung kam es mir gar nicht in den Sinn, dass mir Rückenwind die ersten Kilometer so versüßte und der Rückweg dann irgendwie doppelt so lang war. Aber egal, da schmeckt das Abendessen doppelt gut und ich genieße den ersten Vorgeschmack meines kulinarischen Wochenendes in vollen Zügen.
Vor einiger Zeit las ich von Richard Rauch, einem jungen Haubenkoch, der zusammen mit der Region Schladming – Dachstein das „Almkulinarik“ Projekt ins Leben gerufen hat. Seit dem Sommer 2019 haben sich mittlerweile 14 Betriebe zusammen getan und bekochen ihre Gäste mit ganz besonderen Gerichten aus regionalen Zutaten. Ich war sofort angetan von der Idee und so stand bald fest: Da muss ich hin! Und da saß ich nun, bei einer heißen Tasse Kaffee, genoss die Aussicht und plante schon mal meine Route. Über Nacht hatte es aufgehört zu schneien und ich wollte die Kulmloipe in Angriff nehmen, inklusive einiger Schleifen und mit der kulinarischen Zwischenstation am Ederhof. Das Langlaufen war schon mal ein wahrer Genuss! Durch die Wolkenlücken lugte der Dachstein, beeindruckend wie immer und so ließ es sich locker und gemütlich dahin gleiten. Zuerst wollte ich gar nicht aufhören, aber der Hunger drängte mich dann doch zu einer Pause. Und das war eine sehr gute Entscheidung! Schon im Eingang des Bauernhauses ließ sich erahnen, welche regionale Zutat heute auf mich wartet: Wild! Und genau so war es. Vater und Sohn sind Jäger, da war sofort klar, hier muss Wild mit ins Gericht, erklärte mir die unendlich freundliche Chefin des Hauses. Selten fühlte ich mich so angekommen wie in dieser gemütlichen Gaststube, aber ich sollte mich an diesem Wochenende nicht das letzte Mal so fühlen. Der Koch selbst kredenzte mir dann eine Portion Tagliatelle mit Bolognese vom Ramsauer Reh. Oh Gott war das lecker! Das Rehfleisch und die feine Preiselbeernote zu den Tagliatelle waren einfach unvergleichlich. Als sich dann auch noch die Chefin auf einen Plausch zu mir setzte war alles perfekt. Schweren Herzens trennte ich mich schließlich doch vom Ederhof, aber hier war ich sicher nicht das letzte Mal!