Bis Kilometer 60 bestand die Spitzengruppe aus ca. 50 Läufern, mit dabei Terhi Pollari und Peter Kiene vom Skimarathon Team Austria, Petra Tanner und Franz Danner folgten in der zweiten Gruppe. Nach dem Checkpoint in Granudden erhöhte der finnische 24 Stunden Weltrekordhalter Hans Mäenpää das Tempo und die Spitzengruppe wurde weit auseinander gerissen. Ab diesem Moment war jeder auf sich gestellt und es war ratsam nicht alleine zu laufen, da die Bedingungen immer schwieriger wurden. Leichter Schneefall, Gegenwind mit bis zu 60 km/h und Schneeverwehungen machten das Rennen plötzlich extrem langsam und die Streckenführung war alles andere als leicht. Bis zur Wende in Njavve nach circa 95 Kilometern galt es zwei lange Steigungen zu überwinden, immer wieder waren kleinere Seen und freie Flächen zu überqueren wo die Läufer mit dem starken Wind zu kämpfen hatten. Für die ersten 90 Kilometer benötigte daher die Spitze etwas mehr als 6 Stunden, die Skimarathon Team Austria Duos Pollari / Kiene sowie Tanner / Danner hatten etwa 30 bzw. knapp 60 Minuten Rückstand. Terhi Pollari lag zu diesem Zeitpunkt bereits auf einem sicheren zweiten Platz 15 Minuten hinter der Schwedin Nina Lintzen, während Petra Tanner mit Mitfavoritin Olivia Hansson um Platz drei kämpfte.
Nach der Wende ermöglichte der nunmehrige Rückenwind phasenweise Geschwindigkeiten von mehr als 20 km/h. Da der Nordenskiöldsloppet großteils auf der gleichen Strecke zurückführt sind sämtliche Steigungen und Passagen in umgekehrter Reihenfolge zu absolvieren. Mit Fortdauer des Rennens machte sich bei allen Läufern immer mehr körperliche aber auch mentale Ermüdung bemerkbar. Über weite Strecken war man plötzlich vollkommen allein in der arktischen Wildnis. Kurzfristige Krisen meisterten die Skimarathon Team Austria Athleten durch Gespräche und gegenseitige Anfeuerungen, hier machte es sich bezahlt, dass die schnellen Damen von den SMTA Altersklassen Herren begleitet wurden. Ebenso wichtig wie die laufende Kommunikation war eine ausreichende Verpflegung, die an den Checkpoints zur Verfügung stand. Wie Formel 1 Boxenstopps wurde das Wiederauffüllen der Kohlenhydratspeicher in Rekordzeit absolviert – ein Becher Isodrink, Käsebrot oder Kanelbulle einwerfen, Müsliriegel in die Hüfttasche stecken, noch ein Becher Isodrink oder Suppe und beim Hinauslaufen noch einige Schluck Red Bull. Während die Profis großteils von eigenen Skidoos aus verpflegt wurden, nahm die Mehrheit der Starter die Verpflegstationen des Veranstalters in Anspruch. Mit Fortdauer des Rennens wurden die Kilometeranzeigen dreistellig. Es ist eine Mischung aus Stolz und ordentlichem Respekt, wenn man den Checkpoint Granudden zum zweiten Mal passiert und 140 km hinter einem liegen aber man auch realisiert, dass noch 80 km zu absolvieren sind.
Nach zehn Stunden Renndauer lagen die Skimarathon Team Austria Damen auf Platz 2 und 6. Der Vorsprung von Terhi Pollari auf die drittplatzierte Schwedin Olivia Hansson betrug mehr als 40 Minuten, die Führende Nina Lintzen war bereits außer Reichweite. Zu diesem Zeitpunkt war es enorm wichtig, nicht unnötig Energie zu verschwenden, gleichmäßig und ökonomisch zu laufen sowie Essen und Trinken akribisch einzuhalten. Zudem hieß es die durch die lange Belastung zwangsweise auftretenden Schmerzen in Armen, Beinen, am Rücken und Nacken so gut wie möglich auszublenden. Das viele Laufen neben der Spur erforderte zudem enorme Konzentration, um nicht bei nachlassender Koordinationsfähigkeit zu stürzen. Mit einbrechender Dunkelheit näherte sich das SMTA Duo Peter Kiene und Terhi Pollari wieder dem Startort Purkijaur. Nochmals stand eine lange windanfällige Seeüberquerung an, bevor man die magische 200 km Grenze erreichte. Beim Checkpoint kam es unerwartet zu einer kurzfristig kritischen Situation für das Skimarathon Team Austria Duo. Die bisher souverän laufende Terhi Pollari unterzuckerte und begann am ganzen Körper zu zittern. Die Finnin musste Handschuhe und Haube wechseln, eine Jacke überziehen und feste Nahrung aufnehmen. Nach knapp fünf Minuten beruhigte sich die Situation und mit Stirnlampe ging es wieder hinaus auf den mittlerweile in völliger Dunkelheit liegenden See. Knapp zwei Stunden später sollte sich Petra Tanner an der gleichen Stelle in der gleichen Situation wiederfinden. Völlig entkräftet wollte sie das Rennen beenden und schickte ihren Begleiter Franz Danner alleine weiter. Aber auch die Tirolerin konnte sich nach dem Überziehen von Wärmebekleidung und ausreichender Verpflegung wieder in den Rennmodus zurück manövrieren und das Rennen alleine fortsetzen.
Die letzten 20 km sind ein Erlebnis für sich. Zum einen hat man bereits 200 Kilometer hinter sich, zum anderen ist die Restdistanz in absoluter Dunkelheit mit Stirnlampe zu absolvieren. Nach dem Checkpoint Purkijaur führt die Strecke wieder auf den riesigen Startsee hinaus. Mit Rückenwind gleitet man großteils auf blankem Eis, da die Spuren mit feinem trockenem Schnee zugeweht sind, Richtung Jokkmokk. Nach einigen Kilometern verschwindet die Loipe wieder im polaren Wald. Die Lichtkegel der Lampen reflektieren immer wieder Augenpaare welche die Läufer aus dem Unterholz beobachten, um welche Tiere es sich handeln könnte, blendet man in diesem Moment aus. Die letzten 15 Kilometer Richtung Ziel waren pickelhart gefroren, es hieß daher vorsichtig sein, um nicht noch unnötigerweise zu stürzen und einen Materialdefekt zu erleiden. Knapp drei Kilometer vor dem Ziel erreicht man die ersten Häuser von Jokkmokk, das ist der Moment wo man weiß, es ist geschafft. Noch einmal geht es am Ziel vorbei, eine Steigung hinauf in eine Waldquerung, hinaus auf einen kleinen See. Im Windschatten der Skimarathon Team Austria Athleten Peter Kiene und Terhi Pollari befanden sich zwei weitere Läufer, auf dem letzten Kilometer gratulierte man sich bereits gegenseitig. Die Finnin reichte dem österreichischen Begleiter ihre Jacke und überquerte als zweite Dame mit empor gerissenen Armen die Ziellinie in Jokkmokk. Der größte Erfolg in der bisherigen Geschichte des österreichischen Langlauf Langdistanz Teams war realisiert. Keine zwei Stunden später finishte die Tirolerin Petra Tanner als ausgezeichnete sechste im Damenfeld mit einer Zeit von knapp unter siebzehn Stunden und komplettierte einen mehr als erfolgreichen Renntag für das Skimarathon Team Austria.
Schöner Bericht! Danke schön