Von Federico Fontana
Im April 2020, während des ersten großen Lockdowns, als sich das Virus rasant ausbreitete, steckten wir mitten in der Planung der nächsten Saison: Strategien, Teamauswahl, Trainingslager und Reisepläne standen auf unserer Agenda. Plötzlich kam alles anders und nichts war, wie wir es gewohnt sind. Durch Lockdown, Reisebeschränken und die allgemeine Unsicherheit mussten wir nicht nur einen Plan B entwerfen, sondern auch einen Plan C und D. Niemand wusste mit Sicherheit, ob es überhaupt eine Wintersport-Saison geben würde.
Die International Biathlon Federation (IBU) hat schnell reagiert und ein Konzept für die Durchführung einer regulären Biathlonsaison entwickelt. Detaillierte Protokolle, Vorschriften und Maßnahmen sollten den ganzen Zirkus einigermaßen sicher halten. Meiner Meinung nach müssen wir der IBU wirklich dankbar sein. Immerhin hat alles gut funktioniert und wir hatten eine „normale Saison“. Viele der Maßnahmen zielten darauf ab, Kontakte zwischen den Menschen auf ein Minimum zu reduzieren. So wurde beispielsweise auch der „Biathlon Family Club“ geschlossen. Eine Art Lounge, in der Sportler und Staff etwas essen, trinken und tagsüber entspannen können. Die Biathlon-Tage sind lang. Wir verbringen täglich mehr als zehn Stunden an den Austragungsorten, testen Skier, trainieren usw.. Da die Lounge geschlossen war und es keine Aufenthaltsräume gab, mussten Athleten konstant zwischen Hotelzimmer und Wettkampf-Arena pendeln. Es war klar, dass wir einen eigenen Rückzugsraum zum Arbeiten, Ausruhen und Vorbereiten brauchen. Max Cobb, unser CEO, hatte die Idee, ein Reisemobil zu organisieren. Leichter gesagt als getan, denn wir sind ein kleines Team und die Kosten für so ein Fahrzeug hätten unser Budget deutlich überschritten.
Ein paar Tage später saß ich mit Peter Räuber zusammen. Der Gründer von Maloja, Hauptsponsor des US-Biathlon-Teams, ist im Laufe der Zeit ein sehr guter Freund und eine große Inspirationsquelle für mich geworden. Als der Reisemobil-Plan zur Sprache kam, meinte er nur: Wir schaffen das. Und so begann das Brainstorming mit Andreas Mittag (Andy) und Christian Grasmann von Maloja. Andy hatte bereits mit dem Reisemobilhersteller Sunlight zusammengearbeitet und griff zum Telefonhörer. Nicht einmal 24 Stunden später rief mich Andy zurück: „FEDE DAS WOMO KOMMT!“. Ich konnte es nicht glauben. Es war September, die Saison klopfte an die Tür und unser Traum wurde wirklich wahr. Mitte November ging es dann mit unserem Sunlight I68 Adventure los. Finnland, Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien, die Tschechische Republik und Schweden – wir sind mit unserem Camper zu jeder einzigen Weltcupstation gefahren. Die Athleten waren begeistert. Nach dem Training oder den Rennen konnten sie dort ausruhen, fernsehen, etwas Warmes essen und den Wettkampf-Stress ausblenden.
Auch dem Rest des Teams ist der Sunlight ans Herz gewachsen. Er hat echt einen großen Unterschied gemacht und alle haben sich auf die Zeit im Camper gefreut. Nach der Arbeit konnten wir kochen, gemeinsam Essen und ein paar Bier trinken. Das Hotelleben ist nicht schlecht, aber wenn man ein halbes Jahr lang auf Tour ist, gibt es nichts Besseres als dieses Gefühl von „zu Hause fern von Zuhause“. Viele der Teams hatten nur die Wachskabine oder den Umkleide-Container zum Herumhängen. Unser mobiles Zuhause hat die ganze Saison über Sicherheit gegeben. Du arbeitest, bist müde, dir ist kalt, aber in dem Augenblick, wo man den Sunlight betritt, fühlt man sich einfach gut. Was brauch man mehr?