Es ergibt sich nicht oft, dass bei einem sportlichen Wettkampf wirklich alles zusammenpasst: Die Strecke, das Wetter, die Atmosphäre und letztendlich auch die Konkurrenz. Beim Sertig Classic 2022 war dies definitiv der Fall!
Als Sehnsuchtsziel für Skilangläufer ist es schon lange bekannt, das Sertig-Tal bei Davos. Auch ich bin es schon mal in lockerem Tempo abgelaufen und durfte die perfekte Steigung für diagonales Laufen sowie die wunderbare Landschaft genießen. Einmal im Jahr geht es dann aber etwas hektischer zu auf dieser Loipe, nämlich am Wochenende des Sertig Classic. Zum siebten Mal wurde es 2022 ausgetragen und ich wollte unbedingt mit dabei sein. Angereist bin ich bereits am Tag davor und habe mich in einem der Langlauf-Hotels von Davos, dem Grischa einquartiert. Bei strahlendem Sonnenschein mache ich mich noch auf zur Startnummernausgabe, die im Langlaufzentrum stattfindet, da wo am nächsten Tag auch der Startschuss fällt. Corona-konform findet alles im Freien statt, wo es sich zahlreiche Langläufer bei Kaffee und Kuchen gut gehen lassen. Zurück im Hotel präpariere ich noch meine Ski im hauseigenen Skikeller und genieße das Abendessen.
Der Renntag beginnt dann weniger gut für mich. Ein größeres Unwohlsein macht sich in mir breit, das nichts mit der üblichen Vor-Start-Aufregung gemein hat. Und so muss ich die schwere Entscheidung treffen, heute nicht an den Start zu gehen. In Zeiten wie diesen heißt es vorsichtig sein und auf die Gesundheit achten. Da es mir sonst aber gut geht, beschließe ich, dem Rennen vom Streckenrand aus zu folgen. Und so stehe ich ohne Startnummer im Langlaufzentrum, als ein Großteil der Teilnehmer langsam eintrudelt. Circa 170 haben für die beiden Distanzen von 13 und 21 Kilometern gemeldet. Ein überschaubares Starterfeld, aber genau das ist gut so, wie mir OK-Chef Markus Kehl erklärt. Man wolle auch in Zukunft ein eher familiäres Rennen bleiben und die Qualität hochhalten. 300 Teilnehmer seien das angestrebte Ziel für die Zukunft. Wenige Minuten vor dem Start füllt sich dann so langsam der Startbereich. Es geht deutlich entspannter zu, als vor den großen Skimarathons mit mehreren tausend Startern.
Dann fällt der Startschuss und das Feld zieht sich schnell in die Länge. Vorne bestimmen die Profi-Läufer vom BSV Ibex Team das Tempo, hinten macht man sich gemütlich auf den Weg in Richtung Sertig-Tal. Ich springe derweil ins Auto, um dem Läufertross auf der Straße zu folgen. Die ersten Kilometer führen über den Davoser Golfplatz und unter der Jakobshornbahn hindurch. Dann wird das Gelände welliger vorbei an Bolgen und Islen. Nach einer kurzen Abfahrt und der Überquerung der Sertigerstraße biegen die Halbmarathonläufer auf eine acht Kilometer lange Zusatzschleife ab, während es für die „Drizehner“ direkt taleinwärts geht. Hier beginnt dann auch der lange Anstieg in Richtung Ziel. Die Strecke ist sonnenüberflutet, die Klassik-Spur fest und wie mit dem Lineal gezogen. Ich mache mir gerade ernsthafte Vorwürfe, dass ich diese Chance auf ein perfektes Rennen auslassen musste. An der Mühle Sertig wartet dann die erste Verpflegungsstation auf die Teilnehmer, die auch reichlich in Anspruch genommen wird.
Ab hier verläuft die Strecke immer nahe an der für normalen Verkehr gesperrten Straße, wechselt aber mehrmals die Seite des malerischen Sertigbachs. Wenig später wird auch der Blick frei auf die Berggipfel am Ende des Tals. Eigentlich ist diese Loipe fast zu schade, um sie im Renntempo zu absolvieren, aber andererseits ideal für einen langen Diagonalschritt, wie er sonst nicht mehr allzu häufig in Klassik-Wettbewerben zu sehen ist. Hier macht es jedoch so richtig Spaß, klassisch zu laufen und mit wenigen Ausnahmen tun dies auch alle Teilnehmer. Es geht vorbei an der zweiten Verpflegungsstation, nach der ein kurzer etwas steilerer Streckenabschnitt folgt, der alle auf Höhe des Ziels bringt. Der letzte Kilometer ist dann fast flach und es wird noch einmal Gas gegeben auf dem Weg zum Walserhuus Sertig. Im Ziel angekommen stehen die Läufer noch recht lange beisammen, genießen die Sonne und fachsimpeln über das kürzlich Erlebte.
Die Zielverpflegung gibt es hinter dem Walserhuus ebenfalls Corona-konform im Freien. Bei einer Portion Spaghetti sind die Speicher schnell wieder gefüllt und es bleibt Zeit, alte Freunde wiederzusehen und neue Bekanntschaften zu machen. Das Auslaufen wird dann zur Ehrenrunde. Es geht entgegengesetzt zum Hinweg meist bergab zurück nach Davos. Wer sich dieses Highlight körperlich nicht mehr zutraut, kann aber auch den Postbus nehmen. Für mich endet der Tag leider ohne einen Meter auf Ski, aber umso fester ist mein Entschluss, im nächsten Jahr zurückzukommen und das Sertig Classic dann als Teilnehmer zu absolvieren. Dieses perfekte Klassik-Rennen lasse ich mir nicht entgehen!