Biathlon Weltcup Lenzerheide Massenstart: David Zobel bester Deutscher – Norwegischer Dreifacherfolg

David Zobel (GER) © Manzoni/NordicFocus

In Bestform gewinnt Johannes Thingnes Boe den Massenstart beim Biathlon Weltcup in Lenzerheide und vier weitere Norweger platzieren sich in den Top-6, während ihr Landsmann Sturla Holm Laegreid nach einem verhängnisvollen Zwischenfall mit einem Startverbot belegt wurde. Nur der Schwede Martin Ponsiluoma durchbricht die norwegische Übermacht in der Spur und läuft auf den vierten Rang. David Zobel wird bester Deutscher und knackt mit Rang sieben noch vor Weihnachten die WM-Norm.   

Startverbot für Sturla Holm Laegreid

Sturla Holm Laegreid (NOR) © Manzoni/NordicFocus

Dem Norweger Sturla Holm Laegreid wurde nach einem bedauerlichen Zwischenfall von der Internationalen Biathlon Union und der Wettkampfjury aufgrund eines Verstoßes gegen die IBU Sicherheitsvorschriften (IBU Event and Competition Rules Art. 8.5.1 und 11.2.d) der Start im abschließenden Massenstart in der Lenzerheide untersagt. Wie der Weltverband in einer Pressemitteilung informierte: „Die Entscheidung wurde aufgrund eines Zwischenfalls mit einem Gewehr in der norwegischen Mannschaftsunterkunft getroffen, bei dem sich während des Trockenschießens ein Schuss löste. Bei diesem Vorfall wurden keine Personen verletzt. Die Biathlon Integrity Unit wurde informiert und wird mit den Schweizer Behörden, die den Fall untersuchen, zusammenarbeiten, um weitere Informationen zu sammeln und zu entscheiden, ob zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.“ Sturla Holm Laegreid äußerte sich dazu: „Ich bedauere diesen Vorfall zutiefst und entschuldige mich bei der gesamten Biathlon-Familie, meinen Teamkollegen und dem Hotelbesitzer für das, was passiert ist. Dies ist eine brutale Erinnerung für mich und für alle Biathlon-Athleten, wie wichtig Sicherheitsroutinen wirklich sind“, sagt Sturla Holm Laegreid.“ In einem vom Sender NRK veröffentlichten Interview zeigte sich Laegreid völlig aufgelöst, emotional zutiefst erschüttert über das Geschehene und wird vermutlich von der Graubündner Kantonspolizei mit einer Geldstrafe belegt werden. Sturla Holm Laegreid der befürchtete, möglicherweise nicht ausreisen zu dürfen, befindet sich mittlerweile bereits auf dem Weg nach Hause. Die IBU lobte das verantwortungsvolle Verhalten des norwegischen Teams und des Athleten, die den Vorfall gemeldet haben und die Bedeutung der Sicherheitsvorschriften zu jeder Zeit anerkennen. (Quelle: PM IBU). Aus dem Feld der besten 25 der derzeitigen Gesamtweltcupwertung konnten neben Sturla Holm Laegreid nach Sperre weiterhin Sebastian Samuelsson und Roman Rees nicht starten. Über ihre bisherigen Ergebnisse in der Lenzerheide waren Philipp Horn, Niklas Hartweg, Dmytro Pidruchnyi, Alexander Mukhin und David Komatz qualifiziert. Norwegen und auch Deutschland waren mit sechs Athleten mit dem höchsten Kontingent dabei.

Der erste Massenstart der Saison 2023/24

Johannes Thingnes Boe (NOR), Endre Stroemsheim (NOR), Vetle Sjaastad Christiansen (NOR), Johannes Kuehn (GER), Eric Perrot (FRA), Tarjei Boe (NOR), Philipp Nawrath (GER), Martin Ponsiluoma (SWE), Tommaso Giacomel (ITA), Vebjoern Soerum (NOR), Didier Bionaz (ITA), Johannes Dale-Skjevdal (NOR), (l-r) © Manzoni/NordicFocus

Immer spannend wenn 30 Athleten gemeinsam ins Rennen starten und wichtig, dass dabei alle sturzfrei ins Rennen finden. Einen kleinen Hakler gab es zwischen dem Italiener Tommaso Giacomel und dem einzigen Schweden im Feld, Martin Ponsiluoma, der dadurch einen Stockbruch zu beklagen hatte. Johannes Thingnes Boe war erstmals im gelben Trikot unterwegs und übernahm sofort die Spitzenposition, hinter ihm drei weitere Norweger. Den ersten Schuss setzte Quentin Fillon Maillet, Johannes Thingnes Boe begann mit einem Fehler und Emilien Jacquelin übernahm mit der schnellsten Schießzeit in nur 19,3 Sek. nach fünf Treffern die Führung vor Tarjei Boe und Johannes Dale-Skjevdal. Aus deutscher Sicht kam beim ersten Anschlag Johannes Kühn am Besten durch. Nur 9,2 Sek. betrug sein Abstand zur Spitze an vierter Position und auch David Zobel und Philipp Horn hielten sich schadlos und liefen auf den Positionen sechs und acht. Justus Strelow kassierte eine Strafrunde, Benedikt Doll und Philipp Nawrath gleich zwei und fanden sich am Ende des Feldes wieder hinter Fillon Maillet, der wie sie zwei Strafrunden zu laufen hatte. Bei Johannes Thingnes Boe blieb nur eine Scheibe schwarz, dennoch lag er eingangs der nächsten Runde nur auf Rang 14 und hatte 24,2 Sekunden Abstand zur Spitze. 

Emilien Jacquelin bleibt vorne

Emilien Jacquelin (FRA) © Manzoni/NordicFocus

Der Franzose Emilien Jacquelin baute in der Runde zum zweiten Anschlag seinen Vorsprung auf die nächsten Verfolger etwas aus, Johannes Thingnes Boe musste investieren um wieder auf eine vordere Position vorrücken zu können. Nun nahm sich der Franzose etwas mehr Zeit für die nächsten fünf Treffer, Tarjei Boe und auch Johannes Dale-Skjevdal investierten ebenfalls ein paar Sekunden mehr in ihre fünf Treffer, folgten ihm auf den Plätzen zwei und drei und auch Johannes Thingnes Boe brachte sich durch fünf Treffer wieder näher heran. Aus deutscher Sicht lag nun der erneut fehlerfrei agierende David Zobel mit 20,3 Sekunden Rückstand an siebter Position als bestplatzierter Deutscher. Johannes Kühn und Philipp Horn mussten für einen Fehler in die Strafrunde abbiegen, während Justus Strelow, Benedikt Doll und Philipp Nawrath fehlerfrei blieben. Der Schweizer Sebastian Stalder lag zu diesem Zeitpunkt nach zwei fehlerfreien Serien an fünfter Position. 

Die Norweger übernehmen die Führung

Johannes Thingnes Boe (NOR), Tarjei Boe (NOR), Didier Bionaz (ITA), Philipp Nawrath (GER), Vebjoern Soerum (NOR), (l-r) © Manzoni/NordicFocus

Emilien Jacquelin behauptete in der Runde zum ersten Stehendanschlag weiterhin die Spitzenposition, sieben Athleten folgten im Pulk dahinter, mit einem Abstand um die 15 Sekunden, darunter auch der Deutsche David Zobel. Die Verfolgergruppe führte Johannes Thingnes Boe an und unter seiner Führung arbeiteten sie sich deutlich näher an Jacquelin heran. Zum ersten Stehendanschlag war Dale an die Spitze gegangen, machte sich auf der ersten Matte bereit, Jacquelin setzte den ersten Schuss und verfehlte in der Folge eine Scheibe. Tarjei Boe sowie Johannes Dale-Skjevdal und Vebjoern Soerum räumten sicher ab und liefen innerhalb 2,3 Sekunden zurück in die Spur. David Zobels Abstand betrug nach einer Strafrunde an achter Position 26,4 Sek und hinter ihm hatte Philipp Nawrath mit einer fehlerfreien Schießeinlage einen großen  Sprung nach vorne auf die zehnte Position mit nur mehr 33 Sek. Rückstand gemacht. David Zobel lief in der nächsten Runde sein eigenes Tempo, Philipp Nawrath zog an ihm vorbei, während an der Spitze sich ein norwegisches Quartett mit Johannes Dale-Skjevdal, Tarjei Boe, Vebjoern Soerum und J. T. Boe formierte. 

Die Entscheidung

Johannes Thingnes Boe (NOR), Vebjoern Soerum (NOR), Johannes Dale-Skjevdal (NOR), Tarjei Boe (NOR), (l-r) © Manzoni/NordicFocus

Gemeinsam machten sich die vier Norweger zum entscheidenden Anschlag bereit. Martin Ponsiluoma und Philipp Nawrath bogen im Abstand von circa 19 Sekunden als nächste zum Schießstand ein. Vebjoern Soerum schoss sich mit zwei Fehlern aus dem Rennen um das Podest, Tarjei Boe musste eine Extrarunde laufen und auch Johannes Dale-Skjevdal brachte den letzten Schuss nicht ins Ziel. Johannes Thingnes Boe traf als Erster alle Scheiben und mit einem Vorsprung von 18,2 Sekunden vor seinem Bruder Tarjei bog er in die Schlussrunde ein. Johannes Dale-Skjevdal kam als Dritter, dann Martin Ponsiluoma gefolgt von Vetle Sjaastad Christiansen. Philipp Nawrath hat mit drei Schießfehlern seinen Anspruch auf eine Podestplatzierung vergeben und David Zobel kam nach einer Extrarunde auf Rang zehn zurück in die Loipe. Nach einem spannenden Kampf auf der Schlussrunde gegen Andrejs Rastorgujevs und Michal Krcmar sicherte er sich in einem starken Schlusssprint den siebten Rang und wurde damit bester Deutscher beim Massenstart in der Lenzerheide. Zobel hat damit die WM-Norm geknackt und kann beruhigt in die Weihnachtspause gehen. „Wenn alle im Team die WM-Norm so nebenbei holen, da musste ich nachziehen,“ sagte ein erfrischend gut gelaunter David Zobel. Er zeigte damit das bisher beste Rennen der Saison. „Da habe ich irgendwie noch einmal eine zweite Luft bekommen,“ erklärte er im ZDF zu seiner Aufholjagd auf der Schlussrunde. Zu der Schlüsselstelle, der Haarnadelkurve zum Zielkorridor meinte er: „Schon in der Abfahrt war es brutal eng, links eine Skispitze, rechts eine Skispitze, da dachte ich mir, hoffentlich legen wir uns nicht alle auf die Schnauze. Aber Gott sei Dank war die Kurve noch machbar, das war wichtig.“ Johannes Thingnes Boe brachte den Sieg im Massenstart sicher ins Ziel, vor Johannes Dale-Skjevdal, der auf der Schlussrunde seinen Landsmann Tarjei Boe jagte und schließlich vor ihm die Ziellinie überquerte. Nach den drei Norwegern auf einem Podestrang lief Martin Ponsiluoma als Vierter ins Ziel, gefolgt von den Norwegern Vetle Sjaastad Christiansen und Vebjoern Soerum.  

Die weiteren deutschen Platzierungen

Philipp Horn (GER) © Manzoni/NordicFocus

Philipp Horn brachte nach drei Fehlern im letzten Anschlag die Null und hat sich dadurch und durch eine ansprechende Laufleistung, vor allem in der Schlussrunde als er noch an Justus Strelow vorbeizog, auf Rang 12 platziert. Philipp Horn zeigte sich nach seinen drei Rennen in der Lenzerheide absolut zufrieden: „Perfekter Sprint, guter Verfolger und auch ein guter Massenstart. Mit den Platzierungen bin ich top-zufrieden. Am Schießstand habe ich hier und da ein bißchen Probleme gehabt bei mir zu bleiben. Heute Morgen bin ich aufgewacht und dachte mir, die zwei Rennen liegen ganz schön in den Beinen und ich hätte nicht gedacht, dass es heute so gut geht.“ Philipp Horn will in der Weihnachtspause Kontakte vermeiden. „Ich feiere Weihnachten nur mit meiner Frau, wir fahren in die Höhe, in den Schnee um gut trainieren zu können. Natürlich finde ich es schade, dass man die Zeit nicht mit der Familie verbringen kann, aber ich war in den letzten Jahren öfter krank über Weihnachten, das will ich dieses Jahr auf jeden Fall vermeiden und gut vorbereitet in das neue Jahr starten.
Strelow kam auf Rang 16 und Johannes Kühn wurde 18. Benedikt Doll und Philipp Nawrath haben jegliche Chancen auf eine vordere Platzierung erneut am Schießstand vergeben. Nach jeweils fünf Strafrunden mussten sie sich schließlich mit Rang 21. bzw. 24 zufrieden geben. Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon beim Deutschen Skiverband zeigte sich nach dem Rennen zufrieden mit den Ergebnissen: „Unterm Strich kann man sagen, die Richtung stimmt. Wir sind noch nicht in jedem Wettkampf vorne dabei und wie man einen Wettkampf von vorne läuft, das haben uns die Norweger noch voraus.“ Für die Weihnachtspause gilt seiner Meinung erst einmal Erholung, auch für diejenigen, die von Infekten betroffen waren, sich auszukurieren. „Und dann haben wir was vor bei unseren Heimweltcups und eine erfolgreiche WM laufen.“
Niklas Hartweg kam nach zwei Fehlschüssen auf Rang 15 ins Ziel und Sebastian Stalder mit ebenfalls zwei Fehlern überquerte die Ziellinie auf Rang 20. Felix Leitner (AUT) leistete sich drei Fehlschüsse und lief auf Rang 27, David Komatz, mit ebenfalls drei Strafrunden, belegte Rang 29. 

Ergebnis Massenstart Herren

Weltcupgesamtstand Herren

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