Biathlon Weltcup: Rückblick auf die abgelaufene Saison

Johannes Thingnes Boe (NOR) © Manzoni/NordicFocus

Johannes Thingnes Boe schafft 16 Siege in einer Saison – Dorothea Wierer holt den Gesamtweltcup zum ersten Mal nach Italien – Sieben Medaillen für Deutschland bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Östersund – Denise Herrmann und Arnd Peiffer sind Weltmeister

Rekord: 16 Siege in einer Saison

Johannes Thingnes Boe (NOR) © Manzoni/NordicFocus

Will man einen Blick auf die vergangene Biathlon-Saison werfen, dann kommt man an einem Biathleten nicht vorbei: Johannes Thingnes Boe. Der Norweger hat das Herren-Biathlon dominiert, wie vor ihm kein anderer und mit 16 Siegen in einer Saison einen Rekord aufgestellt, der wohl so schnell nicht gebrochen werden kann. Mit 25 Jahren ist er zu einem komplexen Biathleten herangereift, in der Spur schon immer einer der Schnellsten und mit 85 % Trefferleistung hat er eindrucksvoll den Gesamtweltcup, die kleinen Kristallkugeln in den Disziplinen Einzel, Verfolgung, Sprint, Massenstart und mit seinen Teamkollegen die Staffelwertung, die Mixed-Staffelwertung und auch die Nationenwertung gewonnen. Alle fünf Kristallkugeln in einer Saison zu gewinnen gelang vor ihm nur Raphael Poirée und Martin Fourcade. Letzterer war in den letzten Jahren ähnlich erfolgreich. Sieben Mal in Folge hat er den Gesamtweltcup gewonnen, fand aber während der vergangenen Saison nicht zu seiner gewohnten Form. Ob Martin Fourcade auf zu vielen Schauplätzen abseits vom Biathlon unterwegs oder übertrainiert war, er hatte selbst keine plausible Erklärung und hat ohne zählbaren Erfolg bei der WM in Östersund bereits vor dem Finale in Oslo sein Saisonende bekanntgegeben.

Dorothea Wierer holt den Gesamtweltcup zum ersten Mal nach Italien

Dorothea Wierer (ITA) © Manzoni/NordicFocus

Bei den Damen blieb es spannend bis zuletzt. Zwei Italienerinnen kämpften um den Gesamtsieg, das gab es vorher noch nie. Am Ende lag die Schnellschützin Wierer in der Gesamtwertung 22 Punkte vor ihrer Teamkameradin und Zimmerkollegin Vittozzi, die schon im letzten Sprint in Oslo nahezu alle Chancen auf die große Kristallkugel am Schießstand verballert hat; Wierer hat sich auch den Verfolgungsweltcup gesichert, Lisa Vittozi die kleine Kugel in der Einzelwertung. Der Sprintweltcup ging an Anastasiya Kuzmina (SVK), der Massenstartweltcup an Hanna Oeberg (SWE) und die Norwegerinnen haben die Staffel- und auch die Nationenwertung gewonnen.

WM Östersund: Zwei Titel und sieben Medaillen für deutsches Team

Arnd Peiffer (GER) gewinnt Gold im Einzel © Manzoni/NordicFocus

Die Weltmeisterschaften im schwedischen Östersund haben mit einer Silbermedaille für das deutsche Mixed-Staffel-Team begonnen, zum Abschluss holte auch die Herren Staffel-Silber und das Damenteam schrammte um 0,5 Sek. an der Bronzemedaille vorbei. Arnd Peiffer wurde Weltmeister im Einzel, Denise Herrmann in der Verfolgung. Sie machte ihren Medaillensatz mit Bronze im Massenstart komplett und für Laura Dahlmeier glänzte die Bronzemedaille im Sprint wie Gold. Dahlmeier ist nach einer ärztlich verordneten Pause wegen vorangegangener Verletzungen und Erkrankungen erst bei der dritten Weltcupstation, im tschechischen Nove Mesto na Morave, in die Saison eingestiegen und hat trotz Trainingsrückstands beachtliche Leistungen gezeigt. Wiederholt ging sie an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und etwas darüber hinaus, wenn sie gefühlte Ewigkeiten ausgepumpt im Ziel lag. An ihre Laufstärke des Vorjahres und auch an ihre Sicherheit am Schießstand kam sie nicht heran. Dennoch hat sie auch in der Verfolgung WM-Bronze erreicht. Wie es mit ihrer Biathlon-Karriere weitergeht, wird sie zu gegebener Zeit entscheiden. Erst einmal will die erfahrene Bergsteigerin Gewehr und Ausrüstung in die Ecke stellen und den höchsten Berg im Iran besteigen. Im Medaillenspiegel belegt Deutschland den zweiten Platz hinter Norwegen. 

Der Saisonverlauf aus deutscher Sicht

Erik Lesser (GER), Roman Rees (GER), Arnd Peiffer (GER), Benedikt Doll (GER) © Tumashov/NordicFocus

Mit 33 Podestplätzen, davon zwei Siege mit zwei WM-Titeln, und 59 Top-10-Plätzen hat die deutsche Biathlon-Nationalmannschaft in der Nationenwertung Platz zwei (Damen) und Platz drei (Herren) erreicht und damit die höchste Weltcup-Startquote von sechs Damen und sechs Herren gehalten. Neben den gesetzten Athleten waren bei den Damen Anna Weidel mit guten Ergebnissen in Pokljuka, Nadine Horchler und Philipp Horn im Einsatz. Auf einen Sieg hat Bundestrainer Mark Kirchner mit seinem neuen Disziplin-Trainer Isidor Scheurl und Damentrainer Kristian Mehringer sowie Damen-Disziplintrainer Florian Steirer lange warten müssen. Erst auf der fünften von zehn Stationen stand Franziska Preuß beim Heimweltcup in Ruhpolding zum ersten Mal in ihrer Karriere beim Massenstartsieg ganz oben auf dem Podest. In Antholz hat Laura Dahlmeier den Massenstart gewonnen, in Canmore holte sich die deutsche Damen-Staffel bei frostigen Temperaturen den Sieg und auf der zweiten Station der Nordamerika-Tour, in Salt Lake City, war Denise Herrmann Verfolgungssiegerin. Vanessa Hinz kam im Massenstart von Antholz auf Rang drei und bei Franziska Hildebrand hat mit zwei Podestplätzen in Salt Lake City wertvolle Punkte für die Nationenwertung gesammelt. Neben seinem Weltmeistertitel gingen weitere fünf Podestplatzierungen auf das Konto von Arnd Peiffer. Er war der neben Benedikt Doll der Beständigste im Herrenteam. Johannes Kühn wurde mit zwanzig Treffern im Einzel von Pokljuka Zweiter und Roman Rees Dritter in der Verfolgung von Salt Lake City. Simon Schempp musste während des Weltcups in Oberhof nach fortwährenden enttäuschenden Ergebnissen die Reißleine ziehen und eine Pause einlegen. Aber der Formaufbau im Hinblick auf die WM verlief nicht nach Plan und so musste er erst die Teilnahme an den Biathlon-Europameisterschaften und schließlich auch die WM-Teilnahme absagen. Lucas Fratzscher und Janina Hettich wurden neben Nadine Horchler und Philipp Horn mit einem Startplatz beim Saisonfinale in Oslo für ihre Top-10 Platzierung im IBU-Cup belohnt.

Ein Blick nach Österreich und in die Schweiz

Julian Eberhard (AUT) © Tumashov/NordicFocus

Julian Eberhard holte am Abschlusstag in Östersund mit Bronze im Massenstart die einzige Medaille für Österreich, nachdem es bei der Single-Mixed-Staffel mit Lisa Theresa Hauser und Simon Eder, die als Favoriten gehandelt wurden, nicht geklappt hat. In Pokljuka und in Salt Lake City wurden sie im Team jeweils Zweite. Hauser platzierte sich im Gesamtweltcup als 17. und Simon Eder, der lange an dritter Position rangierte, als Achter und hinter ihm Julian Eberhard als Neunter. Mit Felix Leitner haben die Österreicher einen jungen zweifachen Junioren-Weltmeister im Nationalteam, der sich in Oslo mit Rang zehn im Sprint und vier in der Verfolgung langsam an die Weltspitze herankämpft. Die Mixed-Staffel der Schweiz mit Elisa Gasparin, Lena Haecki, Benjamin Weger und Jeremy Finello erreichten zum Saisonauftakt in Pokljuka Rang zwei. 

Aus dem Biathlonzirkus verabschiedet haben sich …

Simon Fourcade (FRA), Martin Fourcade (FRA), Emilien Jacquelin (FRA), Fabien Claude (FRA), Simon Desthieux (FRA), Antonin Guigonnat (FRA), Justine Braisaz (FRA), Celia Aymonier (FRA), Fabrizio Curtaz (ITA) coach Team Italy, (l-r) © Manzoni/NordicFocus

bereits während der Saison der Wahl-Belgier Michael Rösch. Aus dem kanadischen Team sind Rosanna Crawford, Megan Tandy, Brendan Green und Nathan Smith in den Sportler-Ruhestand getreten, ebenso der Österreicher Daniel Mesotitsch und der Este Roland Lessing. Der Russe Anton Shipulin ist nach seiner Teilnahme beim Biathlon auf Schalke im Dezember 2018 nicht mehr in den Weltcup zurückgekehrt, obwohl eine Einzelmedaille bei der WM in Antholz 2020 ursprünglich erklärtes Ziel war. Als Grund für seinen Rücktritt hat er den Ausschluss bei Olympia 2018 angegeben und die gegen ihn erhobenen Dopingvorwürfe, die er immer dementierte. Beim Weltcup in Hochfilzen geriet er ins Visier der österreichischen Staatsanwaltschaft, die gegen russische Biathleten wegen Doping-Vergehen ermittelte. Seine Schwester Anastasiya Kuzmina hat sich bei der WM in Östersund den Traum einer Einzelmedaille erfüllt und nach Sprint-Gold und dem Double in Sprint und Verfolgung beim letzten Weltcup ihre Biathlon-Karriere beendet. Simon Fourcade wurde von seinen französischen Teamkameraden, unter denen sich selbstverständlich sein Bruder Martin Fourcade befand, in Oslo verabschiedet. Und einen ganz emotionalen Abschied gab es bei den Schweden für Fredrik Lindström, nachdem nach der WM in Östersund bereits ihr Trainer Wolfgang Pichler in Ruhestand ging.  

Die Weltcup-Gesamtstände

Weltcupgesamtstand Herren hier

Weltcupgesamtstand Damen hier

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