Norwegens Herren profitieren von Benedikt Dolls Schwäche am Schießstand und gewinnen beim Biathlon Weltcup in Ruhpolding auch den vierten Staffelbewerb der Saison. Philipp Nawrath bringt die deutsche Staffel mit einer überzeugenden Vorstellung auf dem Silberrang ins Ziel und Italien komplettiert das Podest.
Siegchance vergeben – Norwegen gewinnt zum vierten Mal in Folge
Vor 12.000 Zuschauern gab es erstmals keine Überrundung einer Staffel und alle 23 gestarteten Teams erreichten das Ziel. Das deutsche Team lag beim Heimweltcup in Ruhpolding bis zum Stehendanschlag von Benedikt Doll in Führung und die Chancen standen gut, dass sie erstmals den Norwegern gefährlich werden könnten. Nachdem Doll zwei Strafrunden kassierte übernahm Norwegen wieder die Spitzenposition und zum vierten Mal in Folge siegte Norwegen, mit Sturla Holm Laegreid, Johannes Dale-Skjevdal, Tarjei Boe und Vetle Sjaastad Christiansen bei acht Nachladern mit 45 Sekunden Vorsprung. Erstmals war der derzeit Führende in der Gesamtweltcupwertung Johannes Thingnes Boe nicht Teil der siegreichen norwegischen Herrenstaffel. Justus Strelow und Johannes Kühn hatten gut vorgearbeitet und Philipp Nawraths starker Auftritt als Schlussläufer hat dem Team schließlich nach zwei Strafrunden und sieben Nachladern den Silberrang gesichert. Italien mit Elia Zeni, Didier Bionaz, Lukas Hofer und Tommaso Giacomel benötigten zehn Nachlader und komplettierten, wie schon in Oberhof, das Podest auf dem Bronzerang. Der deutsche Herrentrainer Uros Velepec meinte nach dem Rennen im ZDF: „Heute war eine gute Chance. Wenn du so eine Chance hast, musst du das nutzen, aber ich würde sagen Ende gut, alles gut.“ Frankreich mit Eric Perrot, Emilien Jacquelin, Fabien Claude, Quentin Fillot-Maillet wurde Vierter (1 Strafrunde/10 Nachlader) vor Österreich auf Rang fünf. Dominic Unterweger, Simon Eder, Felix Leitner und David Komatz mussten insgesamt nur zwei Mal nachladen. Rang sechs sicherte sich mit ebenfalls nur zwei Nachlader das Team aus Slowenien vor der Schweiz (Joscha Burkhalter, Sebastian Stalder, Niklas Hartweg, Jeremy Finello). Schweden (Emil Nykvist, Jesper Nelin, Martin Ponsiluoma, Sebastian Samuelsson, 2 /11) kam auf Rang acht ins Ziel.
Der Rennverlauf
Justus Strelow zum ersten Mal in dieser Saison Startläufer einer deutschen Herren-Staffel hielt sich Richtung erstes Schießen mit dem Norweger Sturla Hom Laegreid an der Spitze. Strelow räumte mit einem Nachlader ab und bog 2,4 Sekunden hinter dem für die USA laufenden Neuseeländer Campbell Whrigt und dem Österreicher Dominic Unterweger in die nächste Runde ein. Auch Richtung Stehendanschlag übernahm Justus Strelow die Führungsarbeit und Sturla Holm Laegreid sowie der Franzose Eric Perrot kamen dicht an seinen Skienden zum Stehendanschlag, wobei die Abstände zu den weiteren Verfolgern minimal waren und bis zum zehnten Rang innerhalb sieben Sekunden lagen. Strelow zog das Schießen sauber durch, blieb an der Spitze, die ihm der US-Amerikaner Whrigt ab und an versuchte streitig zu machen. „In Ruhpolding ist es sehr eng, da geht es darum, dass man die ganze Zeit dabei ist, man muss immer den Kontakt zur Führungsgruppe haben, das Ziel war in der Führungsgruppe zu übergeben und das hat geklappt,“ so Justus Strelow nach seinem Einsatz im ZDF-Interview.
Deutschland in Führungsposition
Zeitgleich wechselten Deutschland, Frankreich und die USA. Der Norweger Johannes Dale-Skjevdal kam 4,3 Sekunden dahinter, während für Schweden auf Position 16 mit 49,9 Sekunden Rückstand Jesper Nelin das Rennen aufnahm. An der Spitze bildete sich eine Sechsergruppe, von denen der Kasache Akimov, der US-Amerikaner Doherty und Johannes Kühn nach einer fehlerfreien Serie im Liegen als Erste zurück in die Spur kamen. Norwegen lag einen Wimpernschlag dahinter und nur sechs Sekunden später reihte sich der Österreicher Simon Eder ein. Der Franzose Emilien Jacquelin holte schnell über zehn Sekunden aus seinem Rückstand auf und übernahm mit dem Norweger Dale-Skjevdal die Spitze. Während sich die beiden vorne abwechselten hielt sich Johannes Kühn aus jeglichen Spielchen raus und lief hinter den beiden, gefolgt vom US-Amerikaner Doherty. Letzterer musste stehend ein Mal nachladen, auch Jacquelin benötigte einen Nachlader und gemeinsam verließen sie den Schießstand in führender Position, gefolgt von Johannes Kühn, der ebenfalls für einen Fehlschuss einen Nachlader einsetzen musste. Simon Eder kam nur 3,6 Sekunden später vierter Position aus dem Schießstand. Als der Franzose sich an die Spitze arbeitete gab es einen kurzen Schreckmoment als Johannes Kühn kurz über seinen Stock stolperte, sich schnell sammelte und wieder an Jacquelin heranlief und letztlich wie Strelow die Staffel als Führender an Benedikt Doll übergab.
Benedikt Doll vergibt Führungsposition nach zwei Strafrunden
Direkt hinter Benedikt Doll wechselte Frankreich auf Fabien Claude und Tarjei Boe übernahm nur 3,8 Sekunden später, vor USA und Österreich. Die Schweizer liefen mit Niklas Hartweg an siebter Position und die Schweden, ohnehin von Anfang an etwas weiter hinten im Feld, waren nach zwei Strafrunden von Jesper Nelin aus dem Stehendanschlag mit 1:53, 2 Minuten Rückstand als Zwanzigste unterwegs. In hervorragendem Rhythmus räumte Benedikt Doll im Liegendanschlag als Erster ab, Fabien Claude und Tarjei Boe machten es ihm nach und folgten sofort. Niklas Hartweg hat sich durch eine fehlerfreie Einlage auf den vierten Rang nach vorne gearbeitet, gefolgt vom Österreicher Felix Leitner. Die USA verabschiedete sich nach zwei Strafrunden von Jake Brown aus der Spitzengruppe und auf der Runde zum Stehendanschlag blieb an der Spitze die Dreiergruppe. Am Berg waren sie sich uneinig, wer die Führungsarbeit leistet, Doll kam zum Stehen und daraufhin zog der Franzose vorne weg. Doll lief wieder an ihn heran und holte sich wieder die Spitzenposition. Der Schweizer Niklas Hartweg hat auf der Runde deutlich Boden gut gemacht und beim Stehendanschlag blieben sowohl bei Frankreich als auch bei Doll drei Scheiben schwarz. Norwegen hielt sich schadlos, ging in Führung und während Frankreich eine Strafrunde kassierte musste Benedikt Doll zwei Extrarunden laufen. Eingangs der Schlussrunde hatte Norwegen 24,2 Sekunden Vorsprung vor dem nun an die zweite Position vorgerückten Schweizer, Fabien Claude kam mit 40,1 Sek. Rückstand auf der dritten Position zurück aus der Strafrunde, gefolgt von Österreich, Slowenien, Italien und Benedikt Doll war mit 59,8 Sekunden Rückstand als Siebter unterwegs. Tarjei Boe hat das Tempo auf der Schlussrunde hoch gehalten und den Abstand zu seinen Verfolgern deutlich ausgebaut. „Es ist verrückt im Biathlon, dass nach so vielen Jahren so was noch passiert. Ich hab mich in etwas drängen lassen, das Schnellschießen, was ich nicht kann,“ so Doll zu seinem Stehendanschlag im ZDF.
Norwegen wieder an der Spitze
Mit 41,8 Sek. Vorsprung ging der starke Schlussläufer Vetle Sjaastad Christiansen für Norwegen ins Rennen vor Quentin Fillon-Maillet für Frankreich und nur eine Sekunde später wechselte die Schweiz auf Jeremy Finello. Danach reihten sich Slowenien und Italien zeitgleich mit Deutschland an sechster Position ein, gefolgt von Österreich. Auf der ersten Runde hat Philipp Nawrath sich schnell an Italien und Slowenien vorbei gearbeitet, während Christiansen nach zwei Nachladern den Schießstand verließ als Frankreich und Schweiz Platz erst ankamen. Fillon-Maillet räumte ab, Jeremy Finello verfehlte zwei Scheiben, Nawrath kam mit einm Nachlader aus. Norwegens Vorsprung auf Frankreich betrug bei Schießstandausgang 31,9 Sekunden und 13,5 Sekunden dahinter kam bereits Philipp Nawrath als Dritter, allerdings lagen seine Verfolger aus Italien und der Schweiz nur lediglich fünf Sekunden hinter ihm. Zum entscheidenden Anschlag war Nawrath bereits an Fillon-Maillet dran. Aber auch seine Verfolger ließen nicht abreißen. Auf weiter Flur alleine stand Christiansen zum letzten Anschlag bereit, eine Situation die ihm bestens bekannt ist, ein Schuss ging vorbei, aber noch bevor die Verfolger ankamen, hatte er alle Scheiben weiß werden lassen und war Richtung Ziel unterwegs. Philipp Nawrath und Fillon Maillet standen in direktem Duell nebeneinander und setzten jeweils einen Schuss vorbei. Philipp Nawrath lud schneller nach und mit 38,8 Sekunden Rückstand hinter Norwegen verließ er als Zweiter den Schießstand Richtung Ziel. 8,6 Sekunden dahinter kämpften der Franzose und der Italiener um den dritten Rang. Giacomel legte sich den Franzosen zurecht und zog mit schnellen Schritten an ihm vorbei. Während Christiansen die norwegische Staffel zum Sieg führte, brachte Philipp Nawrath Deutschland durch eine Energieleistung auf den Silberrang und Giacomel für Italien setzte sich gegen den Franzosen durch und lief, wie schon in Oberhof, auf den Bronzerang. „Alles was sich innerhalb einer Minute abspielt, ist machbar, das kann man noch schaffen, da ist noch was möglich“ sagte Philipp Nawrath nach dem Rennen. „Dass es trotzdem noch gereicht hat, zeigt, dass wir alle in guter Verfassung sind.“ Nawrath erklärte aber auch, dass er auf der Schlussrunde schon merkte, dass Giacomel herankommt und nicht locker lässt. Nach zwei dritten und zwei zweiten Plätzen liegt Deutschland in der Staffelwertung der Herren derzeit auf dem zweiten Rang.
Österreicher mit bester Schießleistung
Für Österreich eröffnete Dominic Unterweger das heutige Rennen. Der Tiroler zeigte zu Beginn eine starke Leistung, blieb zweimal fehlerfrei und übergab als Achter (+13,7 sec.) an Simon Eder. Österreichs Routinier schloss nahtlos an den guten Auftritt seines Teamkollegen an, traf ebenfalls alle zehn Scheiben und positionierte die österreichische Staffel damit zur Hälfte des Rennens auf Rang fünf (+20,6 sec.). Anschließend startete Felix Leitner ins Rennen. Auch dem Tiroler gelang eine gute Performance und er übergab mit insgesamt nur einem Fehlschuss als Siebenter (+1:06,6 min.) an David Komatz. Der Steirer meisterte die für ihn ungewohnte Position als Schlussläufer mit Bravour, komplettierte mit nur einem Nachlader die starke Schießleistung des gesamten Teams und überquerte am Ende als Fünfter (+1:22,8 min.) die Ziellinie.
StimmenDominic Unterweger: „Die Rolle des Startläufers ist immer ganz speziell. Auf der ersten Runde wird um jede Position gekämpft und dann muss man sich einfach behaupten. Ich habe immer versucht, mich im vorderen Drittel zu positionieren. Das Schießen hat vom ersten Schuss an gut funktioniert, und ich habe gewusst, dass ich meine Serien durchziehen kann. Die Schlussrunde war ein echter Kampf, aber ich glaube, ich habe das heute ganz gut gemeistert.
“Simon Eder: „Bisher ist es für mich in der Staffel immer sehr gut gelaufen. Ehrlicherweise war ich heute, nach diesem verpatzten Wochenende in Oberhof, doch sehr nervös. Man hat das einfach im Vorfeld im Hinterkopf, kann sich das aber mit einem guten Wettkampf für sich selbst wieder hinbiegen. Das war heute ein super Rennen und jetzt heißt es Hinblick auf die WM einfach wieder ordentlich Selbstvertrauen zu tanken.“Felix Leitner: „Läuferisch ist es mir heute schon viel besser gegangen als in den letzten Wochen. Seit Hochfilzen hat es einfach nicht funktioniert und ich weiß bis heute nicht wirklich warum. Heute war es auf der Loipe endlich wieder einmal ok und darüber bin ich sehr froh. Das Schießen hat mit einem Nachlader auf jeden Fall gepasst.“David Komatz: „Wir waren bis zum Schluss mittendrin im Kampf um die absoluten Spitzenplätze. Die anderen in meinem Turn haben eine extrem schnelle Startrunde angeschlagen und ich musste ein wenig zurücknehmen, weil mir das Tempo einfach ein bisschen zu hoch war. Liegend hatte ich eine sehr gute Serie und den einen Nachlader stehend konnte ich schnell abarbeiten. Ich bin mit einem kleinen Rückstand auf die Schweiz und Slowenien in die Schlussrunde gegangen, konnte die Lücke schließen und war zum Glück heute auf der Zielgeraden der Schnellere. Ich glaube, mit Platz fünf haben wir heute fast das Maximum herausgeholt.“ (Quelle: PM ÖSV)
Das weitere Wettkampfprogramm in Ruhpolding