Diese Biathleten haben ihre Karriere beendet

Erik Lesser (GER) © Manzoni/NordicFocus

Nach einer Olympischen Biathlonsaison findet meist ein Umbruch im Trainer- und Betreuerbereich statt und einige Athleten stellen das Gewehr in die Ecke. Nach der Saison 2021/2022 haben erstaunlich viele ihre Karriere beendet. Erfolgreiche IBU-Cup-Athleten aber auch bekannte Namen aus dem Biathlon Weltcup werden nächste Saison nicht mehr in den Startlisten zu finden sein. Nachfolgend eine Zusammenstellung der derzeit bekannten Rücktritte.

Deutschland

Erik Lesser (33) wird im deutschen Team im Kampf um Medaillen und Punkte sicherlich schmerzlich vermisst werden. Seit er zu Beginn des letzten Weltcuptrimesters 2021/2022 sein Karriereende bekannt machte, lief er noch einmal zur Bestform auf. Reihenweise Top-10-Platzierungen, Silber in der Verfolgung von Kontiolahti, Bronze mit Franzi Preuß in der Single-Mixed in Otepää und der einzigartige Sieg in der Verfolgung von Oslo. Im abschließenden Massenstart, im letzten Rennen seiner letzten Saison verpasste er als Vierter das Podest denkbar knapp. Lesser war zu seiner aktiven Zeit Mitglied des Athletenkomitees bei der Internationalen Biathlon-Union und seine Meinung war gefragt. Er hatte eine Meinung und vertrat sie, auch wenn sie unpopulär war. Nach einer Auszeit, in der er sich hauptsächlich seiner kleinen Familie widmen möchte, wird Erik Lesser ins Trainergeschäft einsteigen. Aus dem deutschen Damenteam haben sich Maren Hammerschmidt (32) und Karolin Horchler (32) verabschiedet. Zur Vorbereitung auf die Saison noch mit der LG Ia unterwegs, hat Horchlers Körper da bereits deutliche Signale gesendet. Immer wieder hat sie sich aufgerappelt und versucht den Anschluss nicht zu verpassen. Bei der Biathlon Europameisterschaft stand sie wieder am Start und erneut rebellierte ihr Körper. Überbelastung im Fuß lautete die Diagnose und nach nur einem Wettkampf war die EM für sie vorbei. In den Sozialen Medien schrieb sie, dass sie sich ein schöneres Ende vorgestellt habe, aber Körper und Geist seien nach der langen Zeit im Hochleistungssport müde geworden. Maren Hammerschmidt wurde mit der deutschen Damen-Staffel bei der WM 2017 in Hochfilzen Weltmeisterin und war später stets ein wichtiger Teil des Quartetts. Nach einer verletzungsbedingten Sprunggelenksoperation im Oktober 2018 kam sie bereits im Januar 2019 zurück ins Renngeschehen und startete vorerst im IBU-Cup, kam allerdings an ihr Leistungsvermögen nicht mehr heran. Ihr letztes Weltcuprennen bestritt sie im März 2021 in Nove Mesto. „Es ist Zeit für mich zu gehen“, schrieb sie auf Instagram und dass die letzten Jahre mit vielen körperlichen Baustellen nicht leicht waren und viel Energie gekostet haben.

   

Schweiz, Italien, Österreich

Selina Gasparin (37) hat die Biathlon Entwicklung in der Schweiz maßgeblich geprägt. Nach vier Olympia- und zwölf WM-Teilnahmen. 2004 als Langläuferin zum Biathlon gewechselt sorgte sie zehn Jahre später in der Saison 2013/2014 mit den Sprintsiegen in Hochfilzen und Le Grand Bornand für die ersten Weltcupsiege der Schweiz und der größte Erfolg gelang ihr mit Silber im Einzel bei den Olympischen Winterspielen in Sotchi. Ihr Teamkollege, der 32jährige Benjamin Weger, kann zwar keinen Einzelsieg in seiner Biathlonkarriere verbuchen, dennoch stand er bei 300 Weltcuprennen am Start. Sein bestes Ergebnis gelang ihm mit dem zweiten Platz im Dezember 2010 auf der Pokljuka. Er nahm an vier olympischen Winterspielen teil und 2018 in Pyeongchang wurde er Sechster im Einzel und in der Verfolgung. Auch der 34jährige Martin Jaeger geht in den Biathlon-Ruhestand. Seinen größten Erfolg feierte er als Sprint-Europameister am 29. Januar 2021 in Duszniki Zdroj. Dominik Windisch (32) startete 305 Mal für Italien im Biathlon Weltcup. Dabei gelangen ihm zwei Erfolge im Massenstart. Der erste liegt etwas weiter zurück in der Saison 2015/2016, als Windisch in Canmore vor Benedikt Doll und Quentin Fillon-Maillet siegte und der zweite große Erfolg gelang ihm bei der Biathlon-Weltmeisterschaft 2018/2019 in Östersund. Bei dichtem Schneefall strauchelten die Führenden im letzten Anschlag, Windisch blieb fehlerfrei und kam mit großem Vorsprung als Weltmeister ins Ziel. Aus Österreich sind bisher keine Rücktritte aus Athletenkreisen zu vermelden. Allerdings wird sich dort die Trainerbesetzung ändern müssen, nachdem der Vertrag von Ricco Gross als Herrentrainer nicht verlängert wurde und Gerald Hönig ohnehin nur bis zum Ende der Saison 2021/2022 bleiben wollte.

Frankreich und Tschechien

Aus dem französischen Team wurden Anais Bescond (34) und Simon Desthieux (30) verabschiedet. Beide waren Mitglied des olympischen Teams 2022 in Peking und Desthieux war Teil der Männerstaffel auf dem Silberrang. Im Sprint bei der Biathlon-Weltmeisterschaft 2021 auf der Pokljuka erreichte er Silber und feierte noch in derselben Saison zwei Weltcupsiege, einmal im Sprint von Nove Mesto und den zweiten im Massenstart in Östersund. Bei den olympischen Winterspielen in Pyeongchang 2018 wurde er mit der Mixed-Staffel, zu der auch Anais Bescond gehörte, Olympiasieger. Bereits 2012 gab er sein Weltcupdebüt und nach 282 Weltcupstarts beendet er seine Leistungssportkarriere. Auf stattliche 365 Weltcupstarts brachte es die 34jährige Anais Bescond und gleich zu Beginn der abgelaufenen Saison lief sie in Östersund in der Verfolgung auf den zweiten Rang, was ihr später in ihrer Heimat in Annecy Le Grand Bornand auch im Sprint gelang. Mit französischen Staffeln stand Bescond elf Mal während ihrer Karriere auf dem Podest, gewann dabei Olympia- und WM-Gold und holte bei Olympia 2018 in Pyeongchang Bronze in der Verfolgung. Aus dem tschechischen Team haben sich Tomas Krupcik und Eva Puskarcikova (31) verabschiedet. „Ich habe diese Entscheidung schon seit einiger Zeit im Kopf, und ich habe das Gefühl, dass meine sportliche Leistung mich innerlich nicht mehr erfüllt und es nicht mehr in meiner Macht steht, der Mannschaft so viel zu helfen, wie ich es gerne möchte. Ich habe das Gefühl, dass es an der Zeit ist, wieder etwas Neues anzufangen…“, so die Tschechin auf ihrer Instagramseite. Ihren größten Erfolg feierte sie bei den Olympischen Winterspielen in Sotchi 2014 mit der Damenstaffel, damals noch mit Gabriele Koukalova, auf dem Bronzerang. Bei den Weltmeisterschaften 2020 in Antholz holte sie mit der tschechischen Mixed-Staffel ebenfalls Bronze. Tomas Krupcik (34) war zuletzt vornehmlich im IBU Cup eingesetzt  

Ukraine, USA, Polen

Olena Bilosiuk (früher Pidrushna), die Semerenko-Schwestern und Sergii Semenov (33) haben sich aus dem aktiven Biathlonleben zurückgezogen. Letzterer war in den letzten beiden Saisonen nicht mehr aktiv. Olena Bilosiuk (35) war ebenso wie Valentina Semerenko (36) bei den olympischen Winterspielen in Peking das letzte Mal am Start, bevor der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ihr Leben von einem Tag auf den anderen komplett veränderte und Biathlon in den Hintergrund rückte. Vita Semerenko (36) schaffte es nicht zu Olympia und war zuletzt im IBU Cup in Nove Mesto am Start. Aber alle drei Damen gehörten der Staffel an, die 2014 in Sotchi olympisches Gold holte. Vom US-amerikanischen Team haben sich vier Athleten in den Ruhestand verabschiedet. Alle voran die bisherige Sprecherin im Athletenkomitee der IBU, Clare Egan (34). Ihr größter Erfolg war Rang drei im Massenstart in Oslo in der Saison 2018/2019. Susan Dunklee (36) ist eine der besten amerikanischen Biathletinnen, vormals Langläuferin, debütierte sie im Alter von 25 im Weltcup und war immer für eine Überraschung gut. Zuletzt gewann sie 2020 im Sprint von Antholz WM-Silber hinter Marte Olsbu Roeiseland und 2021 mit ihrem Mixed-Partner Sean Doherty Bronze beim Biathlon Weltcup in Nove Mesto. In nur fünf Weltcupeinsätzen war die 28jährige Hallie Grossman weniger in Erscheinung getreten und hat beim Saisonfinale des IBU Cups in Ridnaun ihre Karriere beendet. Leif Nordgren (32) blickt auf 250 Weltcupeinsätze zurück, auf das Podest hat er es nicht geschafft, aber mit der US-Staffel schaffte er mehrmals die Flower-Ceremony. Besser bekannt war Magdalena Gwizdon aus dem polnischen Team. 529 Weltcupstarts hat die 42jährige zu Buche stehen. Ihre Erfolge liegen weit zurück in der Saison 2012/2013, wo sie in Sotchi einen Weltcupsprint für sich entschied. Regelmäßig war sie Mitglied der polnischen Damenstaffel, die viele Male als Vierte knapp am Podium vorbeischrammten. 

Weitere Rücktritte     

Aus Slowenien hat sich der 36jährige Klemen Bauer nach 16 Jahren Weltcupzirkus zurückgezogen. Er hat an vier Olympischen Spielen (Turin, Vancouver, Sotchi, Pyeongchang) teilgenommen, wobei er 2010 in Vancouver als Vierter im Sprint eine Medaille knapp verpasste. Der Belgier Tom Lahaye-Goffart hat seine aktive Karriere bereits mit 25 beendet, dennoch startete er 49 Mal im Weltcup und war auch Mitglied des belgischen Teams in Peking. Zählbare Erfolge in den Top-20 gab es für ihn nur mit der Staffel. Aus Kanada hat sich Scott Gow (31) aus dem aktiven Biathlonzirkus verabschiedet. In Peking gelang ihm bei den olympischen Winterspielen im Einzel mit nur einem Fehler ein fünfter Rang. Seinen letzten Auftritt hatte er im Sprint beim letzten Weltcup in Oslo. Amanda Lightfoot (35) aus Großbritannien war seit 2008 im Weltcup am Start, startete zuletzt auch hauptsächlich im IBU Cup, bekam aber für ihren Abschied noch eine Startchance beim Weltcup in Oslo. Aus Schweden haben die beiden IBU Cup-Athletinnen Ingela Andersson (31) und Elisabeth Hoegberg (35) Gewehr und Ausrüstung in die Ecke gestellt. Hoegberg gewann die IBU Cup-Gesamtwertung in der Saison 2019/2020 und kam in der abgelaufenen Saison auf den dritten Rang. 2010 und 2018 war sie Teil der schwedischen Olympiamannschaft und im Januar 2010 lief sie noch zusammen mit Helena Eckholm in der Staffel in Ruhpolding zum Weltcupsieg. Gleich sechs Athletinnen und Athleten aus dem japanischen Team kehren dem Leistungssport den Rücken. Aus dem Damenteam Asuka Hachisuka (29), Fuyuko Tachizaki (33), Sari Maeda (31), Yurie Tanaka (33) und bei den Herren Tsukasa Kobonoki (30) und Kosuke Ozaki (29). Aus Litauen hat Natalja Kocergina (36) nach 185 Weltcupstarts die Biathlonbühne verlassen und auch die weniger bekannte Finnin Nastassia Kinnunen hat ihre Karriere im Alter von 37 Jahren beim Saisonfinale in Oslo beendet. Und zum Schluss der langen Liste der Athleten, die nach der olympischen Saison nicht mehr starten werden stehen aus Estland Kadri Lehtla (36) und Kalev Ermits (29). Die Nennungen sind sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt, kurz nach Saisonende, nicht abschließend. Einige der Top-Athleten haben sich erst einmal in den Urlaub verabschiedet und wollen dann entscheiden, ob sie noch genügend Motivation für eine weitere Saison finden. 

Später bekannt gewordene Rücktritte: Megan Bankes (24, CAN), Martin Perrillat-Bottonet (24, FRA) 

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