Das ukrainische Nationalteam bereitet sich in Oberhof auf die Sommer-Biathlon Weltmeisterschaft in Ruhpolding vor. Ihr Cheftrainer Juraj Sanitra ermöglichte uns einen kleinen Einblick.
Straffes Programm
Von außen betrachtet scheint alles wie immer. Die Herren des ukrainischen Biathlon-Nationalteams bereiten sich in Oberhof auf die kommende Saison vor. Sie haben ein straffes, umfangreiches Programm, wie uns ihr Cheftrainer Juraj Sanitra (62) erzählt. Was in ihren Gedanken vorgeht, lässt sich nur erahnen. Sie sind Profis und nutzen die Möglichkeiten, die ihnen Oberhof bietet um ihren Trainingsrückstand zu kompensieren. Es ist das zweite Trainingscamp der Sommervorbereitung. „Das erste haben wir in der Ukraine im Zentrum Sjanki (Region Lemberg), das liegt ungefähr 60 km entfernt von der slowakischen Grenze, durchgeführt. Dort ist ein sehr schönes Trainingszentrum der ukrainischen Paralympics Förderation“, so Sanitra. „In der Ukraine ist Krieg, das dürfen wir nicht vergessen. Aber wir haben jetzt ein Reglement, das ist sehr, sehr positiv für uns, und meine Biathleten können auch das Land verlassen“. Im Kriegszustand war die Einholung der Genehmigung für die Biathleten aus dem Land ausreisen zu dürfen, das größte Problem. Aber über den Krieg, der seit dem russischen Angriff vom 24. Februar 2022 gnadenlos in der Ukraine herrscht, will Sanitra eigentlich nicht sprechen. Seit der Rückkehr von den Olympischen Winterspielen aus Peking fand kein geregeltes Training mehr statt und seine Athleten befinden sich auf unterschiedlichem Leistungsniveau.
Darya Blashko trainiert mit Herrenteam
„Wir befinden uns in der ersten Etappe der Vorbereitung für die olympischen Spiele 2026, darum habe ich auch zwei junge Biathleten, Denis Nasyko und Vitaly Mandziin, im Team.“ Sie sind neben Dmytro Pidruchnyi (Verfolgungsweltmeister 2019 in Östersund), Artem Pryma, Bogdan Tsymbal, Anton Dudchenko und Taras Lesiuk ins Biathlon-Nationalteam der Ukraine berufen. „Ich habe auch eine Frau im Team,“ verriet Sanitra, denn auch Darya Blashko bekam die Möglichkeit, sich dem Herrenteam anzuschließen. Sanitra ist Slowake (geboren in Brezno), ehemals Präsident des slowakischen Biathlon-Verbandes und Erfolgstrainer von Anastasiya Kuzmina (Gold und Silber 2010 in Vancouver, Gold 2014 in Sotschi) und Pavel Hurajt (Bronze 2010 in Vancouver). Seit 2016 ist er Cheftrainer der ukrainischen Biathleten; mit ihnen hatte er für die Olympischen Winterspiele in Peking große Pläne. Ein positiver Coronatest hat dieses Vorhaben durchkreuzt. Nun möchte er seinem Team in dieser schwierigen Zeit helfen. „Ich bleibe auch im nächsten olympischen Zyklus in der Ukraine“. Sanitra ist seit mittlerweile 37 Jahren Biathlontrainer in der Weltspitze und die Olympischen Spiele 2026 in Mailand/Turin werden seine Achten sein.
Start bei Sommer-WM geplant
In Oberhof findet er mit seinem Team größtmögliche Unterstützung und optimale Voraussetzungen. Ob in der Skihalle auf Schnee, auf der Rollerstrecke am Grenzadler, dem Schießstand am Teller, einer Mountainbike-Tour mit Erik Lesser oder Trockentraining auf den Fluren im Hotel. Finanzielle Unterstützung kommt in erster Linie von der Internationalen Biathlon-Union, auch viele Firmen helfen mit Material. Aber Material und Geld ist nicht das Problem. Nach Meinung des Cheftrainers ist die Organisation die größere Hürde. „In der Ukraine ist jede Sekunde ein Wechsel möglich“, so Sanitra. Das Team hat bereits im September letzten Jahres in Oberhof trainiert, aber dieses Trainingslager dient in erster Linie der Vorbereitung auf die Sommer-Biathlon-Weltmeisterschaft (24. bis 28. August 2022) in Ruhpolding. „Wir planen einen Start bei der Sommer-WM in Ruhpolding und möchten eine Spitzenform haben bis Ende August.“ Ob sich ein Start beim Martin Fourcade Nordic Festival aus organisatorischen Gründen realisieren lässt, ist noch fraglich. Ende der Woche wird die Gruppe Oberhof Richtung Heimat verlassen. Bevor es dann nach Ruhpolding geht, ist noch ein Camp in Italien am Passo Lavazè geplant, verrät uns Sanitra. „Meine Biathleten haben ein Ziel und große Motivation. Wir machen sehr gute Werbung für die Ukraine und möchten für unsere Zuschauer in der Ukraine in dieser schwierigen Situation positive Energie senden.“