Vor heimischem Publikum zeigte Nadine Fähndrich eines ihrer besten Distanzrennen und stürmte im Massenstart über 20 Kilometer das Podium. Der Sieg ging an Jessie Diggins vor Frida Karlsson. Beste Deutsche wurde Katharina Hennig, Victoria Carl stürzte.
Starke Carl stürzt in Runde drei
Bei -6°C nach klarer Nacht wurden die schwierigen Abfahrten noch schwieriger, dennoch kam es kaum zu Stürzen. Von den Höhenmetern bewegt sich die Strecke am obersten Limit der erlaubten Schwierigkeit, dazu kommt noch die mittlere Höhenlage. Dennoch ist die Streckencharakteristik so, dass lange eine große Gruppe zusammenblieb und sich niemand absetzen konnte. Zur Halbzeit bestand die Spitzengruppe noch aus 29 Athletinnen, darunter vier Deutsche, drei Schweizerinnen und Teresa Stadlober. Während eines Großteils des Rennens belegten dieselben vier Athletinnen die ersten vier Plätze: Jessie Diggins, Victoria Carl und Frida Karlsson wechselten sich in der Führung ab, Ebba Andersson war nie ganz vorne zu finden, aber immer direkt dahinter. In der dritten von vier Runden verkleinerte sich das Hauptfeld auf 17 Athletinnen und auch Victoria Carl musste plötzlich kämpfen. In der Kurve, wo es auch in der Staffel schon viele weit rausgetragen wurden, kam sie aus dem Gleichgewicht und zu Fall und versuchte danach, die entstandene Lücke wieder zuzulaufen. Das kostete viel Kraft, weil das Tempo vorne wegen des bevorstehenden zweiten Bonussprints oben am Hallenbarter-Anstieg sehr hoch war.
Diggins gibt Vollgas in letzter Runde
In der letzten Runde hielt vor allem Jesse Diggins das Tempo sehr hoch, so dass Victoria Carl immer wieder um Anschluss kämpfen musste wie auch einige andere Athletinnen. Stattdessen arbeitete sich Linn Svahn nach vorne, die sich ziemlich weit hinten in der Gruppe aufgehalten hatte. Im Flachstück vor dem Albrecht-Anstieg zeigte sich sogar Nadine Fähndrich ganz vorne, aber im folgenden langen Anstieg aus dem Sprint konnten sich Jessie Diggins und Frida Karlsson leicht absetzen, es folgten Fähndrich, Andersson und Hennig, die sich in der Skatingtechnik sehr gut schlug. In den nächsten Anstiegen im östlichen Streckenteil verlor sie jedoch etwas den Anschluss, stattdessen bildete sich ein Trio bestehend aus Sophia Laukli, Ebba Andersson und Nadine Fähndrich, denen Linn Svahn wegen eines Stockbruchs nicht folgen konnte. Im Stadion kämpften Frida Karlsson und Jessie Diggins um den Sieg. Die Amerikanerin nahm in der Zielkurve außen viel Geschwindigkeit mit und war auf der langen Zielgeraden nicht mehr einzuholen. Mit der optimalen Ausbeute von 130 Weltcuppunkten durch Sieg und zwei Bonussprints in Runde zwei und drei am Hallenbarter-Anstieg baute Diggins ihre Führung im Gesamtweltcup wieder aus und feierte ihren fünften Saisonsieg, den sie beinahe verschlafen hätte. „Ich habe verschlafen und habe fast das Rennen verpasst. Ich bin froh, dass ich noch rechtzeitig aufgewacht bin“, sagte die 32-Jährige im Interview und fügte hinzu: „Ich bin nun extrem erschöpft. Aber wir sind alle so sehr angefeuert worden gestern und heute, das war eine richtig tolle Atmosphäre. Es macht Spaß, hier zu sein. Ich hatte unglaublich schnelle Ski, Danke an unsere Wachser. Ich mag all die kurvigen Abfahrten, das macht Spaß. Ich bin froh, dass ich das so gut hingekriegt habe. Meine Taktik ging auf. Auf der letzten Runde habe ich das Tempo so hoch wie möglich gehalten, aber ich habe meine Beine nicht mehr gefühlt, so dass ich einfach versucht habe, auf den Beinen zu bleiben.“ Im schwedischen Fernsehen sagte sie zu ihrem Verschlafen: „Ich musste mich fast übergeben im Rennen, weil ich viel zu spät gefrühstückt habe. Ich dachte, ich hatte den Wecker gestellt, aber ich habe es vergessen. Am Ende reichte es noch für den Start, aber normalerweise habe ich viel mehr Zeit vor dem Rennstart.“
Podium für Fähndrich
In der Gruppe dahinter attackierte die Schweizerin am Hallenbarter-Anstieg und lief fast noch an das Führungsduo heran. Mit diesem Angriff hatte sie sich aber von Laukli und Andersson gelöst, so dass ihr das Podium vor heimischem Publikum nicht mehr zu nehmen war. Für Nadine Fähndrich verlief die Saison bisher nicht nach Wunsch. In Oberhof legte sie noch einmal eine Pause ein, um für den Heimweltcup in bestmöglicher Form zu sein. Dieser Plan ging auf und die 28-Jährige sicherte sich ihr erstes Podium in diesem Winter. Dahinter setzte sich Ebba Andersson im Kampf um Platz vier gegen Laukli durch. Nach einem Sturz in der ersten Runde wurde die französische Skatingspezialistin Delphine Claude noch Sechste vor Rosie Brennan, Katharina Hennig und die Kanadierin Liliane Gagnon. Linn Svahn wurde Zehnte vor Victoria Carl, Margrethe Bergane, Flora Dolci und Tiril Udnes Weng als 14. mit 31 Sekunden Rückstand. Kerttu Niskanen erklärte das schlechte Abschneiden des finnischen Teams damit, dass sie als einzige Mannschaft ihr Hotel 300 Höhenmeter tiefer haben und nur zum Wettkampf auf 1300 Metern sind.
Hennig „richtig, richtig zufrieden“
Katharina Hennig ist als Klassikspezialistin bekannt und vor allem in dieser Saison lief es bei der Sächsin in der freien Technik auch noch nicht so gut. Umso zufriedener war sie mit dem heutigen achten Platz, obwohl sie ihm Zielprint Claudel und Brennan nicht halten konnte. „Es war auf jeden Fall ein High Speed Rennen, viele Kurven und viele schwierige Abfahrten und sehr schnelle Bedingungen. Wir haben nur 45 Minuten gebraucht, da war richtig Betrieb drin und man musste sehr aufmerksam sein, es waren sehr viele Anstiege und viele schwere Abfahrten“, sagte die 27-Jährige. „Ich bin mit einer relativ lockeren Stimmung rangegangen, weil ich mich dieses Jahr im Skating noch nicht wirklich mit Ruhm bekleckert habe mit Platz 27 und 23 und deswegen bin ich mit Platz acht richtig, richtig zufrieden. Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt zeigen konnte, dass ich auch skaten kann, wenn der Tag passt und deswegen freue ich mich sehr.“
Carl nach Sturz noch Elfte
Für Victoria Carl ruinierte der Sturz ein Rennen, dass auf dem Podium hätte enden können. Die Ursache für den Sturz ist ein Dauerproblem der Thüringerin, die kein Vertrauen in ihr linkes Knie hat. „Mein Rennen war super bis zu meinem Sturz, ich habe mich sehr gut gefühlt. Aber der Sturz hätte nicht sein müssen. Ich fühle mich bei Rechtskurven nicht ganz so sicher auf dem Ski auf Grund meiner Vorgeschichte. Ich glaube, das ist etwas, woran ich mal arbeiten muss. Ich vertraue da vom Kopf her meinem linken Knie nicht und dann habe ich über die Kante weg einen kleinen Sprung gemacht, konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und habe mich auf den Arsch gesetzt“, sagte sie. 2019 nach der WM in Seefeld hatte sich Carl einer Operation am Knie unterzogen, bei der eine Verknöcherung am Patellasehnenansatz entfernt wurde. Vor einem Jahr bei der Tour de Ski verdrehte sie sich zudem das Knie, nachdem ihr eine andere Athletin gegen den Ski getreten hatte – eine Reizung und Überdehnung der Bänder im Knie waren die Folge. Weiter sagte sie: „Ich habe dann gekämpft, um zurück in die Gruppe zu kommen. Das habe ich auch geschafft und als ich da dran war, ging es vorne richtig los. Aber wenn du da am Ende der Gruppe bist und eingeklemmt, kannst du nicht agieren. Aber es geht weiter, jetzt heißt es, Luft dran lassen und Energie sammeln für Übersee. Aber ich die Form passt und ich glaube, ich komme noch stärker in Übersee zurück.“ Auch Schlüter lobte Carl, die nach starker Leistung nicht aufgab: „Leider kam dann ein Sturz dazu, was sie viele viele Plätze gekostet hat. Sie war zwischenzeitlich auf Platz 28. musste sich dann zurück kämpfen, hat aufgeholt und wurde Elfte. Das geht absolut in Ordnung. Das zeigt, dass sie stabil ist und eine gute Form hat.“
Lena Keck trotz Sturz wieder Top30
Das deutsche Team zeigte wieder eine gute Mannschaftsleistung mit vier Athletinnen unter den besten 30. Neben Hennig und Carl wurde auch Katherine Sauerbrey noch sehr gute 19., nachdem sie wie Lena Keck sehr lange in der Spitzengruppe mithielt. Auch Sportdirektor Andreas Schlütter lobte vor allem die 23-jährige Lena Keck, die wie im Sprint wieder unter die besten 30 kam – trotz eines Sturzes: „Ein unglaublich schnelles 20 Kilometer Rennen für die Damen mit 45 Minuten Laufzeit. Guter Kurs, sehr viele Zuschauer, gute Stimmung. Am Ende landen vier Deutsche in den Top30. Damit können wir zufrieden sein, es war viel Bewegung im Feld. Man hat gesehen, gerade Victoria hat versucht, das Tempo hochzuhalten. Das war auch der Plan. Top10 Ergebnis mit Platz acht durch Katharina Hennig, für sie ein sehr gutes Skatingergebnis. Platz 19 für Katherine Sauerbrey und vor allem Lena Keck, eigentlich eine sprintaffine junge Athletin. Sie hat sich gestern nach dem Sprint entschieden, hier diese 20 Kilometer in Angriff zu nehmen. Sie beendet das Rennen auf Platz 28, lag bis zur letzten Kurve noch auf Platz 22, aber so ein Sturz kann passieren, das muss sie lernen. Sowas freut mich, wenn man sieht, dass junge Athleten auch bereit sind, sich über diese 20 Kilometer zu schinden und das von sich aus auch machen. Das ist genau was wir wollen.“ Lisa Lohmann kam als 40. ins Ziel und die 23-jährige Allgäuerin Amelie Hofmann wurde 48. bei ihrem Weltcupdebüt. Das Fazit von Sportdirektor Andreas Schütter lautet: „Mit dem Rennen bei den Damen können wir zufrieden sein. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass wir um das Podium ein Wörtchen mitreden können, aber dazu müssen wir skifahrerisch besser werden. Das sind Reserven, die wir noch haben und daran werden wir arbeiten.“
Auch Kälin-Schwestern Top30
Neben Nadine Fähndrich konnte auch Nadja Kälin auf ganzer Linie überzeugen, die bis zur letzten Runde ganz vorne dabei war, dann aber den Anschluss verlor. Dennoch wurde es ein sehr guter 15. Rang für die 22-Jährige, was ihr bisher bestes Weltcupresultat bedeutete. Im Zielsprint ließ sie Kerttu Niskanen und Teresa Stadlober hinter sich. Die Österreicherin tat sich heute schwer und kämpfte ab Runde drei um Anschluss und war teilweise zusammen mit Victoria Carl abgehängt. Auch die 20-jährige Marina Kälin kam vor heimischem Publikum als 25. unter die besten 30. Anja Weber belegte Rang 39 und Lea Fischer wurde 43. vor Guiliana Werro. Die für Taiwan startende Schweizerin Sophia Tsu Velicer kam mit zehn Minuten Rückstand als 57. ins Ziel.
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